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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14

Mélesville, Dupin, Brazier, Varner, Carmouche, Bayard, Saintine, Legouvé, Dumanoir, Masson, Vanderburch, Roger. Gleichwohl sind die Stücke, welche S. ohne Mitarbeiter schrieb, die besten, so die auf dem Théâtre-Français aufgeführten: „Le mariage d’argent“, „Bertrand et Raton, ou l’art de conspirer“, „La camaraderie, ou la courte échelle“, „Une chaîne“, „Le verre d’eau“, „Adrienne Lecouvreur“, für die Rachel geschrieben, „Les contes de la reine de Navarre“, „Batailles de dames“, „Mon étoile“, „Feu Lionel“, „Les doigts de fée“, von denen „Bertrand et Raton“ (1833; deutsch u. d. T.: „Minister und Seidenhändler“ bekannt) und „La camaraderie“ (1837) äußerst harmlose politische Satiren auf die Interessenwirtschaft des Julikönigtums waren. Seine großartigen Erfolge auf dem Théâtre-Français brachten ihm 1834 einen Sitz in der Akademie ein. Die meisten seiner Stücke sind in fast alle Sprachen Europas übersetzt worden; die Zahl derselben, Blüetten und Libretti inbegriffen, betrug Ende 1859 über 300. Unbestrittenen Ruhm aber erwarb sich S. durch die Texte, die er zu den beliebtesten Opern von Boieldieu, Auber, Meyerbeer, Halévy, Adam, Verdi etc. dichtete, so zum „Schnee“, zur „Weißen Dame“, zur „Stummen“, zu „Fra Diavolo“, zu „Robert dem Teufel“, zur „Jüdin“, zu den „Hugenotten“, zum „Schwarzen Domino“, zum „Propheten“, zum „Nordstern“, zu den „Krondiamanten“, zur „Afrikanerin“ und etwa 50 andern Opern. S. empfiehlt sich den Musikern neben der Leichtigkeit seines Versbaues durch die Gefälligkeit, mit der er seine Arbeit allen Bedürfnissen und selbst Launen der Komponisten anpaßt. Auch als Romanschriftsteller hat er sich versucht, wenn auch mit viel geringerm Erfolg; zuerst mit Novellen („Maurice“ etc.), gesammelt 1856, dann mit größern Romanen („Piquillo Alliaga“, „Les yeux de ma tante“, einem oberflächlichen und grundfalschen Bilde deutscher Zustände, u. a.). S. starb 20. Febr. 1861, während einer Spazierfahrt vom Schlage getroffen. S. war ein Industrieller; Geld zu gewinnen, möglichst viel Geld, war sein Hauptzweck. Doch war er nicht habsüchtig; man rühmt vielmehr seinen Edelmut und seine Freigebigkeit; aber der Ertrag eines Stückes galt ihm als Maßstab des Erfolgs. Auch seine Personen beten den Mammon an; mit Geld räumen sie jede Schwierigkeit hinweg, mit Geld vermögen sie jede Tugend zu erkaufen. Darum sind seine ehrlichen Leute Dummköpfe; nur den Künstler und den braven Offizier läßt er noch gelten. Gern sucht er seinen großen Staatsaktionen die geringfügigsten Motive unterzulegen; unerschöpflich ist er im Erfinden von Verwickelungen, unübertrefflich in den Lösungen. Dabei tragen aber alle seine Stücke das Zeichen der eiligen, fabrikmäßigen Produktion: sein glänzender, lebendiger Stil ist unkorrekt, die Charaktere sind flüchtig gezeichnet, seine Beobachtungen oberflächlich und oft falsch, seine Szenen sind nur äußerlich aneinander gereiht, der geschichtlichen Wahrheit wird meist Gewalt angethan. Dennoch sind seine Stücke in ihrer Art vollendet; vor allem fesselt ihr heiterer Ton und ihr gesunder Menschenverstand, und der Zuhörer fühlt sich durch den bunten Wechsel stets in Spannung erhalten. Aufs glücklichste wußte er jedenfalls den Geschmack seiner Zeit zu treffen, und noch jetzt beherrschen seine Stücke die Bühnen Frankreichs und Europas, ja der gesamten Welt. Er veranstaltete selbst mehrere Ausgaben seiner „Œuvres“ (1827 ff., 10 Bde.; 1833–37, 20 Bde.; 1840–42, 5 Bde.; 1853, 16 Bde., mit Illustrationen von Johannot, Gavarni u. a.). Daneben erschienen: „Théâtre“ (1856–59, 10 Bde.) und „Œuvres choisies“ (1845, 6 Bde.). Eine neue Ausgabe der „Œuvres complètes“ umfaßt 76 Bände (1874–85). Vgl. Legouvé, Eugène S. (Par. 1874).

