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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16

Oberhoheit über die germanischen Reiche erlangte. So waren um 500 alle Provinzen des weströmischen Kaiserreichs im Besitz der germanischen Eroberer. Unter dem oströmischen Kaiser Justinian I. (527–565) unternahmen die Römer die Wiedereroberung des Verlornen. Belisar zerstörte 534 das Vandalenreich in Afrika und vereinigte das Land wieder mit dem römischen Reich, er und Narses eroberten 535–553 auch Italien. Indes den größten Teil dieses Landes, nämlich Ober- und Mittelitalien, verloren sie 568 wieder an die Langobarden, welche nach Zerstörung des Gepidenreichs (566) in Italien einfielen. Das Westgotenreich unterlag erst 711 den Arabern. Das Frankenreich endlich dehnte durch glückliche Eroberungen seine Herrschaft über einen großen Teil des alten weströmischen Reichs aus, indem es 507 das westgotische Gallien, 534 das Burgunderreich, 774 das Langobardenreich eroberte, und gewann durch Unterwerfung der Alemannen (496), der Thüringer (530), der Sachsen (785) und der Bayern (788) sämtliche germanische Völker Mitteleuropas für die christliche Kultur, welche es zugleich durch den Sieg bei Tours (732) gegen den Islam verteidigte. Die Wiederaufrichtung des weströmischen Kaiserreichs durch den Frankenkönig Karl d. Gr. 800 gab der Völkerbewegung im Abendland einen gewissen Abschluß. Das Christentum war gerettet und seine weitere Ausbreitung gesichert, von der antiken Kultur bildungsfähige Reste erhalten, der romanischen Welt neue Lebenssäfte zugeführt, endlich dem Germanentum die Entwickelung zu einer höhern Zivilisation ohne Verlust seiner Nationalität ermöglicht. Während nun der europäische Westen zur Ruhe gekommen war, die erst im 8. und 9. Jahrh., als in den skandinavischen Völkern die Wanderlust erwachte (s. Normannen), gestört wurde, dauerte im Osten die Bewegung noch fort. Zwar wurde das Land von der Weichsel bis zur Elbe, Saale und dem Böhmerwald schon im 5. Jahrh. von slawischen Völkerstämmen besetzt (s. Slawen); im innern Rußland aber dauerte das Drängen der Slawen gegen die Finnen noch längere Zeit, und an der untern Donau, wo die tatarischen Avaren (s. d.), denen die Langobarden Pannonien überließen, lange Zeit das mächtigste Volk waren, bis Karl d. Gr. sie 796 vernichtete, trat erst allmählich ein Stillstand der Bewegung ein, nachdem im 7. Jahrh. die finnischen, später aber slawisierten Bulgaren und Serben feste Sitze genommen hatten. Im 9. Jahrh. unterbrach denselben das Eindringen der Magyaren (s. d.) in Ungarn, deren Kriegsfahrten nach Westen hin die sächsischen Könige ein Ziel setzten. Vgl. Wietersheim, Geschichte der V. (Leipz. 1858–64, 4 Bde.; neue Bearbeitung von Dahn, das. 1880–81, 2 Bde.); Pallmann, Geschichte der V. (Gotha u. Weim. 1863–64, 2 Bde.); Dahn, Die Könige der Germanen (Münch. u. Würzb. 1861–70, 6 Tle.); Derselbe, Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker (Berl. 1880–85, 3 Bde.); Gaupp, Die germanischen Ansiedelungen und Landteilungen in den Provinzen des römischen Westreichs (Bresl. 1844). H. Lingg hat die V. in einem Epos behandelt.

