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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16

(„Russischer Invalide“), gegründet 1813, ist offizielles Organ des Kriegsministeriums, der „Wjésstnik finánssow“ („Finanzbote“), gegründet 1883, offizielles Organ des Finanzministeriums. Die beiden größten Tagesblätter sind: „Nówoje Wrémja“ („Neue Zeit“), gegründet 1868, das Organ der russischen Nationalisten, und „Nówossti“ („Neueste Nachrichten“), gegründet 1870, das Organ der liberalen Doktrinäre. Das konservative Element vertreten die „Peterbúrgskija Wjédomossti“, den panslawistischen Chauvinismus der „Swjet“ („Welt“), gegründet 1884. Alle diese Blätter erscheinen in Petersburg, wo auch zwei deutsche Tagesblätter: die bereits erwähnte „St. Petersburger Zeitung“ und der „St. Petersburger Herold“ (gegründet 1875), herausgegeben werden. In Moskau ist das bedeutendste Blatt die „Russkija Wjédomossti“ („Russische Zeitung“), gegründet 1871, während Katkows „Mosskówsskija Wjédomossti“ („Moskauer Zeitung“), gegründet 1755, nach dessen Tod alle Bedeutung eingebüßt haben. Unter den Provinzblättern steht obenan der in Kiew erscheinende „Kijewljanin“ („Der Kiewer“); der in Warschau herausgegebene „Warscháwsski Dnewnik“ („Warschauer Tageblatt“) ist ein halbamtliches Organ und wird in der Kanzlei des Generalgouverneurs zensiert. Das verbreitetste Unterhaltungsblatt ist die illustrierte Wochenschrift „Niwa“ („Das Feld“), im Format der „Gartenlaube“, 1889 begründet und herausgegeben von einem Deutschen, Adolf Marcks, und das gediegenste illustrierte Blatt die „Wssemirnaja Illustrázija“ („Allgemeine Illustrierte Zeitung“), gleichfalls seit 1868 von einem Deutschen, Hermann Hoppe, begründet und herausgegeben. Unter den Monatsschriften sind der „Wjésstnik Jewrópy“ („Europäischer Bote“), der Vertreter des westeuropäischen Liberalismus, und die „Rússkaja Sstariná“ („Russisches Altertum“) zu nennen. Den konservativen und nationalistischen Prinzipien dient die Revue „Rússkij Wéstnik“ („Russischer Bote“). Durchschnittlich kommt in Rußland ein politisches Tagesblatt auf 500,000 Einw. In Russisch-Polen erschienen 1889: 79 (Hauptorgan: „Kurjer Warszawski“ in Warschau), in Österreich etwa 115, in Preußen etwa 45 politische und nichtpolitische Z. in polnischer Sprache; die polnische Oppositionspresse hatte ihren hauptsächlichen Sitz im Ausland. Größere journalistische Thätigkeit entwickelte sich in Finnland, wo vor 25 Jahren schon 7 finnische und 10 schwedische Z. erschienen. – In Serbien erschienen 1886: 57 serbische Zeitschriften (darunter 17 politische), in Bulgarien 10 bulgarische Z., davon 8 in Sofia. – In Griechenland zählte man 1844: 20 periodische Blätter, unter ihnen 7 politische, die meist in Athen erschienen, 1877: 72, davon 51 politische, und 2 in französischer Sprache. – In Rumänien (Bukarest und Jassy) erschienen 1886: 102 Blätter, darunter 25 fachwissenschaftliche, dazu kommen 18 rumänische Zeitschriften (darunter 8 politische), die innerhalb der österreichischen Staaten erschienen. – In der Türkei ist die Presse vorwiegend in französischen Händen. Unter den 45 periodischen Blättern, die in Konstantinopel erscheinen, sind die verbreitetsten: in französischer Sprache „La Turquie“, „Levant Herald“ (französisch und englisch), „Stamboul“, „Phare du Bosphore“, „Moniteur Oriental“, in griechischer: „Neológos“, „Konstantinúpols“, „Byzantis“; in türkischer: „Tarîk“, „Seadet“, „Terdschumân-i Hakîkat“ und „Misân“, daneben einige Z. in armenischer Sprache; andre erscheinen in Alexandria, Beirut etc.

