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Seite:Meyers Universum 7. Band 1840.djvu/154

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Zu Ende des 30jährigen Kriegs war die Bevölkerung, welche man früher auf 100,000 Seelen geschätzt hatte, auf 30,000 zusammen geschmolzen. Zwar erhob es sich durch Gewerbfleiß wieder; doch der Glanz, welchen ihm der Welthandel gegeben hatte, war auf ewig dahin. 1805 erlosch für Augsburg auch seine, seit 1276 als freie Reichsstadt ununterbrochen behauptete, Unabhängigkeit durch die Auflösung des Reichs, und die alte Augusta kam unter Bayern’s neues Königs-Zepter. Augsburg hat jetzt in 3700 Häusern 36,000 Bewohner. – Seine Industrie blüht und als Wechselplatz wird es immer einen hohen Rang behaupten.




CCCXI. Erfurt.




Erfurt liegt in der Mitte und zugleich in der schönsten Gegend des Thüringer Landes, in einer von Hügeln rundum geschützten Thalebene voller Fruchtbarkeit. Das Thal wird durchströmt von der Gera, einem hoch aus dem Gebirge herkommenden Nebenfluß der Unstrut. Uralt ist Erfurt. Schon Bonifazius, der Apostel, fand es groß und volkreich, und lange Zeit trieb er dort sein Bekehrungswerk, baute Kirchen und Klöster, und machte Erphisford zum Sitz des neugegründeten Thüringer Bisthums. Karl der Große, dessen Alles durchdringender Adlerblick die günstige Lage für den Handel erkannte, schenkte der Stadt Stapelrecht und andere Privilegien. Als Venedig emporkam, selbst ehe noch Nürnberg und Augsburg Verbindungen mit der nachherigen Königin der Meere angeknüpft hatten, trat Erfurt mit ihr in Verkehr, und so lange der Handel in den alten Wegen blieb, war Erfurt für Centraldeutschland der Platz, wo dieses die kostbaren Güter Indiens und die Fabrikate der lombardischen Städte gegen die einheimischen Produkte tauschte. Wenige Städte waren damals so blühend, volkreich und mächtig. Einmal zogen 9000 Bürger in ritterlicher Rüstung zur Fehde aus, und die Einwohnerzahl soll sich im 14. Jahrh. auf 90,000 belaufen haben. Auch zum Bunde der Hansa gehörte Erfurt und es war eines ihrer nützlichsten Glieder, denn es sorgte für die Sicherheit der Handelsstraßen im Innern Deutschlands, hielt die Raubritter im Zaum, und verschaffte durch die Stärke seines Arms und

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/154&oldid=- (Version vom 9.11.2024)