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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13

(Regiomontanus, gest. 1476) und Domenico Maria Novara von Bologna (gest. 1504), dem Lehrer des Kopernikus. Die Schriften des Regiomontanus insbesondere enthalten über Wasserleitungen, Brennspiegel, Gewicht und ähnliche Gegenstände scharfsinnige Abhandlungen. Der bedeutendste Physiker des 15. Jahrh. war Leonardo da Vinci, welchem die Meteorologie ebensoviel wie die Hydraulik und Optik zu verdanken hat.

Im 16. Jahrh., dem Zeitalter des Kopernikus, entdeckte der Nürnberger Georg Hartmann (1544) die Inklination der Magnetnadel; der Niederländer Stevin stellte in seiner 1586 erschienenen Statik die Lehre vom Gleichgewicht der Körper zuerst wieder auf vernunftgemäße Grundlagen, indem er nach 1800 Jahren des Irrtums wieder an Archimedes anknüpfte. Doch erst das 17. Jahrh. ist der Zeitraum, in welchem die P. zum Rang einer selbständigen Naturwissenschaft sich ausbildete, und zwar mit einer bis dahin nicht geahnten Schnelligkeit. Gleich zu Anfang des Jahrhunderts erschien William Gilberts (gest. 1603) geistvolles Werk „Physiologia nova de magnete“, worin er nach induktiver Methode die Gesetze des Magnetismus entwickelt und zur Lehre vom Erdmagnetismus den Grund legt. Als eigentlicher Begründer der modernen P. und als Leitstern seiner Epoche ist Galilei (1564–1642) anzusehen, welcher 1602 die Gesetze der Fall- und Pendelbewegung entdeckte. Nachdem schon 1590 der Niederländer Zacharias Jansen das Mikroskop und sein Landsmann Hans Lippershey 1608 das (holländische) Fernrohr erfunden hatten, konstruierte auch Galilei auf die Nachricht von letzterer Erfindung hin ein Fernrohr, welches er mit glänzenden Erfolgen zur Durchforschung des Himmels benutzte. Bald nachher gab Kepler in seiner Dioptrik (1611) die Konstruktion des nach ihm benannten astronomischen Fernrohrs an. Galileis richtige Ansichten vom Luftdruck hatten Torricelli 1644 zur Konstruktion des Barometers geführt, worauf Pascal, indem er 1647 ein solches Instrument auf den Gipfel des Puy de Dôme bringen ließ, die Abnahme des Luftdrucks mit der Erhebung über die Meeresfläche nachwies. Die Idee, das Barometer zu Höhenmessungen anzuwenden, bot sich nun von selbst dar, wurde jedoch erst praktisch ausführbar, als Halley 1705 die Barometerformel abgeleitet hatte. Otto v. Guericke erfand 1650 die Luftpumpe und konstruierte die erste Elektrisiermaschine, noch ohne Konduktor, den erst Bose 1741 hinzufügte. Nachdem Huygens 1655 die Pendeluhr erfunden, beobachtete Richer 1672 bei seinem Aufenthalt in Cayenne, daß das Sekundenpendel in den Äquatorgegenden kürzer ist als in den höhern Breiten, was zu dem Schluß berechtigte, daß die Schwerkraft vom Pol zum Äquator hin abnehme. Boyle entdeckte 1662 das gewöhnlich dem ebenfalls um verschiedene Teile der P. hochverdienten Mariotte (gest. 1684) zugeschriebene Gesetz über die Spannkraft der Luft. Das Lichtbrechungsgesetz wurde 1620 von Willebrord Snell entdeckt, aber lange Zeit Descartes zugeschrieben, welcher es 1649 in der noch jetzt gebräuchlichen Form publizierte und es zur Erklärung des Regenbogens anwandte. 1669 entdeckte Erasmus Bartholinus die Doppelbrechung des Kalkspats; Huygens gab 1678 die Erklärung dieser Erscheinung und beobachtete zuerst die Polarisation der beiden gebrochenen Strahlen. Auch betrachtete bereits Huygens, ebenso wie Hooke („Mikrographia“, 1665), das Licht als eine Wellenbewegung; doch ist jener vermöge der Aufstellung des nach ihm benannten Prinzips als der eigentliche Begründer der Undulationstheorie anzusehen. Die erste Beugungserscheinung wurde 1650 von Grimaldi beobachtet, und Olaf Römer bestimmte 1675 aus den Verfinsterungen der Jupitermonde die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts. Denis Papin, der Erfinder des nach ihm benannten Topfes (1681), erbaute 1707 das erste Dampfboot, mit dem er auf der Fulda von Kassel nach Minden fuhr. Die Methoden und Instrumente der Messung wurden vervollkommt durch Vernier, welcher 1631 den gewöhnlich, aber mit Unrecht, noch Pedro Nuñez (gest. 1577) benannten Nonius einführte, und durch Morin, welcher 1634 das astronomische Fernrohr mit dem Fadenkreuz versah. Die gelehrten Gesellschaften, welche in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entstanden, die Florentiner Accademia del Cimento, die Londoner Royal Society und die Pariser Akademie der Wissenschaften, haben zur Förderung der P. wie der Naturwissenschaften überhaupt unendlich viel beigetragen. Auch auf dem Gebiet der Philosophie kam im 17. Jahrh. die empirische Methode zur Geltung; Francis Baco von Verulam erklärte in seinem „Novum organon“ (1620) die Erfahrung für die einzig sichere Quelle der menschlichen Erkenntnis und wurde dadurch zum Begründer der Realphilosophie. Sein Einfluß auf die Entwickelung der P. wird jedoch häufig überschätzt; schon ein volles Jahrhundert vor Baco hatte Leonardo da Vinci auf die Induktion als die einzige sichere Methode der Naturerforschung hingewiesen, und seitdem hatten Gilbert, Galilei, Kepler u. a. auf diesem Wege glänzende Resultate erzielt. Auch die spätern Forscher hielten sich gewiß eher diese Muster exakter Forschung vor Augen als die Lehren Bacos, der von seinen Grundsätzen eine erfolgreiche Anwendung selbst nicht zu machen verstand. Noch weniger haben Descartes’ unhaltbare Spekulationen (Wirbeltheorie) zu den Fortschritten der P. etwas beigetragen, vermochten sie aber auch nicht zu hemmen. Denn glücklicherweise hatte sich das glänzende Gestirn Newton (1643–1727) bereits erhoben und verscheuchte siegreich die Nebel, womit die Cartesianische Philosophie die junge Wissenschaft zu verdunkeln drohte.

