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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16

Korrespondenzblatt zum sechzehnten Band.
Ausgegeben am 30. Januar 1890.

Amtsrichter C. in K., Bela v. Mocsary in Ungvár u. a. Die mit dem Fortschreiten des Konversations-Lexikons sich mehrenden Anfragen nach dem, was nach der Beendigung des Werkes von seiten des Herausgebers geschehen wird, um dasselbe auf dem Laufenden zu erhalten, können wir dahin beantworten, daß allerdings beabsichtigt ist, einige Ergänzungsbände folgen zu lassen. Über den zunächst erscheinenden Ergänzungs- und Registerband, der im engsten Zusammenhang mit den vorausgegangenen Bänden und in der bisherigen Weise als 17. Band sich unmittelbar anschließen wird, verweisen wir Sie auf die umstehende besondere Anzeige.

Die Weiterführung des Werkes werden darauf einige Jahres-Supplemente übernehmen, die in jährlichen Zwischenräumen über die Ereignisse der Gegenwart und die Fortentwickelung der allgemeinen Wissensgebiete in lexikalischer Form berichten sollen. In dieser direkten Anlehnung an das Hauptwerk, die im Gegensatz zu den zerstreuten, schnell wieder verlornen Notizen der Zeitschriften zusammenfassende, übersichtliche Berichte ermöglicht, bilden diese „Jahres-Supplemente“ eine unentbehrliche Fortsetzung des Werkes, ihrem Inhalt nach aber zugleich encyklopädische Jahrbücher, die unser Konversations-Lexikon auf längere Zeit vor dem Veralten sichern werden.

Umfang und Preis werden die gleichen sein wie bei den bisherigen Bänden.


Wiesert in Königsberg. Den Artikel „Stätigkeit“ werden Sie im Supplementband finden.

O. Clebsch in Hannover. Das von Ihnen empfohlene Werk von Pietraszewski über Zoroaster hat als ein ganz verfehlter Versuch eines sprachunkundigen Dilettanten längst seine Verurteilung erfahren.

J. in Dresden. In dem von Ihnen angeführten Fall dürfte allerdings eine Bereicherungsklage nach § 83 der deutschen Wechselordnung zu erheben sein. Sie finden diese gesetzliche Bestimmung im Artikel „Wechsel“. Übrigens wird der Ergänzungsband einen Artikel „Bereicherungsklage“ bringen und zwar unter Bezugnahme auf den Artikel Condictio im vierten Bande des Lexikons.

Dr. v. Kleist in R… Auf Ihren Wunsch bringen wir über die Ausgrabungen zu Marzabotto folgenden Nachtrag: Wenige Meilen südlich von Bologna erblickt man von der nach Pistoja führenden Eisenbahn aus das stattliche Schloß des Grafen Aria, zu welchem man von der Station Marzabotto gelangt. Schon der Graf Giuseppe Aria (seit 1831) und dann sein Sohn Pompeo haben auf dem im Süden des Bahnhofs zum Reno hinziehenden Plateau Ausgrabungen veranstaltet und eine bisher unbekannte Etruskerstadt teilweise bloßgelegt. Dieselbe gehörte dem 5. Jahrh. v. Chr. an und muß bald nach dem Gallischen Brand untergegangen sein. Die Stadt war regelmäßig (in Form eines Rechtecks) angelegt und mit einer Mauer umgeben. Die einzelnen Häuser standen isoliert und hatten an den Seiten Abzugsgräben, welche in Kanäle mündeten, die sich unmittelbar vor den Häusern an der Straßenfronte hinzogen. Von den Hausthüren führten breite Steine zu den hochgelegenen Fußwegen, welche den Straßendamm einrahmten. Während der meist aus Holz bestehende Oberbau der Häuser der Zeit zum Opfer gefallen ist, sind die aus unbehauenen Steinen ohne Mörtelverbindung aufgeführten Grundmauern vielfach erhalten. Die hier in den die Stadt umschließenden Steingräbern und in der auf einem benachbarten Hügel gelegenen Burg gefundenen Altertümer, wie griechische und etruskische Thongefäße, Schmucksachen aus Bronze u. Gold etc., sind im Museum des Schlosses aufgestellt. Die späte Anlage der Stadt am Nordabhang des Apennin spricht für die Ansicht, daß die Etrusker von Süden her (nicht umgekehrt) in die Poebene gelangt sind. Vgl. E. Brizio, Una Pompei Etrusca a Marzabotto nel Bolognese (Bolog. 1887).

O. S. in Darmstadt. Wir lassen anonyme Zuschriften unbeachtet.

H. K. in Kulm. Wenn die Mitteilungen über die Arsenikesser verschieden lauten, so ist anzunehmen, daß die Folgen des Arsenikgenusses vielfach von den Verhältnissen abhängig sind. Jedenfalls würde man nur warnen können, die Sache zu versuchen, und wir versagen uns, über die Anfangsdosis und die Steigerung derselben genauere Mitteilungen zu machen. Arsenik sich zu verschaffen, wird den Arsenikessern ebensowenig schwer fallen wie den Südslawen die Beschaffung von Quecksilberchlorid für viel verwerflichere Zwecke. Es finden sich überall Leute, die an nichts als an ihren Vorteil denken.

K. Burger in Köln. Die Philosophie bezeichnet als „Phänomenalismus“ die Lehre, welche sich auf die Betrachtung der (geistigen oder körperlichen) Erscheinungen einschränkt und diese als das allein Wirkliche ansieht. Derselbe ist idealistisch, wenn er als die einzigen Phänomene (wie Berkeley) Vorstellungen, also Bewußtseinsvorgänge, dagegen realistisch, wenn er als die einzigen Phänomene (wie Comtes u. a. Positivismus) physische Vorgänge (Bewegungen) gelten läßt.

v. Th. in Hessen. Das Schloß Caprarola wurde in der Mitte des 16. Jahrh. für den Kardinal Alessandro Farnese, Enkel Pauls III., erbaut, kam später in den Besitz der neapolitanischen Bourbonen und ist jetzt Eigentum des Exkönigs Franz von Neapel.

A. Schlosser in Dresden. Unter „heilige Stätten“ (luoghi santi, lieux saints) versteht man besonders die durch Jesus Christus geheiligten Orte und Gebäude in Palästina, von denen das Heilige Grab am wichtigsten ist; die Heiligen Stätten bilden unter türkischer Landeshoheit einen gemeinschaftlichen Besitz (Kondominium) von sechs Kirchen, der Römisch-Katholiken oder Lateiner, der Griechen, der Armenier, der jakobitischen Syrer, der Kopten und der Abessinier, und haben daher wiederholt Anlaß zum Streit, 1853 sogar zum Krimkrieg gegeben.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 16. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 1025. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b16_s1025.jpg&oldid=- (Version vom 21.4.2022)