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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

erwähnen. Von höhern Tieren und Landtieren überhaupt sind wohl nur die Faultiere zu nennen, in deren Haaren gewisse, sonst nicht vorkommende A. sich ansiedeln. Einige A. bohren sich in Muschelschalen ein, Dermatophyton radicans bewohnt die Schale der europäischen Sumpfschildkröte (Emys europaea). In Membranen oder Hornfasern von Tieren kommen nur wenige A. vor.

Eine größere Zahl von A. lebt in Zellwänden der Pflanzen, besonders bei den weichen, wasserreichen und leicht quellbaren A. Mycoidea parasitica ist die einzige Alge, die in der Membran einer Phanerogame außerhalb des Wassers lebt, nämlich zwischen der äußern Epidermismembran und der Cuticula in Laubblättern tropischer Pflanzen. Intercellular lebende A. werden hauptsächlich in Intercellularräumen des Blattgewebes gefunden, wo sie schon vorhandene Räume benutzen oder die Zellen erst auseinander drängen. Ja, es sind Fälle bekannt, wo die Pflanze besondere Räume, Domatien, für die Algengäste entwickelt, wie die Höhlen auf der Unterseite des Thallus von Anthoceroteen und die sogen. Blattohren von Blasia pusilla, für Nostoc lichenoides sowie die Höhlungen des obern Blattlappens der Azolla-Arten für Anabaena. Die mit Tieren symbiotisch lebenden A. drängen gewöhnlich die Gewebeelemente des Tierkörpers auseinander und verändern dadurch dessen Gestalt wie bei den Schwämme bewohnenden A. Zoochlorellen und Zooxanthellen der Protozoen werden in das Plasma der tierischen Zelle aufgenommen, andre A. dringen in die Zellen von Pflanzen ein. Von einigen parasitischen Florideen wachsen die vegetativen Teile im Innern anderer A., während die Fortpflanzungsorgane außerhalb gebildet werden.

Bezüglich der Frage, welche äußern Veränderungen die Endophyten hervorrufen können, und ob sie schädlich zu wirken vermögen, ist zu bemerken, daß es sich bei den auffallenden Veränderungen, welche Nostochaceen an Anthoceros und Blasia hervorrufen, um eine der Wirtspflanze nützliche Umgestaltung ihrer Organe, also um Symbiose handelt. Ähnlich verhält es sich wohl bei Schwämmen, die von A. durchsetzt werden und dabei Form oder Größe oder Farbe oder alles zugleich verändern. Manche Deformationen an Pflanzen können geradezu als Algengallen bezeichnet werden, gefährden aber wohl nicht das Leben der infizierten Pflanze. In andern Fällen ist ein geradezu schädigender Einfluß der A. zu konstatieren. Wenn Mycoidea parasitica ein Blatt befällt, so bildet sich unter den betreffenden Stellen im Mesophyll eine Art Wundkork aus, und die angrenzenden Zellen sterben ab. Zuweilen dringen endophytische A. in die Reproduktionsorgane und hindern deren Entwickelung. Phyllosiphon Arisari ruft unter den Arisarium-Pflanzen geradezu Epidemien hervor, indem die von ihm befallenen Blätter erst gelbe Flecke bekommen und dann absterben. Dies ist aber auch der einzige Fall, in welchem eine Alge wie ein parasitischer Pilz als Krankheitserreger auftritt.

Algerien. Unter der Bevölkerung befanden sich 1891 422,000 Europäer (1870 erst 210,800). Naturalisiert wurden seit 1865: 14,717 Fremde. Für Kolonisationszwecke stehen der Regierung verhältnismäßig geringe Mittel zur Verfügung; mit einer Summe von 1½ Mill. Fr. konnten vom 1. Okt. 1889 bis 30. Sept. 1890 nur 7 neue Ansiedelungen mit einer Ausdehnung von 15,643 Hektar für 1335 Einw. gegründet werden. Von Ackerbau, Weinbau und Viehzucht lebten Ende 1889: 3,228,522 Personen; der Wert der von ihnen verwendeten Gerätschaften betrug 25 Mill. Fr. Das Ergebnis der Getreideernte 1889 war:

Weizen 1113309 Hektar 5246052 Ztr.
Gerste 1361292 8263633
Hafer 53694 393655
Mais 45813 264537
Roggen 450 2839
Zusammen: 2574558 Hektar 14170716 Ztr.

