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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16

an einem dieser Vergehen. Dieselbe Strafe findet statt bei der unbefugten Nachbildung von Kunstwerken und Photographien und bei der unbefugten Aufführung von Dramen und musikalischen Kompositionen. Die Strafe wird nur auf Antrag des Verletzten verhängt. Neben der öffentlichen Strafe kann auf Verlangen des Beschädigten eine an den letztern zu erlegende Geldbuße bis zum Betrag von 6000 Mk. verhängt werden, welche an die Stelle der Entschädigung des Verletzten tritt.

Der Anspruch auf Entschädigung kann aber auch im Weg des Zivilprozesses verfolgt werden, solange nicht im Strafverfahren auf eine Geldbuße erkannt ist. Er richtet sich gegen den Veranstalter und den Veranlasser des Nachdrucks, sofern dieselben vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben, ferner gegen den wissentlichen Teilnehmer der Veranstaltung und gegen den wissentlichen Verbreiter; letzterer haftet jedoch nur für den durch seine eigne Thätigkeit verursachten Schaden, wogegen der Veranstalter und der Veranlasser des Nachdrucks für jeden durch die Verletzung des Urheberrechts auch durch Vermittelung des Verbreiters entstandenen Schaden aufkommen müssen. Hat der Veranstalter in gutem Glauben gehandelt, so haftet er nur auf Höhe seiner Bereicherung; er muß also den aus dem Verkauf der nachgedruckten Auflage gezogenen Gewinn an den Beschädigten herausgeben. Der Betrag der Entschädigung besteht in dem für den Berechtigten entstandenen positiven Schaden und dem entgangenen Gewinn. Ein positiver Schade ist nur nachzuweisen, wenn die Kosten der von dem Verlagsberechtigten unternommenen Vervielfältigung infolge des Nachdrucks als gänzlich verloren zu betrachten sind. Der entgangene Gewinn besteht in dem mutmaßlichen Erlös desjenigen Teils der rechtmäßigen Auflage, welcher infolge des Nachdrucks unverkauft bleibt. Man nimmt in der Regel an, daß der Absatz der rechtmäßigen Auflage um die Zahl der verbreiteten Nachdrucksexemplare geschmälert wird. Bei der unbefugten Aufführung besteht die Entschädigung in dem ganzen Ertrag der Aufführung ohne Abzug der auf dieselbe verwendeten Kosten. Dabei kann das Gericht bei der Entscheidung technischer Fragen sowohl im Zivilprozeß als im Strafverfahren Sachverständige zuziehen. In den einzelnen Bundesstaaten sind zu ebendiesem Zweck nach den Gesetzen vom 11. Juni 1870 und vom 9. und 10. Jan. 1876 Sachverständigenvereine gebildet. Diese Sachverständigenvereine zerfallen in litterarische, musikalische, künstlerische, photographische und gewerbliche, deren Zusammensetzung und Verfahren durch Instruktionen des Reichskanzlers vom 12. Dez. 1872 und vom 19. Febr. 1876 geregelt ist. Die Vereine entscheiden auf den gemeinschaftlichen Antrag der Parteien als Schiedsgerichte und erstatten in den beim Gericht anhängigen Sachen Gutachten auf Anrufen des Prozeßrichters. Die Verjährung der Klage auf Entschädigung oder Bereicherung und der Strafverfolgung wegen Nachdrucks tritt nach § 33 und 34 des Gesetzes vom 11. Juni 1870 binnen drei Jahren ein. Der Strafantrag, durch welchen die strafrechtliche Verfolgung bedingt ist, muß binnen drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem begangenen Nachdruck und von der Person des Thäters gestellt werden.

Internationaler Schutz des Urheberrechts.

