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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

zur Nachtzeit, etwa um Mitternacht. Auch im Lauf eines Jahrs finden in der Gewitterhäufigkeit zwei Maxima statt. Fast überall fällt das Hauptmaximum in den Sommer und zwar in den Juni oder Juli, nur an den Küsten des nordwestlichen Europa nehmen die Wintergewitter zu und sind auf Island und im nordwestlichen Schottland häufiger als die Sommergewitter. Das zweite, weniger hervortretende Maximum, welches für Mitteleuropa auch zuerst von v. Bezold nachgewiesen ist, fällt ebenfalls in den Sommer, aber etwas später als das Hauptmaximum. Dabei findet es sich, daß beide Maxima in Westeuropa etwas später auftreten als in Osteuropa, indem sie im erstern auf Anfang Juli und Ende August und im letztern auf Ende Juni und Anfang August fallen. Endlich ist noch aus den Gewitterbeobachtungen in Bayern und Württemberg, welche die Jahre 1880–87 umfassen, festgestellt, daß eine dritte Periode vorhanden ist, deren wahrscheinlichste Dauer 25,85 Tage beträgt und daher voraussichtlich mit der Sonnenrotation in Beziehung steht. Deshalb könnte angenommen werden, daß die elektrischen Erscheinungen in der Atmosphäre mit solaren Vorgängen in Zusammenhang stehen, ohne jedoch durch sie ausschließlich bedingt zu sein. Die Hauptbedingungen für die Gewitterbildung bleiben immer die Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse, während in untergeordnetem Grad auch die Rotation der Sonne für ihr Entstehen mitbestimmend sein kann.

Zu erwähnen ist noch, daß in neuerer Zeit die Bahn des Blitzes durch photographische Abbildungen zur Anschauung gebracht ist. Seit 1884 ist eine größere Anzahl von Blitzphotographien (in der Sitzung der Royal Meteorological Society vom 21. März 1888 waren über 50 ausgestellt) aufgenommen, welche deutlich zeigen, daß der Blitz meistens keine einfache elektrische Entladung zwischen zwei Punkten ist, sondern daß zwar die Entladung von einem Punkt ausgeht, sich dann aber von dem Weg des Hauptstrahls in eine größere Anzahl von schwächern Bahnen verästelt. Oft sind auf den Photographien eines Blitzes mehrere verschieden starke Strahlen zu erkennen, von denen sich, namentlich von dem Hauptstrahl, mehrere Strahlen abzweigen, welche auf ihrem Weg rasch schwächer werden und daher nicht zur Erde zu kommen scheinen. Diese Verästelung könnte zur Erklärung dafür dienen, daß zuweilen eine größere Anzahl von Gegenständen die Folgen eines Blitzschlags zeigen und doch nur ein einziger Blitz beobachtet wurde.

Gex, (1886) 1460 (Gemeinde 2693) Einw.

Ghika, 4) Fürst Joan, ward, da er die Altersgrenze erreicht hatte, 1889 seines Postens als rumänischer Gesandter in London enthoben.

Ghyczy, Koloman von, ungar. Staatsmann, starb 28. Febr. 1888.

Gien, (1886) 6833 Einw.

Gierke, Otto Friedrich, Rechtslehrer, folgte 1887 einem Ruf als Professor an die Universität zu Berlin und wurde zum Geheimen Justizrat ernannt. Er schrieb noch: „Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung“ (Berl. 1887); „Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht“ (Leipz. 1889); „Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe“ (in den „Beiträgen zur Beurteilung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs“, Heft 18, Berl. 1889).

Giesebrecht, Wilhelm von, Historiker, starb 17. Dez. 1889 in München. Von seiner „Geschichte der deutschen Kaiserzeit“ erschien noch die 2. Abteilung des 5. Bandes: „Friedrichs I. Kämpfe gegen Alexander III., den Lombardenbund und Heinrich den Löwen“ (Leipz. 1888).

Giesecke, Bernhard Rudolf, Schriftgießer, starb 25. Juli 1889 in Leipzig.

Gießerei. Ein neues wichtiges Verfahren zur Anfertigung von Sandformen in der Metallgießerei, welches insbesondere für die Herstellung von Säulen, Trägern, Röhren, überhaupt von Gegenständen sehr geeignet ist, welche bei größern Längen nahezu gleichbleibende Querschnittsform besitzen, besteht darin, daß der Formsand, statt durch Stampfen mit freier Hand, durch zwei nacheinander zu benutzende Walzen gegen das Modell gepreßt wird. Die erste Walze hat die Form eines Rotationskörpers, dessen Erzeugende sich der Form des Modells möglichst anschließt (z. B. halbkreisförmig konkav bei einem cylindrischen Röhren- oder Säulenmodell), und zwar unter Beibehaltung eines Zwischenraums zwischen Modell und Walze, der beim Formen durch den gesiebten Sand ausgefüllt wird. Über diesen auf das Modell gebrachten Sand rollt man die erste, mit ihren Zapfen auf Leitschienen oder den Rändern des Formkastens aufruhende Profilwalze einigemal hin und her, wodurch nicht nur eine Schonung des Modells, sondern hauptsächlich eine unter gleichem Druck entstehende, somit gleichmäßige Sandschicht erzeugt wird. Auf dieser häuft man nun Sand so hoch im Kasten an, als zum reichlichen Füllen desselben erforderlich ist. Darauf rollt man eine schwere cylindrische Walze über diesen Füllsand und streicht die etwa noch überstehende Sandmasse ab, worauf der Formteil fertig ist. Bei der gewöhnlichen Art des Eingießens des Metalls in die Form ist das Mitreißen von Luft, Schlacke (sogen. Schaum) und somit die Bildung schlechter, unganzer Stellen und Poren im Gußstück kaum zu vermeiden.

Schlackenabscheider.

Zu einem reinen, dichten Guß gelangt man dahingegen durch Benutzung des sogen. Abscheiders. Derselbe (s. Fig.) besteht aus einem ovalen, aus feuerfestem Thon gebrannten Rahmen mit 3 Scheidewänden 1,2,3, die nicht bis zum untern Rand reichen. Dieser Rahmen wird so auf die Gußform F gesetzt, daß die kleinere Kammer a über das Gußloch o zu stehen kommt. Wird sodann das flüssige Metall in die Kammer b gegossen, so läuft es unter den Rändern der drei Scheidewände, die den Schaum zurückhalten, ruhig und rein in die Form.

 Giffen, Robert, engl. Statistiker, geb. 22. Juli 1837 zu Strathaven in der schottischen Grafschaft Lanark, wurde mit 13 Jahren einem Advokaten in die Lehre gegeben und besuchte mit seinem 18. Jahr die Universität Glasgow, die ihn 1884 zum Ehrendoktor ernannte. Er wandte sich darauf mit namhaftem Erfolg der Journalistik zu und wurde 1876 zum Chef der statistischen Abteilung des Handelsamtes (Board of trade) ernannt, die 1882 bedeutend erweitert und Handelsdepartement genannt wurde. Von 1882 bis 1884 war G. Präsident der Royal Statistical Society. Außer zahlreichen Beiträgen in „Daily News“, „Times“, „Globe“, „Economist“ u. a. schrieb G.: „Stock exchange securities“ (1878); „Essays in finance“ (4. Ausg. 1886; 2. Serie 1886); „The growth of capital“ (1890).

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0386.jpg&oldid=- (Version vom 3.4.2021)