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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

auf, bei Grubenbränden Kohlenoxyd und bei gewissen Betrieben Quecksilber- und Arsenbrände; am gefürchtetsten sind die „schlagenden“ Wetter, und gegen alle diese Gefahren bleibt ausreichende Ventilation das wirksamste Mittel. Die Einatmung des Staubes erzeugt das sogen. Schwarzspucken, Asthma, Lungenemphysem, Anthrakosis etc. Infolge der mangelhaften Beleuchtung der Gruben tritt Augenzittern (Nystagmus) auf und bei schlechter Ernährung Anämie, welche bisweilen aber auch durch Eingeweidewürmer (Anchylostomum) erzeugt wird. Infolge der übermäßigen Anstrengung der Muskeln, Gelenke und Sehnen entstehen Herz- und Gelenkleiden u. andre Krankheiten. Quelle vieler Erkrankungen ist ferner die Einatmung der Explosionsgase bei der Schießarbeit, gegen welche außer durch Ventilation auch durch die Bemühungen angekämpft wird, einen Sprengstoff zu finden, der möglichst wenig schädliche Gase erzeugt. Alle diese übeln Einflüsse bedingen es, daß der Bergmann in verhältnismäßig jungen Jahren arbeitsunfähig, „bergfertig“ wird, und die Behörden wie die Grubenverwaltungen haben sich daher schon seit längerer Zeit veranlaßt gesehen, durch Gesetze, Verordnungen, wirtschaftliche und technische Einrichtungen die größten Übelstände zu beseitigen oder doch herabzumindern. Im allgemeinen bestehen daher auch beim B. bessere Einrichtungen als auf den meisten Gebieten der übrigen Industrie, wenngleich im einzelnen noch sehr viel zu wünschen übrigbleibt. Für die Nachbarschaft wird der B. bedeutungs- und oft verhängnisvoll durch Bodensenkungen, Wasserentziehungen, die ausziehenden Grubenwetter, Gase und Dämpfe und durch die Grubenwässer. Die Senkungen, verursacht durch die Bildung großer Hohlräume, wo vordem das nutzbare Mineral lag, oder durch Entwässerung sehr wasserhaltiger Gebirgsschichten beim B., erfolgen allmählich oder plötzlich und sind dem entsprechend mit größern oder geringern Gefahren verbunden. Die durch den B. verursachten Wasserentziehungen nötigen den B. oft zu erheblichen Entschädigungen, auch werden zur Sicherung von Heilquellen strenge bergpolizeiliche Vorschriften erlassen. Die Ausströmungen aus Schächten und Spalten werden meist nur beim Feuersetzen, welches jetzt bei uns eingestellt ist und bei Grubenbränden lästig. Auch Haldenbrände können gesundheitsschädlich wirken. Grubenwässer sind wie Haldenwässer von sehr verschiedener Beschaffenheit, sie enthalten bisweilen Metallsalze, reagieren stark sauer und setzen an der Luft Ocker ab. Sollen sie in öffentliche Wasserläufe geleitet werden, so ist erforderlich, Säuren und Salze zuvor durch gebrannten Kalk zu beseitigen.

Zur Litteratur: Festenberg-Packisch, Der deutsche B. (Berl. 1885); v. Hauer, Die Wettermaschinen (Leipz. 1889).

Bergedorf, (1885) 5209 Einw.

Bergen, 1) Rügen, (1885) 3732 Einw. – 2) Marktflecken, Regierungsbezirk Kassel, (1885) 3366 Einw.

Bergerac, (1886) 11,867 (Gemeinde 14,353) Einw.

