Seite:Meyers b15 s0960.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15

größter Dürftigkeit. Haupterwerbsquelle ist die Viehzucht (1881: 23,823 Pferde, 155,116 Rinder, 45,933 Schafe, 28,417 Schweine), weniger der Ackerbau. Die Industrie beschränkt sich auf Flachs- und Garnspinnerei; ebenso ist der Handel ohne wesentliche Bedeutung. Hauptstadt ist Omagh.

Tȳros (hebr. Sor, „Felsen“), eine der berühmtesten Städte des Altertums, nebst Sidon die wichtigste und reichste See- und Handelsstadt Phönikiens, 200 Stadien (38 km) von Sidon, lag teils auf dem Festland, teils auf zwei kleinen, flachen, aber felsigen Inseln und war weniger bedeutend, bis im 10. Jahrh. v. Chr. König Hiram, der Freund Davids und Salomos, die beiden Inseln durch Aufschüttung vereinigte und erweiterte, zwei Häfen anlegte und die Stadt mit hohen Mauern umgab. Die Doppelinsel, 1600 Schritt von der Festlandküste entfernt, hatte nur 22 Stadien (5300 Schritt) im Umfang, weshalb man genötigt war, die Häuser sehr hoch (5–6 Stockwerke) zu bauen. Auf ihr befand sich ein uralter Tempel des Melkart, der von den Kolonien jährlich mit Geschenken beschickt wurde. T. überflügelte bald Sidon, beherrschte den Handel und die Kolonisation im westlichen Mittelmeer (von hier ging 846 v. Chr. die Gründung Karthagos aus) und brachte die ganze südliche Küste bis zum Berg Karmel unter seine Gewalt. Die assyrischen Könige Salmanassar und Sargon belagerten T. fünf Jahre lang, 725–720, vergeblich, und Nebukadnezar konnte es erst 573 nach 13jähriger Belagerung erobern. Als Alexander nach dem Sieg bei Issos 333 Phönikien betrat, verweigerte T. dem Sieger den Einzug, wurde von diesem belagert, aber erst nach siebenmonatlicher schwerer Anstrengung der Flotte und Landarmee, welch letztere auf einem vom Festland aus geführten Erddamm vorging, erobert (332). Dieser Damm hat sich allmählich durch Anspülung zu jenem Isthmus verbreitert, welcher die Insel heute mit dem Festland verbindet. Die Stadt hatte dann noch einmal eine 14monatliche Belagerung durch Antigonos auszuhalten. Unter der römischen Herrschaft behielt sie ihre Freiheit und eigne Verfassung, blühte durch Handel und Industrie (Metallwaren, Weberei und Purpurfärberei) und ward vom Kaiser Severus zur römischen Kolonie erhoben. In den Kreuzzügen galt sie für einen festen Platz, der von den Kreuzfahrern bis 1191 standhaft behauptet wurde. Friedrich Barbarossa wurde 1190 dort begraben. Unter der türkischen Regierung kam T. herab; verheerende Erdbeben hatten das Versinken ganzer Stadtteile unter den Meeresspiegel zur Folge. Das heutige Sur erfüllt kaum ein Dritteil der ehemaligen Insel und ist ein Ort von einigen hundert elenden Häusern mit ca. 5000 Einw. (zur Hälfte Mohammedaner, zur Hälfte Christen, wenige Juden). Der Hafen ist versandet. Das interessanteste Gebäude ist die aus dem 12. Jahrh. stammende Kreuzfahrerkirche.

Tyrosīn C9H11NO3 findet sich in einigen tierischen Geweben, besonders in der Leber und Bauchspeicheldrüse, entsteht neben Leucin bei der Fäulnis eiweißartiger Stoffe (daher im alten Käse) und bei Behandlung derselben, der Wolle und des Horns mit verdünnter Schwefelsäure oder kaustischen Alkalien. Es bildet feine, farb- und geruchlose Kristalle, löst sich in Wasser und Alkohol, nicht in Äther und verbindet sich mit Säuren, Basen und Salzen, gibt bei schnellem Erhitzen Phenol, mit schmelzendem Ätzkali Paraoxybenzoesäure, Essigsäure und Ammoniak.

