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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

außerordentliche und 1825 die ordentliche Professur der Katechetik und Pädagogik. Als Pädagog suchte er das Christentum in symbolgläubiger Auffassung zum Hauptprinzip der Erziehung zu erheben und bei allem Unterricht die „genetische Methode“ anzuwenden. Von seinen Schriften sind hauptsächlich zu nennen: „De methodo genetica“ (Leipz. 1808) und „De finibus et praesidiis artis paedagogicae secundum principia doctrinae christianae“ (das. 1825) sowie seine Lehrbücher über Religion, Gesang, Arithmetik, Geschichte und deutsche Sprache; ferner: „Die Lehre vom Abendmahl nach der Schrift“ (das. 1831). Auch die Freimaurerei gedachte er nach christlichen Prinzipien zu reformieren, und als man auf seine Ansichten nicht einging, schied er aus dem Bund und schrieb das Buch „Mac Benac, er lebet im Sohn, oder das Positive der Freimaurerei“ (Leipz. 1817, 3. Aufl. 1819). Im J. 1844 trat er von seinem Schulamt, 1859 auch von seinem Lehramt an der Universität zurück und starb 3. Nov. 1864 in Leipzig.

  4) Wilhelm Bruno, theolog. Schriftsteller, Sohn des vorigen, geb. 1814 zu Leipzig, habilitierte sich 1839 als Privatdozent an der Universität seiner Vaterstadt und erhielt hier 1846 eine außerordentliche Professur der Theologie. Wegen fortgesetzter Entwendung seltener Drucke u. dgl. aus der Universitätsbibliothek ward er 1859 abgesetzt und zu sechsjähriger Gefängnisstrafe verurteilt, doch schon 1863 begnadigt. Sein Hauptwerk ist das „Lehrbuch der christlichen Kirchengeschichte mit besonderer Berücksichtigung der Dogmengeschichte“ (Leipz. 1848–54, 3 Bde.).

 Lingard (spr. linggērd), John, engl. Geschichtschreiber, geb. 5. Febr. 1771 zu Winchester, erhielt seine Bildung im katholischen Seminar zu Douai und ward sodann Priester zu Newcastle upon Tyne, später Professor in Ushaw bei Durham. Die schriftstellerische Laufbahn betrat er zunächst als Apologet seiner Kirche mit einigen kleinern Schriften. Von bleibendem Wert sind seine Werke: „History and antiquities of the Anglosaxon church“ (Lond. 1809, 2 Bde.; 4. Aufl. 1858; deutsch, Bresl. 1847) und die oft (zuletzt 1883, 10 Bde.) aufgelegte „History of England from the first invasion of the Romans to the year 1688“ (Lond. 1819–31, 8 Bde.; deutsch, Frankf. 1828–33, 14 Bde.), das letztere ein Werk von großer Gelehrsamkeit und einfacher, aber wohlgeordneter Darstellung. Sein übrigens gemäßigter katholischer Standpunkt tritt besonders von der Reformationszeit ab entschieden hervor. 1817 hielt sich L. einige Zeit in Rom auf. Den ihm von Leo XII. angebotenen Kardinalshut lehnte er ab. Eine seiner letzten Arbeiten war eine englische Übersetzung des Neuen Testaments (1836). L. starb 13. Juli 1851 als Kaplan zu Hornby in Lancashire.

 Lingens, Peter Joseph Hubert, ultramontaner Politiker, geb. 10. Aug. 1818 zu Aachen, studierte in Bonn und Berlin Rechts- und Staatswissenschaft, trat nach einem längern Aufenthalt in Paris in den Staatsjustizdienst und ward 1845 Rechtsanwalt zu Aachen, wo er 1855 auch zum Stadtverordneten gewählt wurde. Als eifriger Katholik ward er 1871 vom Papst Pius IX. zum Ehrenkämmerer und 1873 von der Universität Löwen zum Doktor der Rechte honoris causa ernannt. Nachdem er seit 1852 der katholischen Fraktion des preußischen Abgeordnetenhauses angehört hatte, wurde er 1870 (zuletzt 1890) zum Mitglied des Reichstags gewählt, in dem er sich dem Zentrum anschloß. L. gehört zu dem demokratisch gesinnten Teil der Ultramontanen.

