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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16

Orchideen und Aroideen auftretenden Luftwurzeln, welche eine eigentümliche, aus stellenweise perforierten Spiralfaserzellen gebildete Hülle (Wurzelhülle oder velamen) besitzen und die Fähigkeit haben, den Wasserdampf der Atmosphäre zu kondensieren. Ein Luftwurzelstück von Epidendron elongatum ist im stande, während eines Tags mehr als den neunten Teil seines Gewichts an Wasser aufzunehmen. Hieraus erklärt sich die Thatsache, daß manche baumbewohnende Orchideen nach Loslösung von ihrer Unterlage noch monatelang fortzuwachsen und unter Umständen auch zu blühen vermögen. Bei Angraecum globulosum nehmen die ergrünenden Luftwurzeln sogar die Funktion der Blätter an, welche bei derselben zu Schuppen verkümmert sind. Die zum Festhalten der Stämme an ihrer Unterlage dienenden Wurzeln (Haftwurzeln) des Epheus weichen ebenfalls ihrer besondern Thätigkeit entsprechend in ihrem Bau von den gewöhnlichen Wurzeln ab. Bei manchen Jussiaea-Arten sind die Wurzeln zu Schwimmorganen (Schwimmwurzeln) ausgebildet, welche angeschwollene, schwammige Körper mit sehr großen Lufträumen in der Rinde darstellen und hierdurch das Flottieren der Pflanze im Wasser ermöglichen. Auch können sich die Wurzeln einiger Palmen zu Dornen oder bei Vanilla zu Ranken umwandeln. Bei den Podostomeen nehmen sie in einzelnen Fällen die Gestalt eines breiten, der Unterlage flach aufliegenden Thallus an, der grüne Laubsprosse erzeugt. Endlich können sich Wurzeln z. B. bei Neottia und Anthurium direkt in Sprosse umbilden. Über die Saugwurzeln der Schmarotzerpflanzen s. Haustorien.

Wurzel, in der Mathematik die Zahl, welche man durch Zerlegung einer gegebenen Zahl, des Radikanden, in mehrere gleich große Faktoren erhält; die Anzahl dieser Faktoren heißt der Wurzelexponent, und nach ihr wird die W. benannt. Es ist z. B. 8 die zweite W. oder Quadratwurzel aus 64 , weil ist; 5 die dritte W. oder Kubikwurzel aus 125 , weil ist; 6 die vierte W. oder Biquadratwurzel aus 1296 , weil ist; 2 die fünfte W. aus 32 , weil ist, etc. Das Wurzelzeichen , bei längern Zahlen oben noch durch einen Horizontalstrich verlängert, ist aus dem Anfangsbuchstaben r des lateinischen Wortes radix = W. entstanden; die Wurzelexponenten, mit Ausnahme der 2, werden demselben in der angegebenen Weise beigeschrieben. Das Ausziehen der W. aus einer gegebenen Zahl, d. h. die Berechnung der W. (das Radizieren), erfolgt am raschesten mittels Logarithmen (s. Logarithmus), und bei Wurzeln höhern Grades wendet man fast immer dieses Hilfsmittel an. Nachstehend soll daher nur das Ausziehen der Quadrat- und Kubikwurzeln ohne Logarithmen erklärt werden.

Um die Quadratwurzel aus einer gegebenen ganzen Zahl, z. B. , zu ziehen, teile man

1) dieselbe von rechts nach links durch Vertikalstriche in Klassen von je 2 Ziffern: ; nur die höchste Klasse (links) erhält bei ungerader Zifferzahl bloß eine einzige Ziffer. 2) Unter den Quadratzahlen


suche man die größte, die sich von der höchsten Klasse subtrahieren läßt ; ihre Quadratwurzel ist die erste Ziffer des Resultats. Das Quadrat selbst subtrahiere man von . 3) An den Rest hänge man die Ziffern der nächsten Klasse und schreibe daneben als Divisor das Doppelte des bisher erhaltenen Resultats . 4) Man führe die Division aus, lasse aber dabei die letzte Ziffer des Dividenden unbeachtet. 5) Der Quotient ist die zweite Ziffer des Resultats und wird einesteils der ersten Ziffer , andernteils dem Divisor angehängt (vgl. die beistehende Rechnung A), worauf man von abzieht und den Rest erhält. Bei der Division muß man den Quotienten immer so wählen, daß diese Subtraktion möglich ist; man darf also in dem gegebenen Fall nicht setzen, weil sich nicht von subtrahieren läßt.

A.

6) An den bei der Subtraktion erhaltenen Rest hängt man die Ziffern der nächsten Klasse und dividiert mit dem Doppelten des Resultats , also mit , in , indem man die letzte Ziffer von vorläufig unbeachtet läßt. Der Quotient ist die nächste Ziffer des Resultats, wird aber auch an den Divisor angehängt, worauf man von subtrahiert und den Rest erhält. Mit diesem Rest und dem Resultat wiederholt man nun dasselbe Verfahren, d. h. die Operationen 3) bis 5), wodurch man noch die Ziffer des Resultats erhält, wobei die Rechnung aufgeht. Es ist also die gesuchte W. (Vgl. A, wo die an die Divisoren angehängten Quotienten durch kleinere Schrift ausgezeichnet sind.) Es gründet sich das hier erläuterte Verfahren auf die Formel ; ist der bereits bekannte Teil der Quadratwurzel, der durch Division mit in den Rest zu findende Teil. 7) Wenn bei wiederholter Ausführung der Operationen 3) bis 6) alle Klassen heruntergenommen sind, ohne daß die Rechnung aufgeht, so läßt sich die Quadratwurzel nicht genau angeben (sie ist irrational). Man kann aber durch Wiederholung der genannten Operationen, indem man statt der „2 Ziffern der nächsten Klasse“ je 2 Nullen an den Rest anhängt, beliebig viele Dezimalstellen der W. ausrechnen (vgl. die Rechnung B).

B.
C.

8) Kommt bei einer Division der Quotient Null heraus, so hänge man denselben an das Resultat und den Quotienten, nehme sodann die nächste Klasse herunter und dividiere weiter. (Vgl. die Rechnung C, wo den Quotienten gibt, worauf man erhält.) 9) Geht die Subtraktion auf, und bleiben noch eine oder mehrere Klassen übrig, die lauter Nullen enthalten, wie in C, so hängt man an das bis dahin erhaltene Resultat so viel Nullen, als noch Klassen da sind. In C ergibt sich also als W. 10) Soll man die Quadratwurzel aus einer Zahl ziehen, die mit einem Dezimalbruch behaftet ist, so beginnt man die Abteilung in Klassen von je 2 Ziffern vom Dezimalkomma aus, in den Ganzen nach links, in den Dezimalen nach rechts gehend; dabei kann man der letzten Klasse (rechts) in den Dezimalen, wenn sie nur eine einzige Ziffer enthält, eine Null anhängen.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 788. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b16_s0788.jpg&oldid=- (Version vom 2.11.2022)