Was die übrigen Weltteile betrifft, so beschränkt sich das Zeitungswesen keineswegs mehr auf die europäischen Kolonien, wenigstens in Asien nicht, wo in China z. B. zu Peking ein amtliches Regierungsblatt, „King-Kao“, erscheint, welches amtliche Veränderungen, Verordnungen u. dgl. enthält. Einen großartigen Aufschwung hat die Zeitungspresse in Japan genommen. 1879 erschienen dort 266 Z. in japanischer Sprache, doch soll sich nach spätern Angaben (1886) ihre Zahl auf 2000 gesteigert haben. Von den chinesischen und japanischen Z. sind die „China Mail“, der „Japan Herald“ und der deutsche „Ostasiatische Lloyd“ zu nennen, die hauptsächlich eine Verbindung Europas mit diesen Ländern vermitteln. In Ägypten erscheinen schon seit einem halben Jahrhundert zu Kairo in türkischer und arabischer Sprache die „Ägyptischen Begebenheiten“. In Algerien erscheinen einige Tagesblätter in französischer und in französisch-arabischer Sprache zu Algier. In Afrika bringen außerdem das Kapland und die Nachbarkolonien die meisten Z. hervor, sie haben indes alle nur lokale Bedeutung. Am höchsten entwickelt ist die Presse in Ostindien, wo sie natürlich ganz nach englischem Muster eingerichtet ist. Wir nennen die „Calcutta Gazette“, die seit 1784 besteht, die „Bombay Times“, die „Times of India“, die „Madras Gazette“ als die gelesensten. Dabei gibt es in den Sprachen des Landes noch eine Menge Zeitschriften, deren Gesamtzahl auf 644 (darunter 244 in englischer Sprache) geschätzt wird. In Niederländisch-Indien zählte man 1889: 30 Blätter (9 in Batavia, 7 in Surabaja, 5 in Samarang, 2 in Padang und je eine in Cheribon, Tegal, Surakarta, Dschokdschokarta, Probolinggo, Makassar und Dili). Von den 30 Z. werden 21 in holländischer und 9 in malaiischer, bez. javanischer Sprache gedruckt. Ein reiches Preßleben entwickelt auch Australien, wo die Z. natürlich hauptsächlich in englischen Händen sich befinden. In Neusüdwales bestanden schon 1841: 29 Z., unter denen der „Sidney Herald“ heute noch die bedeutendste ist. In Adelaide allein erschienen schon 1851: 13 Z., darunter 2 deutsche; jetzt gibt es deren 25, von denen 3 täglich, die Mehrzahl wöchentlich erscheinen; darunter gibt es eine illustrierte Wochenschrift und 2 Witzblätter. Auch in Queensland erscheinen bereits 13 Z.

Die großartigsten Dimensionen hat das Zeitungswesen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika angenommen. Der Zeitungsreichtum dieses Landes wird von keinem Lande der Welt erreicht. In Einem Jahrhundert ist ihre Zahl von 37 auf 12,500 gestiegen. Am 25. Sept. 1690 erschienen zum ersten- und letztenmal die „Public Occurrences“, die sofort von der Regierung unterdrückt wurden. Mit den seit 1704 ebenfalls in Boston erscheinenden „News Letters“ hebt aber die Geschichte der amerikanischen Presse an. Ihr rasches Wachstum datiert vom Jahr 1750, in welchem in sämtlichen Kolonien erst 20 Z. erschienen. 1775 erschienen 35 Z., 1800: 150, 1885: 13,494 periodische Druckschriften, darunter 1183 täglich, 10,082 wöchentlich erscheinende, in einer Gesamtauflage von ca. 32 Mill. Nummern, wovon 3,6 Mill. auf Tagesblätter kamen. Von diesen Z. waren ca. 9000 politischen Inhalts, und 10,515 erschienen in englischer, 641 in deutscher, 41 in französischer, 26 in spanischer, 49 in skandinavischer, 3 in indianischer, 2 in chinesischer Sprache etc. Der Hauptverlagsort ist New York, wo es 25 große Tagesblätter gibt (über 100,000 Exemplare: „Herald“, „Daily News“, „World“, „Times“, „Morning Journal“, „Sun“ etc.). 1889 wurden 120 Z. von Negern herausgegeben

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 853. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b16_s0853.jpg&oldid=- (Version vom 10.10.2022)