Newton entdeckte 1666 die allgemeine Gravitation; in seinem unsterblichen Werk „Philosophiae naturalis principia mathematica“ (1687) legte er die noch heute und für immer gültigen Fundamente der mechanischen P. und der physischen Astronomie. Er entdeckte ferner die prismatische Zerlegung des weißen Lichts in seine farbigen Bestandteile, erfand das Spiegelteleskop und den (jedoch erst 1731 von Hadley ausgeführten) Spiegelsextanten. Die in seinem durch zahlreiche und genaue Experimentaluntersuchungen wertvollen Werk „Optics“ (1704) entwickelte Emissionstheorie des Lichts blieb auf diesem Gebiet die herrschende, bis sie in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrh. als unhaltbar erkannt wurde. Das 18. Jahrh. schritt auf dem nun vorgezeichneten Weg rüstig weiter. Die Mechanik wurde von Johann und Daniel Bernoulli, Euler, d’Alembert, Lagrange und Laplace zu großer Vollkommenheit ausgebildet; Bradley entdeckte 1728 die Aberration des Lichts, Bouguer (1729) und Lambert (1760) bearbeiteten die Photometrie, Dollond konstruierte 1758 auf Eulers Anregung das erste achromatische Fernrohr. Fahrenheit verfertigte 1714 die ersten genau übereinstimmenden Thermometer (eine Art Luftthermometer oder vielmehr Thermoskop hatte Galilei bereits 1597 erfunden); Réaumur führte 1730 die 80teilige, Celsius 1742 die 100teilige Skala ein. Gray erkannte 1727 den Unterschied zwischen elektrischen Leitern und Nichtleitern, Dufary 1733 den Gegensatz

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b13_s0034.jpg&oldid=- (Version vom 19.3.2021)