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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 18

Es fragt sich nun, ob die entsprechenden Empfindungen sich in einer ähnlichen Reihe anordnen lassen. Fechner bejaht diese Frage, indem er eine ganz neue Voraussetzung in das Webersche Gesetz einführt, nämlich die, daß er die eben merklichen Zuwüchse, welche nach Weber die Empfindung bei allen verschiedenen absoluten Reizgrößen erfährt, als gleich groß annimmt, daß er also z. B. den Zuwachs, welchen die Druckempfindung erfährt, wenn wir die auf einer Hautstelle ruhende Last von 9 g auf 13 g erhöhen, für absolut gleich groß mit demjenigen Empfindungszuwachs erklärt, welcher bei der Zulage von 4 kg auf 9 kg Belastung entsteht. Unter dieser Voraussetzung nun, daß gleich merkliche Empfindungszuwüchse immer gleiche absolute Größen seien, gibt Fechner dem Gesetz die folgenden Fassungen: Die Stärke des Reizes muß in einem geometrischen Verhältnis ansteigen, wenn die Stärke der Empfindungen in einem arithmetischen (durch Addition der gleichen Zahl zunehmenden) Verhältnis ansteigen soll, oder: Die Empfindung wächst proportional dem Logarithmus des Reizes (Fechners Gesetz). Hiergegen wird 1) (von Stadler, F. A. Müller, Elsas u. a.) eingewendet, daß es unberechtigt sei, die Empfindung als psychisches Phänomen ihrer Intensität nach zahlenmäßig ausdrücken zu wollen, weil es keine Einheit gebe, an der sie gemessen werden könne. Münsterberg sucht diesen Einwurf durch eine sehr geistreiche Hypothese zu beseitigen; nach ihm nämlich kommt alle Messung der Empfindungsintensitäten so zu stande, daß Muskelempfindungen zu den Reizwahrnehmungen hinzutreten und durch die associierten Muskelempfindungen sich feste Reihen mit abmeßbaren Instanzen bilden. Entsprechend formuliert Münsterberg Webers Gesetz so: Je zwei Reize rufen dieselbe Änderung der reflektorisch erregten Muskelspannung und dadurch dieselbe als Maß der Empfindung benutzte Spannungsempfindung hervor, wenn das Verhältnis der Reize unverändert bleibt. 2) Gegen die von Fechner neu eingeführte Voraussetzung wird geltend gemacht (unter andern von Funke), es sei viel wahrscheinlicher, daß ein Empfindungszuwachs, um merklich zu werden, im allgemeinen um so größer sein muß, je intensiver die vorangehende Empfindung bereits ist, oder mit andern Worten, daß Empfindungsintensitäten, welche sich gleich merklich unterscheiden, in gleichem Verhältnis zu einander stehen. Diese Verhältnishypothese führt zu einer psychologischen Auffassung des Fechnerschen Gesetzes. Durch sie wird das Auftreten des angegebenen gesetzlichen Verhältnisses in die Beziehung zwischen der Empfindung und der auffassenden Thätigkeit verlegt; in unserm Bewußtsein existiere kein absolutes, sondern nur ein relatives Maß für die Intensität der in ihm vorhandenen Zustände; die Empfindungsunterschiede seien relativ gleich groß, ebenso wie die Reizunterschiede; die Auffassung des Unterschiedes von zwei Empfindungen geschehe im Urteil mittels der Apperzeption und zwar stets von der Grundlage des ersten Empfindungszustandes aus (Wundt, Grotenfelt). Die psychologische Interpretation des Fechnerschen Gesetzes sieht in ihm ein Grundgesetz der Beziehung körperlicher und seelischer Vorgänge. Von den vier Gliedern des ganzen Vorganges a) Reiz, b) Nervenerregung, c) Empfindung, d) Urteil (über das Verhältnis der Empfindungsintensitäten) setzt sie und , behauptet dagegen von der Beziehung zwischen b und c, daß die Empfindung in dem angegebenen Maße langsamer wachse als die Nervenerregung (Fechner). Die physiologische Deutung sucht die Erklärung für das langsamere Anwachsen der Empfindungen nicht in diesen selbst, sondern in Eigenschaften der Nervensubstanz (G. E. Müller).

