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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14

an den Friedensschluß aber 1792 von Wilhelm V. auf demselben Platz ein Denkmal errichtet.

Rytter, Poul, Pseudonym, s. Ploug.

Rzeszow (spr. rschǟschuw), Stadt in Galizien, am Wyslok und an der Eisenbahn Krakau-Lemberg gelegen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Kreisgerichts u. einer Finanzbezirksdirektion, hat ein Obergymnasium, eine Lehrerbildungsanstalt, ein Bernhardinerkloster, ein altes Schloß, Fabrikation von Brettern, Öl, Knochenmehl und Leder, Handel, Pferdemärkte u. (1880) 11,166 Einw. (darunter 5820 Juden).

Rzewuski (spr. rschew-), Henryk, poln. Schriftsteller, geb. 3. Mai 1791 zu Slawuta in Wolhynien aus einem alten Magnatengeschlecht, wurde in Petersburg erzogen und lebte von 1817 an meist im Ausland. In Italien, wo er vier Jahre zubrachte, lernte er Mickiewicz kennen, der das schriftstellerische Talent in ihm weckte. Seine erste Publikation waren die „Denkwürdigkeiten des Pan Severin Soplica“ (Par. 1839, 4 Bde.; umgearbeitet, Wilna 1844 u. 1845; deutsch von Löbenstein, Leipz. 1876), eine Reihe das alte polnische Adelsleben verherrlichender Erzählungen, die als wirkliche Memoiren aufgenommen und mit Entzücken gelesen wurden. Nach seiner Rückkehr in die Heimat verwaltete R. das Wahlamt eines Adelsmarschalls im Kreise Shitomir, wandte sich dann, zu schroff reaktionären Ansichten gelangt, der Journalistik zu, zuerst (1849) in Petersburg, dann in Warschau, wo er lange Jahre hindurch den von der russischen Regierung unterstützten „Dziennik Warszawski“ herausgab, und starb 26. Febr. 1866 auf seinem Gut Czudnowo im Gouvernement Shitomir. Von seinen Romanen ist „Listopad“ (Petersb. 1845; deutsch von Bachmann: „Der Fürst Mein Liebchen und seine Parteigänger“, Berl. 1856) der beste. Seine übrigen Erzählungen: „Das Krakauer Schloß“ (deutsch, Berl. 1857), „Adam Smigielski“ (deutsch: „Kerkerwonne“, das. 1858) etc. hatten nur geringen Erfolg. Unter dem Namen Jarosz Bejla schrieb er „Moralische Miszellen“ (Wilna 1841–43). Aus seinem Nachlaß erschienen die Fragmente einer Geschichte der Zivilisation unter dem Titel: „Próbki historyczne“ („Historische Proben“, 1868).

Rziha (spr. rschi-), Franz, Ingenieur, geb. 28. März 1831 zu Hainspach in Böhmen, besuchte bis 1851 die technische Hochschule zu Prag, arbeitete dann beim Bau der Semmeringbahn und bei der Bahn über den Karst und zeichnete sich hier bei der Ausführung schwieriger Tunnelbauten so aus, daß er 1856 zum Bau des Tunnels bei Czernitz nächst Ratibor berufen wurde. 1857 führte er mit Knäbel mehrere Tunnels auf der Ruhr-Siegbahn aus. 1861 baute er den schwierigsten Teil der Bahn von Kreiensen nach Holzminden und wandte dort zum erstenmal das von ihm erfundene Tunnelbausystem in Eisen mit Erfolg an. 1866 trat er in braunschweigischen Staatsdienst, tracierte und baute mehrere Linien und verwaltete als Oberbergmeister die fiskalischen Braunkohlengruben, bis dieselben hinreichend prosperierten, um verkauft werden zu können. 1870 tracierte er in Böhmen und Sachsen, 1871–74 baute er als Unternehmer vier böhmische Bahnen, worauf er als Oberingenieur ins österreichische Handelsministerium berufen ward. 1876 folgte er einem Ruf als Professor an die technische Hochschule in Wien. Er schrieb: „Lehrbuch der gesamten Tunnelbaukunst“ (Berl. 1864–71, 2 Bde.); „Die neue Tunnelbaumethode in Eisen“ (das. 1864); „Der englische Einschnittsbetrieb“ (das. 1872); „Die Bedeutung des Hafens von Triest für Österreich“ (2. Aufl., Wien 1873; auch ital. u. engl.); „Eisenbahn-Unter- und Oberbau“, Separatausgabe des Wiener Weltausstellungsberichts (das. 1876). Die von R. erfundene Tunnelbaumethode, nach welcher statt der Holzauszimmerung ein eiserner Ausbau benutzt wird, wurde bei mehreren größern Tunnels angewandt, und erst seit dem Erscheinen des oben genannten Werkes wird die Tunnelbaukunst an österreichischen und deutschen technischen Hochschulen als selbständige Disziplin vorgetragen. Der jetzt im Bergbau so vielfach benutzte definitive Ausbau mit Eisenbahnschienen wurde durch R. bei den Stollen zu Naensen und Ippensen 1862 zuerst angewandt.



