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Seite:Meyers Universum 15. Band 1852.djvu/98

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Bild überrascht Dich. Senkrecht und starr bauen sich die Ufermauern auf, und nur wenige Kiefern und Fichten, deren Kronen der Sturm längst abgestreift hat, wagten sich hinaus auf ihre Zinnen. Ueber diese erste Terrasse erhebt sich, weiter rückwärts, ein höheres Felsenstockwerk, über dieses ein drittes, viertes, fünftes, sechstes, deren Zacken hoch in den flimmernden Duft hinansteigen. Schneefelder ziehen in den Furchen herab, Wolkensäulen rauchen aus den Schluchten auf, ein mächtiger Gießbach bricht aus dem Felsbauch, und in der Ferne stürzt eine schäumende Wassersäule über die Bergwand nieder, geisterhaft eingehüllt in einen weißen Schleier. Sehnsüchtig blickst Du aus Deinem Nachen hinan, nach den umdufteten Höhen und schwelgst in den Vorstellungen von ihrer Herrlichkeit. Doch, erst dann, wenn Du selbst oben warst und herabschautest auf die Welt in der Tiefe, wenn Du dort oben geruht hast in den Strahlen der Abendsonne und Dir alles Menschliche verschwand vor der Größe Deiner Umgebung, wenn Du von den Gipfeln der ewigen Ruhe hinunter sahst in die Klüfte und Gründe, die Eis- und Felsblöcke ausfüllen, und Dich das Gefühl überkommen hat, als wärest Du auf den Straßen und Plätzen, auf den Thürmen und Mauern einer ungeheuern Stadt, von Berggeistern bewohnt: dann erst wirst Du im Buche der Alpen lesen lernen. – Ein Erbauungsbuch ist’s – und die Gebete, die Du daraus lernst, wirst Du niemals vergessen. –