Die Heuschreckenplage herrschte in allen Provinzen und verursachte einen Schaden von 4,135,716 Fr. Zwar wird diese Plage mit großer Energie bekämpft, indes sind die verfügbaren Geldmittel ungenügend. Der Weinbau, welchem 106,351 Hektar gewidmet sind, von denen 2,578,038 hl geerntet wurden, wird durch die Reblaus infolge des energischen Vorgehens der Regierung nur in geringem Maße geschädigt. Die Ausdehnung der von der Reblaus heimgesuchten Weinberge sank auf 37 Hektar herab. Der Export geht zum allergrößten Teil nach Frankreich (1½ Mill. hl), dann nach Holland, Deutschland, Belgien, Spanien, England. Einen außerordentlichen Aufschwung nimmt die Fischerei. Große Ladungen von frischen Fischen gehen nach Marseille, Antibes, Cannes, Mentone, eingesalzene Sardinen und Sardellen nach Frankreich, Tunis, Malta, Italien, Spanien; ein Austernpark wurde bei Castiglione (Provinz Algier) errichtet. Von den 46 konzessionierten Bergwerken waren 1889 nur 12 im Betrieb und zwar 3 Eisengruben mit 1841 Arbeitern und einer Förderung von 422,965 Ton., 1 Grube von kupfer- und silberhaltigem Bleierz mit 198 Arbeitern und einer Förderung von 8701 T., 4 Zink- und Bleigruben mit 520 Arbeitern und einer Förderung von 12,573 T., ferner 2 Bleigruben und 2 Kupfergruben, alle 12 zusammen mit 2710 Arbeitern und einer Förderung von 445,182 T. 1890 betrug die Produktion von Kupfer, Eisen, Blei und Zink 392,792 T. im Wert von 3,962,893 Fr. Der Handel nimmt gewaltig zu, 1889 betrug die Einfuhr 249,206,337, die Ausfuhr 251,647,397 Fr. An Eisenbahnen wird rüstig gearbeitet. Es wurden vollendet bis Mitte 1890 die Linien Mostaganem-Tiaret und Tabia-Tlemsen; im Bau ist die Linie Blida-Berruaghia. Anfang 1890 hatten die Bahnen eine Länge von 3031 km, die Einnahmen für 1889 betrugen 20,943,320 Fr. Für die Saharabahnen hat die Compagnie générale transatlantique einen neuen Plan vorgelegt, nach dem dieselben ohne Erdbewegung unter Verwendung eigentümlich konstruierter Schienen breitspurig mit einem Kostenaufwand von nur 25,000 Fr. pro Kilometer erbaut werden können. Eifrig wird an den Häfen von Algier Bona, La Calle, Argew, Dschidschelli, Oran und Philippeville gebaut. Da aber die von Frankreich bewilligten Mittel zur Förderung der Entwickelung Algeriens nicht ausreichen, so hat der frühere Generalgouverneur Tirman an die französische Regierung das Ersuchen gerichtet, ein Sonderbudget für die Kolonie aufzustellen, um allerlei notwendige Verbesserungen, wie Hafen-, Kanal- und Eisenbahnbauten, vorzunehmen, das Unterrichtswesen zu fördern, die eingeborne Bevölkerung seßhaft zu machen und den Strom der französischen Auswanderung möglichst nach A. abzuleiten. Vgl. Niox, Algérie et Tunisie; géographie militaire (Par. 1890).

Allia, das durch die Niederlage der Römer berühmte Flüßchen nördlich von Rom, entspricht nach den Untersuchungen von Hülsen und Lindner („Die Alliaschlacht“, Rom 1890) dem heutigen Fosso della Bettina auf dem linken östlichen Tiberufer. Das Schlachtfeld selbst aber suchen sie mit Wahrscheinlichkeit

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0029.jpg&oldid=- (Version vom 10.11.2021)