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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16

Grashütten wohnen. Infolge der Sklavenjagden sind sie halb nomadisch, halb dem Ackerbau zugewandt. Von O. her sind flüchtige Wasiraha, von W. räuberische Wadirigo eingedrungen. Gebaut werden jetzt Mais, Hirse, Bohnen, Maniok, Bananen; die neuerdings mit Wein und europäischem Obst gemachten Versuche haben an geeigneten Orten guten Erfolg gehabt, ebenso gedeihen Kartoffeln, Roggen, Weizen, und die Flußthäler erscheinen geeignet für Zucker, Baumwolle, Kaffee u. a. Viehzucht ist lohnend, da die Tsetsefliege fehlt; im Innern findet man Eisenerz. Die Landschaft wurde mit Nguru, Useguha und Ukami Ende 1884 durch Peters für die Gesellschaft für deutsche Kolonisation (Vorläufer der Deutschen Ostafrikanischen Gesellschaft) erworben und 27. Febr. 1884 unter deutschen Reichsschutz genommen. Im nächsten Jahr wurden die Stationen Simaberg und Kiora am Wami angelegt. Französische Missionäre legten Stationen in Kondoa und Mrorogo, englische in Mwapwa u. Kisokueh an. S. Karte „Sansibar etc.“

Usambara, Landschaft unweit der Ostküste Afrikas, begrenzt im N. durch die Linie, welche die deutsche Interessensphäre von der englischen scheidet, im S. von Rufu, dem aus U. der Urangara zufließt, durchschnitten vom 5.° südl. Br., ein schönes, mit großen Wäldern bedecktes Land, dessen Bevölkerung jedoch verarmt ist. Der Handel ist in den Händen der Araber; der Sultan wohnt in Mazindi. U. wurde durch Jühlke und Weiß 19. Juni 1885 für die Deutsche Ostafrikanische Gesellschaft erworben, welche am Rufu die Stationen Mafi und Korogwe anlegte. S. Karte „Sansibar“.

Usance (franz., spr. üsāngs, ital. Uso, Usanz), Herkommen, Gewohnheit; namentlich ein im kaufmännischen Verkehr einer Stadt oder eines Landes allgemein beobachteter und maßgebender Handelsgebrauch (Handelsusanz) über Lieferfristen, Verpackung, Maklergebühren, Arten und Fristen der Kreditgewährung etc.; daher Usowechsel, ein Wechsel, bei dem die Zahlungsfrist sich nach der Gewohnheit des Zahlungsorts bestimmen soll, wie dies z. B. nach französischem Recht, nicht aber nach der deutschen Wechselordnung zulässig ist; Usotara (usuelle Tara), die nach gewissen, durch Handelsbrauch bestimmten Sätzen zu berechnende Tara. Im einzelnen Fall werden Inhalt und Umfang einer U., welche nötigen Falls zu beweisen sind, gewöhnlich durch das Gutachten kaufmännischer Sachverständigen (Parere) dargethan (s. Handelsbrauch).

Usarāmo, Landschaft an der ostafrikan. Küste, von dieser durch den schmalen, Sansibar gehörigen Küstenstreifen getrennt, im Besitz der Deutschen Ostafrikanischen Gesellschaft durch Vertrag vom 19. Dez. 1885, welche am Rufu, der das Land in nordöstlicher Richtung durchzieht, die Stationen Usungula und Mudendo anlegte. Es ist ein Land flacher Hügel, gut begrast und bewaldet, aber, wie alle Sklavenjagdgebiete, dünn bevölkert. Die Häuptlinge der kleinen Dörfer gebärden sich wie selbständige Fürsten und erheben Hongo (Wegsteuer) von den Karawanen. Die Wasaramo nähren sich vom Sklavenhandel, vom Verkauf von Ziegen und Getreide, kleiden sich in Baumwollenstoffe, beschmieren sich aber mit Fett und Ocker und tragen seltsame Haarfrisuren. S. Karte „Sansibar etc.“

Usch (Uscz), Stadt im preuß. Regierungsbezirk Bromberg, Kreis Kolmar, am Einfluß der Küddow in die Netze, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, Lachsfang, Schiffahrt und Holzflößerei und (1885) 2164 Einw. Dabei die Glashütte Neu-Friedrichsthal.

