Seite:Meyers b18 s0144.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 18

gegebenen Temperaturwechsel am Ende eines bestimmten Zeitraums einnimmt. Sind QD und PCE senkrechte Linien in Q und P, so ist klar, daß die Abschnitte QD und CE sich um denselben Betrag ausdehnen werden; das Emporsteigen von P im Verhältnis zu Q rührt dann von der Ausdehnung des Abschnitts PC her. Steigt also die Temperatur, so muß das Ende P eines Libellenniveaus PQ sich heben,

Fig. 2.

bei einer Temperaturerniedrigung tritt dagegen eine Senkung ein, wie es nach den Beobachtungen von Plantamour auch der Fall ist. Der Wechsel der Lufttemperatur ist vollkommen hinreichend, um quantitativ und qualitativ die hauptsächlichste der beobachteten B. zu erklären.

Neben dieser letztern Bodenschwankung gibt es aber noch andre Bewegungen, die nicht in Temperaturveränderungen ihre Erklärung finden. Wäre die Oberfläche des Bodens ganz eben und rührten die Bewegungen allein von dem Temperaturwechsel her, so müßten die Kurven in Fig. 1 einfache gerade Linien sein und parallel der Neigung des Bodens verlaufen. Wahrscheinlich schreiben sich diejenigen Bewegungen, welche rechtwinkelig zu der letztgenannten Richtung verlaufen, von Unebenheiten des Bodens her. Die größte Wichtigkeit kommt aber derjenigen Bewegung zu, welche einen nichtperiodischen Charakter an sich zu tragen scheint. Vom dritten bis zum achten Beobachtungsjahr ist ein konstantes, wenn auch nicht gleichmäßiges Fortschreiten nach N. zu bemerken. Möglicherweise verraten sich hierin große, weit ausgedehnte, säkulare Bewegungen der Erdrinde, die mit der Gebirgsbildung in Verbindung stehen. Diese Annahme findet eine wesentliche Stütze an den Beobachtungen, welche an andern Stellen über die Bodenbewegungen angestellt sind. So haben seit 1859 die beiden Meridianpfeiler der Sternwarte zu Neuchâtel, welche aus je einem direkt auf dem Kalkfelsboden ruhenden Steinblock bestehen, regelmäßig ihre Stellung so geändert, daß das nach S. gerichtete Ende des mit den Achsenenden auf ihnen ruhenden Fernrohrs sich im Winter (September bis Februar) um 38,2″ von W. nach O. und im Sommer (März bis August) um 39,8″ von O. nach W. bewegt, so daß also nach Verlauf von 24 Jahren eine um 36″ überwiegende Bewegung im letztern Sinne vorhanden war. Gleichzeitig hat sich der westliche Pfeiler fortdauernd gegen den östlichen um etwa 24″ gesenkt, so daß in dem angegebenen Zeitraum die Gesamtdrehung um eine horizontale Achse 9′10″ betragen hat. Der periodische Hauptteil der Bewegung im Azimut ist jedenfalls durch den Jahreswechsel der Erwärmung der Hügelseite veranlaßt. Der kleine unperiodische Teil dagegen sowie die kontinuierlich zunehmende Neigung von O. nach W. kann nur geologischen Ursachen, also entweder der zunehmenden Gebirgsfaltung des Jura oder dem Absinken einer Scholle des Gebirges gegen benachbarte zugeschrieben werden. An den Hauptpfeilern der Berliner Sternwarte sind Drehungsbewegungen fortschreitender Art so gut wie nicht zu konstatieren, so daß also in den alluvialen Erdschichten, welche die Pfeiler tragen, Hebungen und Senkungen zu stärkern Beträgen als Bruchteilen des Millimeters nicht aufgelaufen sind. Dagegen treten deutlich periodische Bewegungen auf, eine Abhängigkeit vom Grundwasser ist indessen nicht zu erkennen. Die beobachteten Drehungsbewegungen, die sich deutlich als Bewegung der gemeinsamen Grundpfeiler erkennen lassen, werden durch jährliche oder nahezu elfjährige Perioden dargestellt, welche ihren thermischen Charakter auf das deutlichste auch daran erkennen lassen, daß die Wendepunkte dieser periodischen Erscheinungen den Wendepunkten der jährlichen Temperaturperiode und der elfjährigen Sonnenperiode sich, wenn auch etwas verspätet, anschließen. Diese fast erschöpfende Abhängigkeit von der thermischen Periode schließt einen erheblichen Anteil von Bewegungen der Bodenschichten aus.

