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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

dem großen Cylinder hin expandiert. In Fig. 1–4 (S. 753) sind die Dampfcylinder mit der Steuerung veranschaulicht. Bei der in Fig. 1 gezeichneten Stellung beginnt der kleine Kolben A sich abwärts und der große B aufwärts zu bewegen; es tritt deshalb vom Schieberkasten k aus durch den Kanal p1 frischer Kesseldampf über den kleinen Kolben, während durch den Kanal p2 Hochdruckabdampf ausströmt. Der letztere gelangt in den Raum r2, der die ganze Breite der beiden vereinigten Schieber a und b (Fig. 2 u. 4) einnimmt, und tritt durch den Kanal q2 unter den großen Kolben. Der Abdampf des großen Kolbens B tritt durch den Kanal q1 in die Höhlung s des großen Schiebers b und durch das Abdampfrohr q3 ins Freie. Sind die Kolben in die entgegengesetzte Endstellung gelangt, so tritt der frische Dampf durch p2 unter den kleinen Kolben A, während der Abdampf auf der andern Seite des kleinen Cylinders durch den Kanal p1, den Schieberraum r1 und den Kanal q1 über den großen Kolben B befördert wird und der Abdampf des großen Cylinders durch den Kanal q2, die Schieberhöhlung s und das Abdampfrohr q3 entweicht. Bei großen Anlagen kann auf dem Verbundschieber noch ein zweiter Schieber (Meyerscher Expansionsschieber, s. Bd. 4, S. 463) angeordnet

Fig. 5.
Längsschnitt.
Fig. 6. Fig. 7.
Schnitt nach A–B. Schnitt nach C–D.
Langsam rotierende Saug- und Druckpumpe von Gebrüder Ritz u. Schweizer.

werden, welcher gestattet, auch schon in dem kleinen Cylinder mit erheblicher und veränderlicher Expansion zu arbeiten. Eine größere Anzahl dieser Dampfpumpen ist bereits im Betriebe, bei welchen sich die neue Steuerung ausgezeichnet bewährt haben soll.

Gebrüder Ritz u. Schweizer in Schwäbisch-Gmünd bauen eine langsam rotierende Saug- und Druckpumpe, welche sich durch geringen Kraftverbrauch und eine außerordentlich große Saughöhe (bis 9 m) auszeichnen soll (Fig. 5–7, in welchen die Schnittflächen feststehender Teile geschwärzt, diejenigen beweglicher Teile schraffiert sind). Der Arbeitscylinder a ist auf der mittels Riemenscheiben oder bei Handbetrieb mittels Kurbel drehbaren Welle e festgekeilt und bildet den ringförmigen Arbeitsraum F, der sich, durch schwach konische Flächen begrenzt, nach dem Grunde zu etwas verengert. Quer durch den Arbeitsraum hindurch legen sich, im Cylinder drehbar, die Wechsel bb1, welche dazu dienen, mit dem feststehenden bogenförmigen Kolben c zusammen die erforderlichen Saug- und Druckräume zu bilden und zugleich den Kolben derart hindurchtreten zu lassen, daß die Saug- und Druckräume sich in gehöriger Weise ablösen. Dazu müssen sie über den Kolben hinweggehen, was nur geschehen kann, wenn sie so gedreht werden, daß sie sich in die Wandung des Cylinders vollkommen hineinlegen. Zu diesem Zweck sind an den Achsen nn1, der Wechsel eigentümlich geformte Daumen gg1 (Fig. 7) angebracht, welche im Vorbeigleiten an den feststehenden Führungsteilen hh1 die jeweilig notwendig werdende Stellung der Wechsel bewirken. Der Cylinder a ist von einem feststehenden, auf dem Ständer ruhenden Mantel o umgeben, der beiderseits mit einem Verschlußdeckel m, bez. d versehen ist. An dem erstern derselben sind die Führungsteile hh1 befestigt, der letztere trägt den Kolben c und ist mit der Eintritts- und der Austrittsöffnung für das Wasser (r, bez. s) versehen, an welche sich das Saugrohr L, bez. das Druckrohr K anschließt. Die Stellschraube p dient dazu, den Arbeitscylinder a leicht gegen den Verschlußdeckel d anzudrücken. Die Wirkungsweise der Pumpe ist nun folgende: Wird die Achse e und damit der Arbeitscylinder a nebst den in ihm gelagerten Wechseln bb1 in der Richtung des Pfeiles in Umdrehung versetzt, so findet, da der Kolben c seine Lage nicht ändert, zwischen diesem und dem Wechsel b eine Raumvergrößerung statt und dabei wird Flüssigkeit durch das Saugrohr L und die Eintrittsöffnung r in diesen Raum angesaugt, während der mit Wasser gefüllte Raum zwischen b1 und c verengert wird, so daß aus ihm Wasser durch s, bez. K hinausgedrückt wird. Während nun b1 an der Austrittsöffnung s vorbeigeht, stößt der Daumen g1 gegen das feste Führungsstück h und wird dadurch mitsamt dem Wechsel b1 so gedreht, daß dieser bei weiterer Drehung des Cylinders a an der Innenseite von c frei vorbeigehen kann. Während dessen bildet der Raum auf der rechten Seite zwischen b und c den Druckraum, während auf der linken Seite von b noch fortgesetzt Ansaugen stattfindet. Ist nun aber b1 über c hinweg und vor die Saugöffnung r gelangt, so findet durch Anschlag des Daumens g gegen das Führungsstück h1 eine Rückdrehung von b1 in der Weise statt, daß b sich wieder quer über den Arbeitsraum F stellt. Von jetzt an findet das Ansaugen zwischen c und b1, das Ausdrücken zwischen c und b statt und die beiden Wechsel b und b1 haben für die nächste halbe Umdrehung des Cylinders a ihre Rollen vertauscht u. s. f. Dadurch wird eine ununterbrochene gleichmäßige Fortbewegung der Flüssigkeit erreicht.

Bei Bergwerkspumpen u. a. kommt es vor, daß sie nicht voll ansaugen, daß sich also unter dem Kolben ein leerer Raum bildet. Die Ursachen hierfür sind sehr mannigfach, z. B. Wassermangel in dem Behälter, aus welchem gesaugt wird (Sumpf), Bruch oder Undichtheit in der Saugleitung, Verstopfung des Saugkorbes, Festklemmen des Säugventils etc. In diesen Fällen wird entweder Luft mitgesaugt, oder es bildet sich ein Vakuum. Die Wirkung auf die Pumpe ist in beiden Fällen dieselbe. Der Kolben findet nämlich von Anfang seines Niederganges oder allgemein der nächstfolgenden Druckperiode keinen Widerstand, nimmt dadurch unter der

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 754. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0768.jpg&oldid=- (Version vom 28.1.2022)