Uschas, in der wedischen Mythologie eine vielbesungene Göttin, Personifikation der Morgenröte, identisch mit der griechischen Eos und der lateinischen Aurora, die täglich auf einem reichgeschmückten, von weißen Rossen oder Rindern gezogenen Wagen daherfährt, alle Wesen erweckt und überall neues Leben schafft.

Uschebti (altägypt., „Antworter“), Puppen aus grün und blau glasierter Terrakotta, seltener aus Holz und Stein, in Gestalt von Mumien, meist 20 bis 30 cm, doch auch bis 1 m lang. Sie wurden den Toten mit ins Grab gegeben und mit dem Namen des betreffenden Toten versehen, um beim Aufrufen des Namens in der Unterwelt zu „antworten“ und als Stellvertreter desselben zu dienen. Nach dem Volksglauben mußten sie für den Toten die ihm aufgetragenen Arbeiten, besonders Feldarbeit, verrichten, worauf die in den Händen der U. befindlichen Gerätschaften deuten.

Uschitze (Uschitza), Hauptstadt eines Kreises im Königreich Serbien, in einem romantischen Thalkessel am Djetinja, mit Kirche, Oberrealschule, verfallener Festung (bis 1862 von den Türken besetzt), Tuchfabrikation und (1884) 5750 Einw. Der Kreis umfaßt 4344 qkm (78,09 QM.) mit (1887) 133,139 Einw.

Uschki (russ.), kleine Fleischpastete.

Üschküp (Schkoplje), Hauptstadt eines Sandschak im türk. Wilajet Kossowo, am Wardar u. an der Eisenbahn Belgrad-Saloniki, Sitz eines griechischen Erzbischofs, hat ein befestigtes Schloß, mehrere griechische Kirchen und Moscheen, Gerberei (besonders Korduanfabrikation) und Färberei und 29,000 Einw. (1/3 Serben, 1/4 Türken, 1/4 Bulgaren, der Rest Albanesen und Zinzaren). Ü., welches heute einen ziemlich verfallenen Eindruck macht, entspricht dem antiken Scupi, dessen Ruinen 2 km nordwestlich von Ü. bei Zlokutschan Kalessi liegen. Die alte Stadt wurde 518 durch ein Erdbeben zerstört, worauf Justinian eine neue unter dem Namen Justiniana Prima an der Stelle des heutigen Ü. erbaute. Sie war im Mittelalter vor der türkischen Eroberung zeitweise Residenz der serbischen Könige.

Uschner, Karl, besonders als Übersetzer antiker Dichtungen bekannt, geb. 1. Aug. 1802 zu Lübben in der Niederlausitz, studierte seit 1820 zu Leipzig und Berlin die Rechte, trat 1823 als Auskultator beim Stadtgericht zu Berlin in den Staatsdienst und ward schließlich (1836) Oberlandesgerichtsrat zu Ratibor. Seit 1870 in den Ruhestand getreten, starb er 26. Juli 1876 in Oppeln. Zu seinen Übertragungen gehören: „Ovids Verwandlungen“ (Berl. 1857); „Anakreons Lieder“ (das. 1864); „Hesiods Gedichte“ (das. 1865); „Homers Ilias und Odyssee“ (das. 1861); „Catulls Gedichte“ (das. 1867). Auch einige selbständige humoristisch-satirische Gedichte, wie: „Karotten und Marotten“, „Das Brevier der heil. Rosalie“ (2. Ausg., Neuhaldensl. 1846) u. a., hat U. veröffentlicht. – Sein Sohn Karl Richard Waldemar U., geb. 30. Mai 1834 zu Wittenberg, seit 1875 Kreis-, jetzt Amtsgerichtsrat in Oppeln, hat sich in einer Reihe von Stücken als Theaterdichter versucht, größern Beifall aber mit seiner erzählenden Dichtung „Der letzte Minnesänger“ (2. Aufl., Hamb. 1875, 2 Bde.) gefunden. Es folgten: „Eine Pfingstfahrt“, Novelle in Versen (2. Aufl., Zürich 1887); „Vorstadtidyll“ (Hamb. 1881).

Usedom (Üsedom), eine zum preuß. Regierungsbezirk Stettin gehörige Insel, scheidet mit der durch

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b16_s0023.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2022)