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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10

freilich viel schwächern Funken; man erklärt diesen Rückstand (Residuum) durch das teilweise Eindringen der Elektrizitäten in die Glasmasse, von wo sie, nachdem die obersten elektrischen Schichten durch die erste Entladung weggenommen sind, allmählich an die Oberfläche zurückkehren. Um mit dem Funken der L. F. bequem experimentieren zu können, bedient man sich des Henleyschen Ausladers

Fig. 5.
Henleyscher Auslader.

(Fig. 5). Auf Glasfüßen aa ruhen in einem Scharnier die kurzen Glasröhren bb, und in diesen stecken die Arme cd und ef, von denen man erstern mit der äußern Belegung und dann den zweiten mit Hilfe eines gewöhnlichen Ausladers mit dem Knopf der innern Belegung in Verbindung bringt. Eine starke Ladung erhitzt, schmilzt, verflüchtigt und oxydiert Metalldrähte, die zwischen die Kugeln de gebracht werden. Schlägt die Elektrizität zwischen Spitzen über, so kann sie Kartenblätter, Holz und Glasscheiben durchbohren. Auch unter Wasser erscheint der Funke und läßt sich das Knacken hören; die Flüssigkeit wird fast immer mit großer Gewalt auseinander geschleudert, und selbst offene, mit Wasser gefüllte Glasgefäße werden dabei bisweilen zersprengt. Gase werden durch den Entladungsschlag plötzlich und stark ausgedehnt. Zur Messung der Schlagweite einer Flasche dient das

Fig. 6.
Funkenmikrometer.

Funkenmikrometer, dessen Einrichtung aus Fig. 6 von selbst klar wird. Will man eine Flasche oder Batterie meßbar laden, so bedient man sich der Laneschen Maßflasche (Fig. 7); ihrem Knopf a steht die von einem horizontalen Stäbchen getragene Kugel b gegenüber, deren Abstand von a durch Verschiebung des Stäbchens beliebig reguliert werden kann. Der Knopf a wird mit der äußern Belegung der zu ladenden Flasche oder Batterie, während dieselbe auf isolierender Unterlage steht, in Verbindung gesetzt; die von der äußern Belegung fortgestoßene Influenzelektrizität zweiter Art geht nun in die Lanesche Flasche und ladet dieselbe, bis die Schlagweite ba (Kugel

Fig. 7.
Maßflasche von Lane.

und Knopf) erreicht ist und eine Selbstentladung erfolgt; während die Ansammlung der Elektrizität in der zu ladenden Batterie fortschreitet, ladet und entladet sich die Maßflasche immer wieder von neuem, und die Batterie enthält schließlich die zur Sättigung der Maßflasche erforderliche Elektrizitätsmenge so vielmal, als Entladungen der letztern gezählt wurden.

Leidenfrost, Johann Gottlob, Mediziner, geb. 24. Nov. 1715 zu Rosperwenda in der Grafschaft Stolberg, studierte zu Gießen, Leipzig und Halle, wurde 1743 Professor an der Universität Duisburg und starb 2. Dez. 1794. In seiner Schrift „De aquae communis nonnullis qualitatibus“ (Duisb. 1756) beschrieb er den nach ihm benannten Versuch. Außerdem schrieb er: „Opuscula physico-chemica“ (Lemgo 1797, 4 Bde.).

Leidenfrostscher Tropfen. Bringt man etwas Wasser in eine glühende Metallschale, so bildet es einen abgerundeten Tropfen, welcher die Gefäßwand nicht unmittelbar berührt, sondern, von einer dünnen Dampfschicht getragen unter lebhafter Bewegung, ohne zu sieden, allmählich verdunstet. Entfernt man die Flamme, so kommt der Tropfen nach einiger Zeit, nachdem die Gefäßwand sich hinreichend abgekühlt hat, mit derselben in Berührung und verdampft nun plötzlich unter stürmischer Dampfbildung. Man nennt diese Erscheinung nach ihrem Entdecker den „Leidenfrostschen Tropfen“; alle Flüssigkeiten sind fähig, ihn zu bilden, nur muß die Temperatur der Metallfläche um so höher sein, je schwerer verdampfbar die Flüssigkeit ist, oder je weniger leicht sich die dünne und die Wärme nur schlecht leitende Dampfschicht bildet, welche die Flüssigkeit hindert, mit der heißen Fläche in Berührung zu kommen. Aus der Leidenfrostschen Tropfenbildung erklären sich mehrere bemerkenswerte Erscheinungen. Ein Gemisch von fester Kohlensäure und Äther behält in einem glühenden Platintiegel, indem es einen Leidenfrostschen Tropfen bildet, eine so tiefe Temperatur, daß hinzugefügtes Quecksilber im glühenden Tiegel augenblicklich gefriert. Dampfkesselexplosionen werden manchmal dadurch herbeigeführt, daß bei zu niedrigem Wasserstand die Kesselwände ins Glühen geraten und dann das im Kessel befindliche Wasser einen einzigen großen Leidenfrostschen Tropfen bildet, der bei darauf folgender Abkühlung durch plötzliche massenhafte Dampfbildung den Kessel zertrümmert. Die merkwürdige Thatsache, daß man die befeuchtete Hand ungestraft in geschmolzenes Eisen tauchen kann, erklärt sich ebenfalls aus der Bildung einer dünnen Dampfschicht, welche die Hand wie ein schützender Handschuh umhüllt und mit dem heißen Metall in Berührung zu kommen hindert. Boutigny, welcher diese Erscheinungen sehr eingehend untersuchte („Studien über die Körper im sphäroidalen Zustand“, Leipz. 1858), glaubte annehmen zu müssen, daß sich die Flüssigkeiten, indem sie den Leidenfrostschen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 654. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0654.jpg&oldid=- (Version vom 25.4.2022)