Die Methoden der P. sind, abgesehen von den ganz einfachen, welche die Grenzwerte der empfindbaren Reize bestimmen, folgende vier: 1) Methode der richtigen und falschen Fälle (Fechner). Zwei Farbenschattierungen, deren Unterschied scharf an der Grenze der Merklichkeit liegt, werden in zahlreichen Versuchen verglichen, und nach jedem Versuch wird notiert, ob eine der beiden Farben und welche derselben als hellere erscheint. Man erhält so drei Reihen von Fällen, von denen jede einen Bruchteil der Zahl der Gesamtfälle bildet, und berechnet aus den experimentell erhaltenen Werten der drei Verhältnisse den objektiven, für die betreffenden Farbenschattierungen bestehenden Unterschiedsschwellenwert. 2) Methode der mittlern Fehler (Fechner). Man versucht, für ein gegebenes Gewicht ein genau ebenso schweres andres mit Hilfe vergleichungsweisen Auflegens herauszufinden. Beim Nachwägen des zweiten Gewichts ergibt sich die Größe des begangenen Fehlers, bei Wiederholung des Versuchs eine andre Fehlergröße, und das Mittel aller dieser Fehler liefert ein Maß für die Unterschiedsempfindlichkeit unter den gegebenen Bedingungen. 3) Methode der kleinsten Unterschiede (Weber, G. E. Müller). Ausgehend von zwei gleichen Tönen wird a) der eine derselben successiv so lange erhöht, bis gerade ein eben merklicher Unterschied eintritt. Oder umgekehrt wird b) von einer deutlichen Verschiedenheit zweier Töne ausgegangen und einer der beiden Töne successiv so lange dem andern angenähert, bis der Unterschied eben aufhört, merklich zu sein. Verbindet man dieses Verfahren der eben unmerklichen Unterschiede (b) mit jenem der eben merklichen (a), so bedient man sich der Methode 3). 4) Methode der übermerklichen Unterschiede (Delboeuf, Wundt). Stuft man je drei Reize so ab, daß der mittlere als genau die Mitte zwischen dem ersten und dritten haltend von uns abgeschätzt wird, so läßt sich durch wiederholte Anwendung dieses Verfahrens eine Reizskala herstellen, deren Intervalle gleich großen Intervallen unsrer Empfindungsschätzung entsprechen. Mißt man nun die physikalische Intensität der sämtlichen zur Anwendung gekommenen Reize, so ergibt sich hieraus unmittelbar die Beziehung zwischen der wirklichen und der von uns mittels der Intensität der Empfindung geschätzten Reizstärke. Vgl. Weber in Wagners „Handwörterbuch der Physiologie“ (Leipz. 1846); Fechner, Elemente der P. (2. Aufl., das. 1889, 2 Bde.); Delboeuf, Éléments de psychophysique (Par. 1883); Derselbe, Examen critique de la loi psychophysique (das. 1883); Elsas, Über die P. (Marb. 1886); Grotenfelt, Das Webersche Gesetz (Helsingf. 1888); Münsterberg, Neue Grundlegung der P. (Freiburg 1890).

Pulsometer, zum Heben von Flüssigkeiten, welche mit den gebräuchlichen Pulsometern nicht gehoben werden dürfen, weil sie sich durch die dabei unvermeidliche Berührung mit dem Dampf in unzulässiger Weise verdünnen, erwärmen oder chemisch verändern würden (z. B. Säuren, Laugen etc.), dient die Pulsometerpumpe von Haußmann in Magdeburg-Sudenburg. Dieselbe besteht aus der Verbindung eines einkammerigen Pulsometers mit einer Membranpumpe. Die zu hebende Flüssigkeit wird durch das Ventil A (s. Figur, S. 753) angesaugt und durch das Ventil B in die Druckleitung gepreßt und zwar dadurch, daß die Membran C, wie bei der bei „Pumpen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 18. Bibliographisches Institut, Leipzig 1891, Seite 752. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b18_s0768.jpg&oldid=- (Version vom 20.12.2022)