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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

mit den Seebeben in ursachlicher Verbindung. In einigen wenigen Fällen läßt sich eine lineare Fortpflanzung des submarinen Stoßes nachweisen, in den weitaus meisten Beispielen ist es jedoch ein vertikal von unten nach oben gerichteter Stoß, von dem das Schiff getroffen wird. Die submarinen E. haben demnach in vieler Hinsicht Ähnlichkeit mit einer gewissen Klasse von E., welche, wie diejenigen der Insel Ischia, eine hohe Intensität des Stoßes und enge Beschränkung des Schüttergebiets als charakteristische Eigentümlichkeiten an sich tragen. Die sogen. Erdbebenflutwellen stehen in keinem genetischen Zusammenhang mit den Seebeben: Seebeben werden durch seismische Erschütterung des Meeresbodens verursacht. Erreichen die Erdbebenwellen die Grenzfläche des Meeresgrundes und der ozeanischen Wassermasse, so werden sie gebrochen und treten in das elastische Medium des Wassers über. In demselben verbreiten sich die Wellen mit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles im Wasser und machen sich, sobald sie auf ein andres Medium, z. B. einen Schiffskörper, treffen, als Stoß bemerkbar. Hat die wellenerregende Erschütterung aufgehört, so endet auch die Stoßwelle im Wasser. An der Oberfläche des Meers kann die kurze, intensive Stoßwelle keinerlei Oberflächenwellen hervorrufen, nur die senkrecht zur Meeresfläche gerichteten Stöße durchbrechen die gespannte kapillare Oberflächenhaut des Wassers und werfen kleine Strahlen auf. Die mit den unterseeischen E. häufig gleichzeitig auftretenden Flutwellen verdanken ihre Entstehung gewaltigen submarinen Eruptionen. Die geographische Verbreitung der seismischen u. vulkanischen Phänomene über die drei großen Ozeane veranschaulicht die beifolgende Karte. Im Atlantischen Ozean lassen sich mehrere Gebiete erkennen, in denen die Äußerung der seismischen Energie eine besonders rege ist. Zu beiden Seiten des Äquators vom 16. bis 31.° westl. L. liegt eine Zone, die durch einen völlig erdbebenfreien, ungefähr 3° breiten Raum in zwei Unterabteilungen getrennt ist; die östliche größere ist als äquatoriale Region bezeichnet, während die westliche zum größern Teil östlich des St. Pauls-Felsens liegt, nach dem sie die seismische Zone des St. Pauls-Felsens heißt (s. Karton auf der Karte). Die Azoren bilden ein zweites Zentrum, in dem die seismischen und vulkanischen Kräfte in voller Thätigkeit sind; ein drittes liegt in der westindischen und Virginentiefe. Submarine E. und Eruptionen kommen im allgemeinen in allen Meerestiefen vor, in der Flachsee wie in der Tiefsee, auf den unterseeischen Rücken wie in den eigentlichen Depressionsgebieten. Die Häufigkeit und Intensität in der Äußerung der seismischen und eruptiven Kräfte ist nicht von der Entfernung von thätigen oder erloschenen Vulkanen abhängig. Es gibt habituelle Stoßgebiete und ganz seebebenfreie Meeresteile; außerdem treten Seebeben vereinzelt und zerstreut über den Ozean auf. Die Verbreitung der Seebeben im Indischen Ozean und im Pacific bestätigt im wesentlichen die im Atlantic gewonnenen Resultate. Vgl. „Transactions of the Seismological Society of Japan“; J. Milne, Earthquakes and other earth movements; Rudolph, Submarine E. und Eruptionen (Stuttg. 1887).

Erde. Über Dichte, Aggregatzustand und Temperatur des Erdinnern sowie über die wahrscheinliche Dicke der Erdrinde gehen die Ansichten der Physiker und Geologen weit auseinander. In anbetracht des hohen Starrheitgrades der E. und des scheinbaren Fehlens der körperlichen Gezeiten schreiben die erstern der Erdkruste eine große Dicke und der ganzen Erdmasse eine hohe Festigkeit zu; die vulkanische Thätigkeit, Faltung der Schichten in den Gebirgen, die Beispiele einer allgemeinen Biegsamkeit noch in den jüngsten geologischen Zeiten, das Ansteigen der Temperatur in der Erdkruste mit zunehmender Tiefe sind für die Geologen ebenso viele Beweise für eine geringe Dicke der Erdrinde und ein darunter befindliches, dem Druck dieser letztern nachgebendes Substrat. Direkter Beobachtung ist nur ein kleiner Bruchteil der Dicke der Erdrinde zugänglich; die größte Tiefe, bis zu welcher man in Bergwerken und Bohrlöchern das Thermometer versenkt hat, beträgt etwa 1300 m (1/5000 des Erdradius). Die längs einer so kleinen Strecke über die Tiefentemperatur gemachten Beobachtungen sind überdies, wie sich aus der Natur der Sache ergibt, mit so vielen Fehlern behaftet, daß ein ganz sicheres Resultat sich daraus kaum entnehmen läßt. Die großen Unterschiede in den beobachteten Temperaturen haben dazu geführt, die letztern zu klassifizieren, da je nach den geologischen Verhältnissen

Fig. 1. Verlauf der Isogeothermen.

auch die störenden Einflüsse verschiedener Art sind: 1) Kohlenbergwerke, 2) Erzbergwerke, 3) artesische Brunnen und Bohrlöcher, 4) Tunnels. Von allgemeinstem Einfluß auf den Verlauf der Isogeothermen sind nicht nur Bergmassive, sondern selbst kleinere Unebenheiten der Erdoberfläche, wie Fig. 1 veranschaulicht.

Der Eingang zum Schacht liegt 120 m ü. M., die Tiefe beträgt 108 m. Das Kohlenlager ist auf eine Entfernung von 2129 m verfolgt, wo dasselbe 57 m tiefer liegt im Verhältnis zum Meeresspiegel als am Anfang. Dieser Tiefendifferenz würde eine Temperaturzunahme von fast 2° entsprechen, in der That beträgt sie aber 8° infolge des Umstandes, daß hier die Erdoberfläche um beinahe 400 m gestiegen ist. In den Kohlenbergwerken speziell üben die zum Zweck der Ventilation eingerichteten Luftströmungen auf das Gestein einen abkühlenden Einfluß aus; je größer die Wärmemenge, welche ausströmt, und je mehr Gas in der Kohle enthalten ist, um so stärker sind die Konvektionsströme. Während Kohlenbergwerke infolge der abwechselnden durchlässigen und undurchlässigen Schichten meist trocken sind, liegen Erzbergwerke gewöhnlich in kristallinischem und schieferigem Gestein und leiden mehr oder weniger an Überfluß von Wasser; heiße Quellen entstehen durch chemische Zersetzung oder kommen aus größerer Tiefe. Viel gleichmäßigere Resultate liefern die Beobachtungen in Brunnen und Bohrlöchern, bei denen die Temperaturen nur durch den Druck auf die Instrumente

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0307.jpg&oldid=- (Version vom 17.10.2023)