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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15

Langley hat die Photosphäre ein wollig-wolkenartiges Aussehen, aber neben den verwaschen wolkenartigen Gebilden unterscheidet man noch zahlreiche schwache Fleckchen auf hellem Grund, und unter günstigen Umständen lösen sich die wolkenähnlichen Gebilde in eine Menge kleiner intensiv leuchtender Körner auf, die in einem dunklern Medium suspendiert erscheinen. Die erwähnten Fleckchen haben jetzt das Aussehen von Öffnungen oder Poren, entstanden durch Abwesenheit der weißen Wolkenknoten und Durchscheinen des dunklern Grundes; der Durchmesser beträgt bei den deutlicher wahrnehmbaren 2–4 Bogensekunden. Die hellen Knötchen oder Reiskörner Secchis bestehen nach Langley aus Anhäufungen kleiner Lichtpunkte von ungefähr 1/3″ Durchmesser. Janssen hat Photographien der S. bis zu einem Durchmesser von 30 cm und mehr dargestellt, die unter der Lupe sehr deutlich die granulierte Beschaffenheit der Photosphäre zeigen. An Stellen, wo die Granulationen am deutlichsten ausgeprägt sind, besitzen die Elemente alle eine mehr oder minder kugelförmige Gestalt, und das um so mehr, je geringer ihre Größe ist. Der Durchmesser dieser Kugeln ist sehr verschieden, von wenigen Zehnteln der Bogensekunde bis zu 3 und 4″. Die ganze Oberfläche der Photosphäre erscheint in eine Reihe von mehr oder minder abgerundeten, oft fast geradlinigen, meist an Vielecke erinnernden Figuren abgeteilt, deren Größe sehr verschieden ist, oft einen Durchmesser bis zu 1′ und darüber erreicht. Während nun in den Zwischenräumen dieser Figuren die einzelnen Körner bestimmt und gut begrenzt, obwohl von sehr verschiedener Größe sind, erscheinen sie im Innern wie zur Hälfte ausgelöscht, gestreckt oder gewunden; ja, am häufigsten sind sie ganz verschwunden, um Strömen von leuchtender Materie Platz zu machen, die an die Stelle der Granulationen getreten sind. Janssen hat diese Gestaltung als photosphärisches Netz bezeichnet.

[Sonnenflecke, Rotation.] Ferner bemerkt man auf der Sonnenfläche schon bei schwachen Vergrößerungen bald einzelne, bald in Gruppen zusammenstehende dunklere Stellen, sogen. Sonnenflecke. Dieselben wurden zuerst 1610 von Fabricius wahrgenommen, 1611 auch von Galilei und von Scheiner in Ingolstadt entdeckt. Während ersterer die S. mit ungeschütztem Auge beobachtete, wenn sie in der Nähe des Horizonts stand, wandte Scheiner zuerst dunkel gefärbte Blendgläser an. Gegenwärtig polarisiert man auch das Licht im Fernrohr durch Reflexion und kann es dann durch abermalige Reflexion beliebig abschwächen (Helioskop von Merz). Vielfach beobachtet man auch das objektive Sonnenbild, das durch ein Äquatorial auf einer weißen Fläche entworfen wird. Auch wendet man jetzt nach dem Vorgang von Warren de la Rue häufig die Photographie an, um getreue Abbildungen der Sonnenfläche mit ihren Flecken etc. zu erhalten. Fig. 1 der Tafel „Sonne“ zeigt den Anblick der S. nach einer Photographie von Rutherfurd in New York 23. Sept. 1870. Außer den Sonnenflecken zeigt dieselbe auch noch nach dem Rand hin helle Adern, sogen. Fackeln, in Silberlicht glänzende Streifen, die schon Galilei beobachtete. Die Sonnenflecke sind von sehr verschiedener Größe, oft nur als dunkle Punkte erkennbar, sogen. Poren, und oftmals 1000 Meilen und mehr im Durchmesser haltend. Schwabe beobachtete im September 1850 einen Fleck von 30,000 Meilen Durchmesser. Große Flecke von mehr als 50″ = 4800 Meilen Durchmesser sind auch mit bloßem Auge sichtbar, wenn man die S. durch dünnes Gewölk oder nahe am Horizont oder auch ein berußtes Glas beobachtet, und es sind solche schon vor Erfindung der Fernröhre, namentlich von den Chinesen, vereinzelt gesehen worden. An den größern Flecken unterscheidet man meist einen dunkeln Kern, den Kernfleck, bisweilen mit noch dunklern Stellen, Dawes’ Centra. Diese Kerne sind umgeben mit einem matten, nach der leuchtenden Sonnenfläche gut abgegrenzten Hof oder Halbschatten (penumbra), ungefähr von der grauen Färbung der Mondmeere. Doch sind auch bisweilen rötliche Färbungen beobachtet worden, namentlich hat Secchi größere Flecke wiederholt wie durch einen rötlichen Schleier gesehen. Nicht selten fehlt übrigens die Penumbra, andre Male wieder der Kernfleck.