Volkhart, 1) Georg Wilhelm, Maler, geb. 23. Juni 1815 zu Herdecke (Westfalen), machte seine Studien auf der Akademie in Düsseldorf von 1831 bis 1840 und gehörte dann noch einige Jahre der Meisterklasse an. Seinem Erstlingswerk (1834): Christus als guter Hirt, ließ er, der damaligen romantischen Strömung entsprechend, mehrere Bilder aus dem romantischen Sagenkreis und dem historischen Genre folgen, dann wieder mehrere aus dem Leben Maria Stuarts. 1846 und 1847 hielt er sich in Rom auf und wurde dort zu einer phantasievollen Darstellung des Todes von Belsazar angeregt, dem 1848 Mattathias, den heidnischen Altar zu Modin umstürzend, folgte. Nach seiner Rückkehr malte er den Besuch Karls IX. und der Katharina von Medicis bei dem verwundeten Coligny, das Frühstück des Herzogs Alba bei der Gräfin von Rudolstadt (1850) und die Bitte der Gräfin von Helfenstein um das Leben ihres Gemahls. Später widmete er sich besonders der Porträtmalerei. Er starb 14. März 1876 in Düsseldorf.

2) Max, Maler, Sohn des vorigen, geb. 17. Okt. 1848 zu Düsseldorf, erhielt seine künstlerische Ausbildung auf der dortigen Akademie, dann bei Ed. v. Gebhardt, unter dessen Leitung seine ersten Bilder (unter andern Verbandstube in Gravelotte) entstanden. Später ging er wiederholt auf längere Zeit nach Belgien und Holland, wo er teils Bilder, teils Studien nach der Natur malte. In Rotterdam führte er auch 1881 ein großes Panorama aus, den Sieg des Prinzen von Oranien über die Spanier in der Land- und Seeschlacht bei Nieuport darstellend. Seine zahlreichen Gemälde, die in kleinerm Umfang meist einfache Szenen im Kostüm der letzten drei Jahrhunderte behandeln, zeichnen sich durch gewandte Pinselführung und glänzende Behandlung des Stofflichen im Anschluß an die alten Niederländer aus. Sorgfältige Beachtung des Zeitcharakters erhöht ihren Reiz. Hervorzuheben sind: Audienz, ein Rauchkollegium, viel Lärm um nichts, das neue Buch, der Parlamentär, ein Duett, der abgewiesene Freier.

Völklingen, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Trier, Kreis Saarbrücken, an der Saar, Knotenpunkt der Linie Saarbrücken-Konz der Preußischen Staatsbahn und der Eisenbahn Waldgassen-V., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, ein großes Eisenwerk, 2 Glashütten, eine chemische Fabrik (letztere in Ober-V.) und (1885) 6447 Einw.

Volkmann, 1) Alfred Wilhelm, Physiolog, geb. 1. Juli 1801 zu Leipzig, studierte daselbst seit 1821, später auch in London und Paris Medizin und Naturwissenschaft, habilitierte sich 1833 an der Universität zu Leipzig und erhielt 1834 eine außerordentliche Professur, folgte 1837 einem Ruf als Professor der Physiologie nach Dorpat und ging 1843 als Professor der Anatomie und Physiologie nach Halle, wo er 21. April 1877 starb. Er stellte besonders Untersuchungen an über die Physik der Blutbewegung, das Nervensystem, den Gesichtssinn und über die Muskelreizbarkeit. Von seinen Schriften sind zu nennen: „Anatomia animalium tabulis illustrata“ (Leipz. 1831–33, 2 Bde.); „Neue Beiträge zur Physiologie des Gesichtssinns“ (das. 1836); „Die Lehre von dem leiblichen Leben des Menschen“ (das. 1837); „Die Selbständigkeit des sympathischen Nervensystems“ (das. 1842, mit Bidder); „Hämodynamik“ (das. 1850); „De musculorum elasticitate“ (Halle 1856) und „Physiologische Untersuchungen im Gebiet der Optik“ (das. 1863–64, 2 Hefte).

2) Robert, Komponist, geb. 6. April 1815 zu Lommatzsch in Sachsen als Sohn des dortigen Kantors, genoß den ersten Klavier- und Orgelunterricht bei seinem Vater und konnte diesen schon als Knabe im Orgelspiel bei dem Gottesdienst ersetzen sowie ihm das Einstudieren der Sänger für die Kirchenmusiken abnehmen, wodurch er sich frühzeitig Routine im Partiturspiel erwarb. Auch machte er sich schon damals mit der Violine und dem Violoncello vertraut. Nach seiner Konfirmation kam er auf das Lehrerseminar in Zwickau, wo er Anackers Schüler

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b16_s0262.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2022)