Der Schutz des Urheberrechts ist an und für sich nach der Gesetzgebung der einzelnen Staaten auf die von inländischen Urhebern herrührenden oder bei inländischen Verlegern erschienenen litterarischen und artistischen Werke beschränkt. Für das Deutsche Reich besteht jedoch mit Rücksicht auf die Zusammengehörigkeit der frühern deutschen Bundesstaaten die Eigentümlichkeit, daß die Angehörigen der zum ehemaligen Deutschen Bund, aber nicht zum nunmehrigen Deutschen Reich gehörigen Staaten (Österreich, Limburg, Luxemburg und Liechtenstein) den inländischen Urhebern gleich behandelt werden, insofern es sich um Werke derselben handelt, die an einem Ort erschienen sind, der zum ehemaligen Deutschen Bund, nicht aber zum Deutschen Reiche gehört. Ebenso sind die noch nicht veröffentlichten Werke solcher Urheber geschützt und zwar in beiden Fällen unter der Voraussetzung staatlicher Gegenseitigkeit. Das Bedürfnis, die Erzeugnisse der inländischen Litteratur und Kunst gegen ausländischen Nachdruck und ausländische Nachbildung zu schützen, führte jedoch zu dem Abschluß internationaler Vereinbarungen (Litterarkonventionen, Litterarverträge) zwischen verschiedenen Staaten, welche ihren Angehörigen wechselseitigen Schutz des Urheberrechts gewähren. Da in Deutschland in der Zeit der staatlichen Zersplitterung die Grenzen der territorialen Gesetzgebung der einzelnen deutschen Staaten mit denjenigen des Sprachgebiets und des litterarischen Verkehrs nicht zusammenfielen, so trat hier jenes Bedürfnis ganz besonders hervor, und mit 32 deutschen Staaten schloß die preußische Staatsregierung Litterarkonventionen ab, indem sie damit den Grund zu der deutschen Nachdruckgesetzgebung (s. oben) überhaupt legte. Später wurden auch zwischen Staaten verschiedener Zunge solche Konventionen abgeschlossen, zumeist auf die Anregung Frankreichs hin, dessen Litteratur vorzugsweise dem ausländischen Nachdruck ausgesetzt war. Aber auch Preußen schloß Litterarkonventionen mit außerdeutschen Staaten ab, so mit England (1846), mit Frankreich (1862), Belgien (1863) und namens des Norddeutschen Bundes mit Italien und mit der Schweiz (1869). Es folgten ferner die Verträge des Deutschen Reichs mit der Schweiz (1881), Frankreich (1883), Belgien (1883), Italien (1884) und Großbritannien (1886). Nach mehrjähriger Vorbereitung und namentlich auf Betreiben des internationalen Schriftstellerverbandes (Association littéraire internationale), welcher in Paris seinen Sitz hat, kam endlich nach wiederholten Konferenzen in Bern eine „Übereinkunft, betreffend die Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutz von Werken der Litteratur und Kunst“, 9. Sept. 1886 zu stande. Die beteiligten Regierungen sind: Deutschland, Frankreich, Belgien, Spanien, England, Haïti, Italien, Liberia, die Schweiz und Tunis. Diese Übereinkunft wurde von allen Vertragsstaaten mit Ausnahme von Liberia ratifiziert. Für das Deutsche Reich ist die Konvention in Nr. 40 des Reichsgesetzblattes für 1887 (S. 493 ff.) publiziert. Beigetreten ist 20. Juni 1888 Luxemburg. Der Beitritt von Österreich-Ungarn, Rußland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika steht noch aus. Die Konvention läßt aber andern Staaten den Beitritt offen. Die Übereinkunft sichert den Urhebern, welche einem der Verbandsländer angehören, oder ihren Rechtsnachfolgern in den übrigen Ländern für ihre Werke, und zwar sowohl für die in einem der Verbandsländer veröffentlichten als für die überhaupt nicht veröffentlichten, diejenigen Rechte, welche die betreffenden Gesetze den inländischen Urhebern gegenwärtig oder in Zukunft einräumen. Der Genuß dieser Rechte ist von der Erfüllung der Bedingungen und Förmlichkeiten abhängig, welche durch die Gesetzgebung des Ursprungslandes des Werkes vorgeschrieben

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b16_s0010.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2022)