S.

S (es) ſ, s, lat. S, s, der gewöhnliche dentale Reibelaut (Zischlaut), der wie alle Dentalen je nach der verschiedenen Stellung der Zähne und der Zunge auf vier verschiedene Arten hervorgebracht werden kann (s. Lautlehre). In Deutschland findet sich am häufigsten das dorsale s, das durch die Annäherung des etwas eingekerbten Zungenrückens an das hintere Zahnfleisch der obern Schneidezähne und Anblasung eines Luftstroms gegen dieselben gebildet wird; vielfach, besonders in norddeutschen Mundarten, wird aber auch das alveolare s gehört, das, ähnlich wie das gewöhnliche r, einfach durch Emporhebung der Zunge und leichte Emporwölbung ihres äußersten Saums entsteht. Beide Arten des s können entweder tönend (weich), d. h. mit Stimmton, oder tonlos (hart, scharf), d. h. ohne Stimmton, gebildet werden. Das tönende s findet sich besonders im Inlaut zwischen Vokalen, nach norddeutscher Aussprache auch im Anlaut, z. B. in Sohn, sein, wo es jedoch, wenigstens geschichtlich, nicht berechtigt ist; die süddeutsche Aussprache kennt nur das tonlose s. Eine orthographische Schwierigkeit entsteht für die heutige deutsche Schriftsprache durch das Nebeneinander der vier Zeichen ſ, ß, ſſ, s, von denen nur s mit einiger Konsequenz das tonlose s am Schluß der Wörter und Silben, ſ das tönende s zwischen Vokalen und im Anlaut (nach der norddeutschen Aussprache) bezeichnet. Die neue Orthographie hat daher s auch in der Silbe „nis“, z. B. in Gleichnis, allgemein durchgeführt; freilich findet sich am Schluß vieler andrer Wörter, wie z. B. Fuß, Schuß, auch das ß gebraucht. Der noch schlimmere Übelstand, daß in diesen beiden und ähnlichen Wörtern die Länge oder Kürze des Vokals durch die Schrift gar nicht bezeichnet wird, ist aber auch durch die neue Orthographie nicht beseitigt worden. Nur im Inlaut setzen wir seit Gottsched konsequent ß zur Bezeichnung der Länge, z. B. Füße, ſſ zur Bezeichnung der Kürze, z. B. Schüſſe. Ursprünglich war das ß ein von unserm jetzigen s ganz verschiedener Laut, welcher sich im Hochdeutschen im In- und Auslaut aus älterm t, das sich noch jetzt im Niederdeutschen zeigt, entwickelt hatte, vgl. dat und daß, biten und beißen. Schon vom 13. Jahrh. ab kam jedoch der Unterschied zwischen diesem und dem alten,

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b14_s0109.jpg&oldid=- (Version vom 25.9.2021)