 Linger, Christian von, preuß. General, geb. 1669 zu Berlin, trat 1689 in die brandenburgische Artillerie, zeichnete sich im spanischen Erbfolgekrieg aus und ward 1705 geadelt. 1716 Oberst und Chef des Artilleriekorps, machte er sich durch die Verbesserung des Geschützwesens, die Ausstattung des Zeughauses und die Errichtung der Pulverfabrik in Berlin sehr verdient. Friedrich II. ernannte ihn zum General der Artillerie und verlieh ihm den Schwarzen Adlerorden. Nachdem er 1744 die Übergabe von Prag durch eine Beschießung erzwungen, zog er sich vom Dienst zurück und starb 17. April 1755 in Berlin. Ihm zu Ehren wurde 1889 das ostpreußische Fußartillerieregiment Nr. 1 Fußartillerieregiment v. L. genannt.

 Linienkommissionen, Organe der Eisenbahnabteilung des preußischen Großen Generalstabs, welche den Verkehr zwischen der Eisenbahnabteilung und den Eisenbahnverwaltungen vermitteln, die dem Gebiet der betreffenden Linie angehören. Zum Zweck der militärischen Benutzung ist nämlich das Eisenbahnnetz in größere Betriebsgebiete oder Linien eingeteilt, und Sache der L. ist es, gemeinsam mit den Bahnverwaltungen die bei einer Militäreisenbahnbehörde angemeldeten Transporte zu regeln und deren Ausführung zu überwachen. Zur Zeit des Kriegs treten an die Stelle der L. Linienkommandanturen, deren Thätigkeit die L. im Frieden vorzubereiten haben. Derartige L. bestehen in Altona, Berlin, Breslau, Bromberg, Erfurt, Hannover, Karlsruhe, Köln, Königsberg i. Pr. und Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. Vgl. Kriegstransportordnung vom 26. Jan. 1887, § 17; Friedenstransportordnung vom 11. Febr. 1888, § 7 ff.

Linné, 1) Karl von, Naturforscher. Seine „Jugendarbeiten“ wurden im Auftrag der Akademie der Wissenschaften zu Stockholm von Ährling gesammelt herausgegeben (Stockh. 1889, 3 Tle.).

 Lintorf, Dorf im preuß. Regierungsbezirk und Landkreis Düsseldorf, Knotenpunkt der Linien Speldorf-Troisdorf und L.-Duisburg der Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Kuranstalt zur Heilung der Trunksucht, ein Asyl für verlorne Söhne und entlassene Sträflinge, eine Bleierzgrube, Bleischmelze und (1885) 1496 meist kath. Einwohner.

 Liparīn, diätetisches Mittel, welches statt des Leberthrans gegeben wird, wenn es darauf ankommt, möglichst schnell einen bedeutenden Fettansatz zu erzielen. Es besteht aus reinem Olivenöl und 6 Proz. Ölsäure und wird sehr gut verdaut.

Lippe, Fürstentum. Die Finanzen des Landes belaufen sich im Etat für das Jahr 1889 in der Einnahme auf 1,082,309 Mk., in der Ausgabe auf 1,035,013 Mk.; die Landesschuld belief sich Ende 1887 auf 882,907 Mk.

Dem 1885 aus Preußen berufenen Kabinettsminister Freiherrn v. Richthofen gelang es nicht, die Verhältnisse im Fürstentum dauernd zu ordnen. Der Fürst weigerte sich hartnäckig, das Verlangen des Landtags zu erfüllen und für das Domanium die öffentlichen Gemeinde- und Schullasten in gleichem Maß zu übernehmen wie die übrigen Grundbesitzer. Ebensowenig wurde die Erbfolgefrage durch ein Gesetz geregelt, wie der Landtag und die Bevölkerung verlangten, oder wenigstens das veraltete Pactum tutorium von 1667 durch ein Regentschaftsgesetz ersetzt. Fürst Woldemar (geb. 18. April 1824) ist betagt und ohne direkte männliche Erben. Es fragte sich nun, ob die ältere der sogen. erbherrlichen Linien, die Linie Lippe-Biesterfeld, deren Haupt Graf Ernst

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 531. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0535.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2021)