Gleich die ersten Beobachter bemerkten, daß die Sonnenflecke sich vom östlichen Rande der S. nach dem westlichen bewegen, und erklärten diese Bewegung richtig durch eine Rotation der S. um eine Achse. Die Bestimmung der Dauer der Rotation ist aber mit Schwierigkeiten verbunden, einesteils wegen der Veränderlichkeit, andernteils wegen der eignen Bewegung der Flecke, die nach Laugier bisweilen über 100 m in der Sekunde beträgt. Verhältnismäßig nicht viele Flecke behalten ihre Gestalt so lange, daß man sie während mehrerer Rotationen verfolgen kann; viele ändern von einem Tag zum andern ihre Gestalt teils durch Zerfallen (s. Tafel, Fig. 2), teils durch Zusammenfließen mit andern derart, daß sie nicht wieder zu erkennen sind; andre verschwinden gänzlich, neue erscheinen. Das Auftreten neuer Fleckengruppen wird meist vorher angezeigt durch ausgedehnte helle Fackeln an der gleichen Stelle. Dessenungeachtet hat man zahlreiche Flecke durch mehrere Rotationen beobachtet. Man findet nun, daß ein Fleck ungefähr 271/2 Tage nach seinem ersten Erscheinen sich wieder am Ostrand zeigt, und daraus ergibt sich, mit Berücksichtigung der Bewegung der Erde, die wahre Dauer einer Rotation der S. zu ungefähr 251/2 Tagen. Die genauere Bestimmung liefert aber für Flecke, die dem Sonnenäquator nahe sind, eine kürzere Dauer als für solche in höhern Breiten. Spörer fand z. B. für 1,5° heliographischer Breite 25,118 Tage, für 24,6° aber 26,216 Tage. Es deutet dies auf eine Bewegung der Flecke parallel zum Äquator. Außerdem aber ändern sich auch die Breiten, es zeigen die meisten Flecke eine Bewegung vom Äquator nach den Polen hin. Spörer vermutet, daß diese Bewegungen mit Winden auf der S. zusammenhängen. Nach seiner Bestimmung beträgt die Rotationszeit der S. 25,234 Tage, der Sonnenäquator ist um 6°57′ geneigt gegen die Ekliptik, und die Länge seines aufsteigenden Knotens ist 74°36′; Carrington hat 25,38 Tage, 7°15′ und 73°57′ gefunden.

Bei der Rotation der S. zeigen die Flecke, den Regeln der Perspektive entsprechend, gewisse regelmäßige Formveränderungen: wenn ein Fleck sich vom Ostrand aus nach der Mitte der S. bewegt, so wird seine Ausdehnung parallel zum Äquator immer größer; entfernt er sich aber von der Mitte, so wird sie immer kleiner, während gleichzeitig seine Ausdehnung senkrecht zum Äquator ungeändert bleibt. Wilson in Glasgow beobachtete 1769 an einem großen Sonnenfleck, daß die Penumbra, als derselbe in der Mitte der S. stand, links und rechts ungefähr gleich groß, vor- und nachher aber, bei exzentrischer Stellung, allemal auf der dem Rande der S. zunächst liegenden Seite sich am breitesten zeigte. Wilson kam dadurch zu der Ansicht, daß die Penumbra gebildet werde durch die trichterförmig nach unten abfallenden, nur wenig leuchtenden Seitenwände einer Öffnung in

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0029.jpg&oldid=- (Version vom 19.6.2022)