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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16

darin, daß die Teilchen, welche sich zu einem Planeten zusammenballen, je nach ihrem ursprünglichen Abstand vom Kern der rotierenden Masse eine verschiedene Geschwindigkeit besitzen, daher die Tangentialgeschwindigkeit des aus diesen Teilchen gebildeten Planeten nicht genau die Größe erhält, die zur Entstehung einer kreisförmigen Bewegung nötig ist. Der Überschuß der Geschwindigkeit der von der Sonne entferntern Teilchen über die der nähern bewirkt auch die Rotation der Planeten um ihre Achse, die daher bei allen in gleicher Richtung erfolgt. Auch die Thatsache, daß die Planetenbahnen nicht genau in einer Ebene liegen, erklärt sich ungezwungen, wenn man bedenkt, daß die abgeplattete Dunstmasse eine gewisse Dicke besaß, innerhalb welcher es dem Zufall überlassen blieb, an welcher Stelle sich die zur Bildung eines Planeten günstigen Umstände vorfanden. Die von der Hauptmasse abgesonderten, um ihre Achsen rotierenden Planeten machten nun einen analogen Prozeß durch wie die ganze Masse; es sonderten sich von ihnen Ringe (beim Saturn) und Monde ab. Kant behandelt ausführlich die Bildung der Saturnringe aus der Atmosphäre des Planeten „vermittelst der von seinem Umschwung eingedrückten Bewegungen“ und berechnet auf Grund dieser Hypothese die Zeit seiner Achsendrehung, die er für den innern Ringrand gleich 10 Stunden findet (Herschel fand 1790: 101/2 Stunden). Auch das Zodiakallicht verdankt nach Kant seine Entstehung einem Ring, der sich in gleicher Weise von der bereits stark erkalteten und zusammengezogenen Sonnenatmosphäre abgesondert hat. Was endlich die Kometen betrifft, so denkt sich Kant, daß sie aus den feinsten und leichtesten Massenteilchen „in der obersten Gegend des Weltgebäudes“ gebildet sind. In seinen „Photometrischen Untersuchungen“ (1865) hat Zöllner versucht, sämtliche Erscheinungen, welche die Himmelskörper außer den Ortsveränderungen darbieten, auf Grund der Kantschen Hypothese zu erklären. – Unter W. versteht man endlich noch das Endliche und Kreatürliche im Gegensatz zum Unendlichen, Ewigen, zum Geist.

Weltachse, die gerade Linie, um welche sich in 24 Stunden die ganze Himmelskugel zu drehen scheint, in Wirklichkeit die verlängerte Erdachse; vgl. Achse.

Weltalter, s. Zeitalter.

Weltäther, s. v. w. Äther.

Weltauge, s. Opal.

Weltausstellungen, s. Ausstellungen.

Weltbrand (griech. Ekpyrose), der Untergang der Erde durch Verbrennung ihrer Stoffe, worauf eine neue Gestaltung der Dinge beginnen soll. Das Dogma vom W. findet sich besonders bei mehreren griechischen Philosophen, wie bei Heraklit, den Stoikern u. a.; auch die nordische Mythologie kennt ihn (s. Götterdämmerung).

Weltersche Röhre, s. Sicherheitsröhre.

Weltersches Bitter, s. Pikrinsäure.

Weltesche, s. Ygdrasil.

Weltgegenden (Himmelsgegenden), die Teilungspunkte des in 4, 8 oder 16 gleiche Teile geteilten Horizonts, wie sie für praktische Zwecke in der sogen. Windrose (s. Kompaß) dargestellt sind. Man findet die W., oder „man orientiert sich“, indem man sich mittags der Sonne zuwendet; dann hat man vor sich Süden, links Osten, rechts Westen, im Rücken Norden. Blickt man in der Nacht nach dem Polarstern, so hat man vor sich Norden, rechts Osten, links Westen, im Rücken Süden.

Weltgeistliche (Weltpriester, Leutpriester, Laienpriester, Clerici saeculares), im Gegensatz zu den Klosterpriestern und Regularklerikern Geistliche, welche keinem Orden angehören.