Scribonĭus, röm. plebejisches Geschlecht, mit den Familien Curio (s. d.) und Libo. Lucius S. Libo führte eine Abteilung der Pompejanischen Flotte und war 34 v. Chr. Konsul. Seine Schwester Scribonia war in dritter Ehe Gemahlin des Oktavian, dem sie die Julia gebar.

Scrinĭum (lat.), in Rom Behälter, namentlich für Papiere und Bücherrollen; in der Kaiserzeit s. v. w. Kanzlei oder Büreau.

Scrip (v. subscription) nennt man in England die einzelnen Teile eines Omnium (s. d.), ferner die Certifikate über nicht voll gezahlte Stocks, sodann auch den Interimsschein über die bald auszugebende Aktie. Railway-scrip ist eine gewöhnliche Eisenbahnaktie, zum Unterschied von Railway-bond, Prioritätsaktie.

Scriptor (lat.), Schreiber (auch als Titel bei Archiven, Bibliotheken); Schriftsteller.

Scriptōres historĭae Augustae (lat.), sechs spätere röm. Geschichtschreiber, welche unter Diokletian und Konstantin d. Gr. Biographien der römischen Kaiser von Hadrian bis Carus (117–284 n. Chr.) lieferten, nämlich: Älius Spartianus (Hadrianus, Helius Verus, Didius Julianus, Septimius Severus, Pescennius Niger, Caracalla, Geta), Vulcatius Gallicanus (Avidius Cassius), Trebellius Pollio (Valeriani II, Gallieni II, Triginta Tyranni, Claudius), Flavius Vopiscus (Aurelianus, Tacitus, Florianus, Probus, Firmus, Saturninus, Proculus, Bonosus, Carus, Numerianus, Carinus), Älius Lampridius (Commodus, Diadumenus. Heliogabalus, Alexander Severus), Julius Capitolinus (Antoninus Pius, Marcus Aurelius, L. Verus, Pertinax, Clodius Albinus, Macrinus, Maximini II, Gordiani III, Maximus et Balbinus). Die Sammlung, wahrscheinlich zu Konstantinopel veranstaltet, aber nicht ganz vollständig erhalten (es fehlen die Kaiser von 244 bis 253), ist zwar eine ziemlich planlose Kompilation aus ältern und gleichzeitigen Quellen, voll Ungenauigkeiten und ohne allen künstlerischen Wert, aber bei den spärlich fließenden Quellen für die Geschichte jener Zeit nicht ohne Wichtigkeit. Gute neue Ausgaben lieferten Jordan und Eyssenhardt (Berl. 1864, 2 Bde.) und Peter (2. Aufl., Leipz. 1884, 2 Bde.), eine Übersetzung Cloß (Stuttg. 1865).

Scriver, Christian, asket. Schriftsteller, geb. 2. Jan. 1629 zu Rendsburg, wurde 1653 Archidiakonus zu Stendal, 1667 Pastor zu St. Jacobi in Magdeburg, 1690 Konsistorialrat und Oberhofprediger in Quedlinburg, wo er 5. April 1693 starb. Seine Werke („Seelenschatz“, „Gottholds zufällige Andachten“, „Gottholds Siech- und Siegesbette“, „Erbauliche Parabeln“, Lieder u. a.) wurden neu herausgegeben von Heinrich und Stier (Barm. 1847–54, 7 Bde.). Sein Leben beschrieb Krieg (Dresd. 1872).

Scrivĭa, Fluß in Oberitalien, entspringt in der Provinz Genua am Nordabhang der Ligurischen Apenninen, fließt nördlich, berührt Tortona und mündet bei Castelnuovo Scrivia rechts in den Po. Durch sein oberes Thal führt teilweise die Eisenbahn von Genua nach Novi.

Scrope (spr. skrop), George Poulett, Geolog, geb. 1797, bereiste 1816–20 Neapel, Sizilien und die Liparischen Inseln, später auch die vulkanischen Gegenden Deutschlands, wurde einer der bedeutendsten

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 789. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b14_s0789.jpg&oldid=- (Version vom 1.10.2021)