Tyrrhēner (Tyrrhēni, Tyrseni), pelasgischer Volksstamm, der, vor dem Trojanischen Krieg aus Kleinasien verdrängt, sich nach Attika gewendet, dann aber, auch von dort vertrieben, sich zerstreut und namentlich auf Lemnos, Imbros und an der Küste von Italien angesiedelt haben soll, wo er sich durch seine Seeräubereien den Hellenen furchtbar machte. Von den Griechen werden aber auch die Etrusker T. sowie deren Land Tyrrhenien genannt, und es wird erzählt, daß Tyrrhenus, Sohn des lydischen Königs Atys, dahin ausgewandert sei und dem Land und Volk den Namen gegeben habe. S. Etrurien.

Tyrrhēnisches Meer (Toscanisches Meer), der Teil des Mittelländischen Meers, welcher zwischen der Südwestküste Italiens und den Inseln Corsica, Sardinien und Sizilien liegt und die Golfe von Gaeta, Neapel, Salerno, Sant’ Eufemia und Gioja bildet; hieß im Altertum Mare Tyrrhenum oder Mare Tuscum (nach dem an seiner Küste herrschenden tyrrhenischen Stamm der Etrusker oder Tusker), auch Mare inferum. S. Karte „Mittelmeerländer“.

Tyrtǟos, griech. Elegiker des 7. Jahrh. v. Chr., aus Athen oder aus Aphidnä in Attika, verpflanzte die ionische Elegie nach dem dorischen Sparta. Nach der Sage erbaten die Spartaner in der Bedrängnis des zweiten Messenischen Kriegs auf die Weisung des delphischen Orakels einen Führer von den Athenern, die ihnen den lahmen T. schickten; diesem gelang es, durch seine Elegien die entzweiten Spartaner zur Eintracht zurückzuführen und zu solcher Tapferkeit zu entflammen, daß sie den Sieg gewannen. Gewiß ist, daß sich T.’ Gesänge bis auf die spätesten Zeiten im Munde der spartanischen Jugend erhielten. Sie waren teils im elegischen Versmaß und in episch-ionischer Mundart, teils im anapästischen Marschmetrum abgefaßt. Außer Bruchstücken einer „Eunomia“ („Gesetzmäßigkeit“) betitelten Elegie, durch welche er die Zwietracht der Spartaner beschwichtigte, und eines Marschliedes besitzen wir von seinen „Ermahnungen“ („Hypothekai“) genannten Kriegselegien noch drei vollständig, die zu den schönsten Überresten der antiken Poesie gehören. Ausgaben von Schneidewin („Delectus poesis graecae elegiacae“, Bd. 1, Götting. 1838) und Bergk („Poetae lyrici graeci“, Bd. 2); Übersetzung von Weber („Die elegischen Dichter der Hellenen“, Frankf. 1826) u. a.

Tysmienica, Stadt in Galizien, Bezirkshauptmannschaft Tlumacz, an der Staatsbahnlinie Stanislau-Husiatyn, mit Bezirksgericht, Schloß, Dominikanerkloster, Handel (Pferde) und (1880) 7180 Einw.

Tyssaer Wände, s. Tetschen.

Tzako, s. v. w. Tschako.

Tzendalen (Tsendals), Indianerstamm, zum Mayastamm gehörig, im mexikan. Staat Chiapas und im benachbarten Guatemala, an den Quellen von Tabasco und Uzumazinta. Vgl. Stoll, Zur Ethnographie der Republik Guatemala (Zürich 1884).

Tzetzes, Johannes, griech. Grammatiker und Dichter aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrh., lebte in Konstantinopel vom Hof, namentlich von der Kaiserin Irene, begünstigt und war ein für seine Zeit belesener, aber oberflächlicher und dünkelhafter Gelehrter, wie seine zahlreichen Schriften erkennen lassen. Außer Kommentaren zu Homer, Hesiod, Aristophanes, Lykophron u. a., deren Wert in den benutzten Schriften beruht, verfaßte er ein Epos in 1665 schlechten Hexametern: „Iliaca“, bestehend aus drei Abteilungen: „Antehomerica“, „Homerica“ u. „Posthomerica“ (hrsg. von Bekker, Berl. 1816; von Lehrs, Par. 1840), und ein „Geschichtenbuch“ („Biblos historike“) von 12,661 politischen Versen, gewöhnlich nach einer unbegründeten Einteilung in 13 Abschnitte von ca. 1000 Versen „Chiliades“ genannt (hrsg. von Kießling,

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 960. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0960.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2022)