Weltgericht, s. Jüngstes Gericht.

Weltgeschichte, s. Geschichte.

Welthandel, s. Handel.

Welti, Emil, schweizer Staatsmann, geb. 1825 zu Zurzach im Kanton Aargau, studierte die Rechte in Berlin und Jena, ließ sich 1847 als Advokat (Fürsprech) in seinem Heimatskanton nieder, machte den Sonderbundskrieg als Freiwilliger mit, wurde 1856 Präsident des Bezirksgerichts in Zurzach, dann Mitglied des aargauischen Regierungsrats, vertrat seinen Kanton 1857–66 im Ständerat der Eidgenossenschaft, dessen Präsident er 1860 und 1866 war, wurde im Dezember 1866 in den schweizerischen Bundesrat und für die Jahre 1869, 1872, 1876, 1880 und 1884 zum Bundespräsidenten gewählt. Die neue schweizerische Militärorganisation von 1874 war hauptsächlich sein Werk, von der praktischen Durchführung derselben zog er sich jedoch schon in den ersten Jahren zurück. In der schweizerischen Armee bekleidete er den Rang eines Obersten.

Weltjahr, s. v. w. Platonisches Jahr, s. Jahr.

Weltkunde, in der weitesten Bedeutung s. v. w. Geographie; auch s. v. w. Astronomie.

Weltlehre, s. Kosmogonie und Kosmologie.

Weltlitteratur, s. Litteratur.

Weltordnung, das die ganze Welt zusammenhaltende (personlose) Gesetz, mag man darunter eine bloße Naturkraft (Gravitationsgesetz) oder eine sittliche Macht (sittliche W.) verstehen.

Weltpostverein. Die Bestimmungen für den internationalen Postverkehr waren ehemals durch zahlreiche Einzelverträge zwischen den verschiedenen Ländern geregelt, welche ein buntes Gemisch der mannigfaltigsten Tarif- und Verkehrspolitik darstellten. Nachdem durch Rowland Hills Postreform die belebende Wirkung einer billigen Einheitsbrieftaxe auf den Gesamtverkehr an einem Beispiel dargethan war, machte sich in den Postverträgen der neuern Zeit ein freierer Geist geltend, welcher den Postverkehr von territorialen Sonderbestrebungen zu befreien suchte. Den unermüdlichen Bestrebungen der deutschen Postverwaltung und ihres Leiters, des Staatssekretärs Stephan, gelang endlich 1874 die Verwirklichung des Gedankens, die Gesamtheit der Kulturvölker zu einer vertragsmäßigen Regelung des Postverkehrs auf Grundlage einer allgemeinen völkerrechtlichen Einigung zu verbinden. Auf Betreiben Deutschlands trat 1874 ein internationaler Postkongreß in Bern zusammen, dessen Ergebnis der allgemeine Postvereinsvertrag vom 9. Okt. 1874 war. Durch diesen Vertrag ist für das Postwesen ein völkerrechtlicher Verband geschaffen worden, wie er auf keinem andern Zweig des internationalen Völkerlebens besteht; derselbe behandelt das Gesamtgebiet der vertragschließenden Staaten als ein einziges Postgebiet, innerhalb dessen nicht nur vollste Freiheit des internationalen Verkehrs gewährleistet, sondern auch die gleichmäßige Behandlung aller Sendungen der Hauptsache nach sichergestellt wurde. Das Werk des Berner Vertrags ist seitdem durch weitere internationale Postverträge weiter ausgebaut und befestigt worden. Durch eine Konferenz 1876 wurden Bedingungen für den Beitritt aller überseeischen Länder festgestellt. Ein Kongreß zu Paris 1878 beseitigte die noch vorhandenen Ungleichheiten der Portotaxen im Verkehr der kontinentalen Länder unter sich einerseits und mit den überseeischen Ländern anderseits und schuf den allgemeinen Postverein zu einem „W.“ um; ferner zog derselbe

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 527. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b16_s0527.jpg&oldid=- (Version vom 11.8.2022)