Boëthius, Simon Johannes, schwed. Historiker, geb. 1850 zu Sassen in Dalekarlien (Dalarne), studierte 1869–75 Geschichte und Staatenkunde zu Upsala, beschäftigte sich 1875–77 zu Stockholm mit Archivstudien, ward 1877 Dozent der Geschichte an der Universität zu Upsala und 1879 Oberlehrer an der gelehrten Schule daselbst, machte 1885–86 zu Paris Spezialstudien über die Geschichte der französischen Revolution, und wurde 1889 außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität zu Upsala. Er ist Mitglied des schwedischen Reichstags. B. schrieb: „Die schwedische Aristokratie unter König Siegmund“ (1877), „Die Regierung des Herzogs Karl von Südermanland und des schwedischen Reichsrats 1594–1596“ (1884–86), „Die französische Revolution, ihre Ursachen und innere Geschichte 1789–99“ (1887), „Die vormundschaftliche Regierung während der Minderjährigkeit Gustav Adolfs IV. und die französische Revolution“ (1888–89); ferner gemeinschaftlich mit R. Tengberg „Geschichte Schwedens 1718–1809“ (1879). Auch gab er (1880–83) drei Teile „Beilagen“ (Urkunden) zu den „Erinnerungen aus der neuern schwedischen Geschichte“ von B. v. Schinkel und die „Memoiren Ehrenströms“, Sekretärs Gustavs III. (1882 bis 1883), heraus.

Bohl, Joan, niederländ. Dichter, geb. 8. Okt. 1836 zu Zieriksee, lebt als Rechtsanwalt zu Amsterdam, schrieb zahlreiche Romane und Novellen sowie rechtswissenschaftliche Werke, von denen „Die Religion vom politisch-juridischen Standpunkt“ auch in deutscher Übersetzung (Paderb. 1874) bekannt wurde. Seine Hauptleistung ist die metrische Übersetzung von Dantes „Göttlicher Komödie“ (Amsterd. 1876–83).

Böhlau, Helene, Schriftstellerin, geboren zu Weimar als Tochter des Verlagsbuchhändlers und Hofbuchdruckers H. B., erhielt eine sorgfältige Erziehung, erweiterte ihren Blick auf großen Reisen im Ausland und lebt gegenwärtig als Frau Al Raschid Bei in Konstantinopel. Sie trat als Schriftstellerin unter ihrem Mädchennamen mit einer Folge vorzüglicher Novellen auf, die, obschon nicht ohne eine gelegentliche Hinneigung zur Romantik, im allgemeinen eine frisch realistische Gestaltungskraft bekunden und von leidenschaftlicher Empfindung belebt sind. Von ihr erschienen: „Novellen“ („Im Banne des Todes“ u. a., Berl. 1882); „Reinen Herzens schuldig“, Roman (Minden 1888); „Ratsmädelgeschichten“ (2. Aufl., das. 1891); „Herzenswahn“, Roman (das. 1888); „Im Trosse der Kunst und andre Novellen“ (das. 1889).

Böhm, 4) Joseph Edgar, Bildhauer, starb 12. Dez. 1890 in London.

Böhm-Bawerk, Eugen von, Nationalökonom, geb. 12. Febr. 1851 zu Brünn als Sohn des Hofrats bei der mährischen Statthalterei, Johann Böhm, Ritter von Bawerk (gest. 1857), studierte 1868–72 in Wien

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 18. Bibliographisches Institut, Leipzig 1891, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b18_s0144.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)