 Bergerat (spr. bersch’rá), Auguste Emile, franz. Schriftsteller, geb. 29. April 1845 zu Paris, nimmt im Pariser Journalismus als Chroniqueur eine hervorragende Stellung ein. Besonders weiß er mit seinen phantastischen Plaudereien im „Figaro“ (unter dem Namen Caliban) durch Anspielungen auf lokale Verhältnisse, auf die neuesten Kulissen- und Boulevardgeschichten das Pariser Publikum zu fesseln, während seine scheinbaren Gedankensprünge Fernerstehenden leicht unverständlich sind. Gesammelt erschienen diese Beiträge in den Bänden: „Vie et aventures du Sieur Caliban, décadence française“ (1886) und „Le livre de Caliban“ (1887). Er hat sich außerdem im Roman versucht: „Faublas malgré lui“ (1883), „Le viol“ (1886), der in demselben Jahr unter dem Titel: „Flore de Frileuse“ einmal nur über die Bretter des Ambigu-Theaters ging, wie er denn überhaupt als Bühnendichter kein Glück hatte. Bald sind seine Stückes zu realistisch, wie das eben genannte, bald zu hochpoetisch, aller Bühnenkonvention spottend, wie „Enguerrande“ (1885) mit einer Vorrede von Théodore de Banville), und nur, wenn er sich einer Mitarbeiterschaft anbequemt, wie bei „Ange Bosani“ (mit Armand Silvestre), lächelt ihm der Erfolg. Seine dramatischen Werke veröffentlichte er 1886 unter dem ironischen Titel: „Ours et fours“ (etwa „Fiaskos und Lückenbüßer“). B., ursprünglich Maler, gab auch illustrierte Künstlerbiographien: „Biographies contemporaines“ (1875), heraus, ferner die „Chefs d’œuvre d’art à l’Exposition universelle“ (1878). Dem Andenken seines Schwiegervaters widmete er die pietätvollen „Souvenirs de Théophile Gautier“ (1875).

Berggießhübel, (1885) 1423 Einw.

Bergheim, 2) Oberelsaß, (1885) 2586 Einw.

 Bergjuden, im Gebiet des Kaukasus in kleinern oder größern Gemeinden lebender Volksstamm israelitischen Glaubens, 30,000 Köpfe stark, die überall in gesonderten Gruppen in bestimmten Teilen der Ortschaften zusammenwohnen und eigentümliche orientalische Kleidung tragen. Sie sind hervortretend kurzköpfig und sollen aus Kleinasien und Babylonien im 3. u. 2. Jahrh. v. Chr., wahrscheinlich aber bereits im 7. oder 6. nach dem Kaukasus und von dort durch Rußland und Polen bis nach Deutschland gekommen sein, wo sie mit den spanischen langköpfigen Juden zusammenstießen. Während diese Semiten sind, gehören die sogen. russischen Juden, denen auch die B. zuzurechnen sind, wahrscheinlich einer andern Rasse an, d. h. sie sind keine Semiten der Abstammung nach. Ihr langsames Vorrücken durch Persien erklärt ihre Tatsprache neben dem Aserbeidschântatarisch. Nach der Überlieferung siedelten sich nach der babylonischen Gefangenschaft Juden allmählich in Transkaukasien an, beginnend am Südwestufer des Kaspischen Meers und bis zum Südostufer des Schwarzen Meers, wie griechische, von Juden herrührende Synagogeninschriften aus dem 1. Jahrh. v. Chr. bis ins 3. Jahrh., aufgefunden in Anapa, Kertsch, Olbia, beweisen.

Bergmann, 1) Friedrich Wilhelm, Philolog, starb 13. Nov. 1887 in Straßburg.

 Bergmann, 4) Ernst von, Chirurg, geb. 16. Dez. 1836 zu Royen in Livland, studierte zu Dorpat, Wien und Berlin, promovierte 1860, wurde dann Assistent an der chirurgischen Klinik in Dorpat und habilitierte sich 1864 daselbst. 1866 leitete er das Kriegslazarett zu Königinhof in Böhmen und 1870–71 die Barackenlazarette zu Mannheim und Karlsruhe. 1871 wurde er Professor der Chirurgie in Dorpat und 1877 konsultierender Chirurg der russischen Donauarmee. 1878 ging er als Professor und Oberwundarzt des Juliusspitals nach Würzburg, und 1882 folgte er einem Ruf als Nachfolger Langenbecks nach Berlin. Er wirkt hier als ordentlicher Professor der Chirurgie und Direktor der chirurgischen Universitätsklinik. B. schrieb: „Zur Lehre von der Fettembolie“ (Dorpat 1864); „Die Lepra in Livland“ (das. 1867); „Das putride Gift“ (das. 1868); „Die Lehre von den Kopfverletzungen“ (Stuttg. 1880); „Die Resultate der Gelenkresektionen im Krieg“ (Gieß. 1872); „Die Behandlung der Schußwunden des Kniegelenks im Krieg“ (Stuttg. 1878); „Die Fermentintoxikationen“ (mit

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0123.jpg&oldid=- (Version vom 1.4.2022)