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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

und in jedem dieser Fälle entweder unmittelbar oder mittelbar wirken. a) Unter den direkten physischen Einflüssen steht der Genuß alkoholischer Getränke und narkotischer Mittel obenan. Während der Durchschnitt der erwachsenen Menschen „seinen Kummer versäuft“, greift eine glücklicherweise noch geringe Minderheit zu Morphium und Kokaïn, um eine schlechte S. zu verbessern. Dem gegenüber können unzureichende Ernährung, Mangel an Bewegung, dauernde Krankheit auch den Frohgemutesten niederdrücken. Als Beispiel der indirekten Wirkung äußerer Umstände auf die S. sei der starke Einfluß erwähnt, den eine traurige oder öde Umgebung allmählich auf den Menschen ausübt. b) Die direkten psychischen Ursachen von Stimmungen sind gewisse Gedanken, wie der an einen unerwarteten Glücksfall oder eine erlittene Kränkung; eine mittelbare Ursache könnte man das Spiel der Associationen und den Willen einer Stimmungsänderung nennen. Vgl. Domrich, Die psychischen Zustände (Jena 1849); Steinitzer, Die menschlichen und tierischen Gemütsbewegungen (Münch. 1889).

Stock, Stockholder etc. (engl.), s. Staatsschuldbuch, S. 870.

Stolberg-Wernigerode, Udo, Graf zu, preuß. Staatsmann, geb. 4. März 1840 zu Berlin, Neffe des frühern Oberpräsidenten von Schlesien und Präsidenten des Herrenhauses, Grafen Eberhard zu S., absolvierte das Abiturientenexamen und studierte in Halle die Rechte. Dann aber trat er in das Regiment Garde du Corps ein, machte die Kriege von 1866 und 1870 mit und wurde bei Königgrätz verwundet. Nach dem deutsch-französischen Kriege aus der Armee, der er nur noch als Major à la suite angehört, ausgeschieden, war er einige Zeit Landrat, widmete sich aber dann der Verwaltung seiner großen Fideikommißherrschaften Kreppelhof in Schlesien und Dönhofstädt in Ostpreußen und ward Mitglied des schlesischen Provinziallandtags, des Provinzialausschusses und des Herrenhauses. In den Reichstag wurde er 1877, 1878 und 1884 gewählt und gehört ihm seit letzterm Jahre dauernd an. Er ist eins der hervorragendsten Mitglieder der deutschkonservativen Partei und zeichnet sich durch Sachkenntnis, Redegabe und Mäßigung aus. Im Juli 1891 wurde er zum Oberpräsidenten der Provinz Ostpreußen ernannt.

Stolze, Wilhelm. Zur Erinnerung an das 50jährige Bestehen des Stolzeschen Stenographiesystems fand 1891 in Berlin unter lebhafter Beteiligung ein „Stolzetag“ statt. Die für dieses Fest beabsichtigte Einigung der gespaltenen Stolzeschen Schule ist nicht zu stande gekommen. In den Niederlanden hat sich nach der Übertragung von Wéry eine Stolzesche Schule der Stenographie gebildet. Eine Übertragung des Stolzeschen Systems auf das Finnische hat sich im finnischen Landtage praktisch bewährt, es ist aber kein Lehrbuch dafür erschienen. Vertreten wird das Stolzesche System oder dessen Übertragungen gegenwärtig durch 490 Vereine mit 12,300 Mitgliedern. Das bedeutendste Fachblatt der Stolzeschen Schule ist das „Magazin für Stenographie“ (seit 1880). Der seit 1878 bestehende Stolzesche Stenographenverein in Berlin (Vorsitzender M. Bäckler) ist der größte Fachverein seiner Art, er zählt über 1500 Mitglieder. Vgl. Käding, Stolzebibliothek (Berl. 1889–92, Bd. 1–16), darin in Bd. 9 u. 10 die vollständigste Biographie Stolzes; Derselbe, Fortbildungsbuch für Stolzesche Stenographen (das. 1888–89, 3 Teile); Schrey, Das neustolzesche System (Barmen 1886); Faulmann, Gabelsberger und S. (Wien 1889).

Stopfbüchse. Schon lange ist man bestrebt, wie bei Kolben auch bei Stopfbüchsen die leicht vergängliche und daher oft zu erneuernde Packung aus Hanf, Baumwolle oder ähnlichem Faserstoff durch eine haltbarere Metallpackung zu ersetzen. Die zahlreichen dahingehörigen Konstruktionen hielten jedoch entweder nicht dicht, oder griffen die abzudichtende Stange an, oder waren trotz ihres höhern Preises nicht haltbarer als die alten Hanfdichtungen. In letzter Zeit haben sich jedoch einige Metallpackungen bewährt. Eine Klasse derselben bilden die Metalldrahtpackungen. Sie bestehen aus einem zopfartigen, vierkantigen Geflecht von ganz feinen Metalldrähten (Bronze-, Messing-, Eisendraht), welches in ringförmigen Schichten in die S. eingelegt wird und vermöge seiner Kapillarität das erforderliche Schmiermaterial aufsaugt und festhält. Diese Packungsart soll absolute Dichtigkeit auch bei den höchsten Dampfspannungen darbieten, selbst bei jahrelangem Gebrauch nicht verbrennen und nicht hart werden, die Kolbenstange stets glatt und rein halten, ohne sie abzunutzen, nur geringe Reibung verursachen und sich bei Reparaturen leicht herausnehmen lassen. Das Einsetzen geschieht in der Weise, daß von der in langen Stücken angefertigten Packung mit einem Meißel oder Messer ein Stück abgeschnitten wird, welches lang genug ist, um einen vollständigen Ring um die zu dichtende Stange zu bilden und dabei noch ein festes Ineinanderstauchen der Enden beim Einsetzen zu gestatten. Damit das Geflecht sich nicht löst, muß das abgeschnittene Stück über beiden Schnittstellen fest mit Draht umbunden werden. Die Anzahl der erforderlichen Ringe richtet sich nach der Länge der S.; gewöhnlich reichen 3–5 Ringe aus. Beim Einlegen der Ringe ist darauf zu achten, daß die Schlußstellen derselben nicht übereinander liegen, sondern gegeneinander versetzt sind. Nach dem Einlegen jedes Ringes ist der Stopfbüchsendeckel (die Brille) einmal fest anzuschrauben, damit der Ring sich richtig legt, beim Gehen der Maschine dürfen jedoch die Schrauben der S. nur ganz lose angedreht sein. Derartige Metalldrahtpackungen werden geliefert von Felten u. Guillaume in Mülheim a. Rh., R. Haber in Aachen, G. Pickhardt in Bonn. Felten u. Guillaume berechnen imprägnierte Bronzedrahtpackung von unter 10, 10–20 mm und über 20 mm Stärke mit 15, 12 und 11 Mk. pro Kilogramm, verzinnte Messingdrahtpackung von unter 10, 10–20 und über 20 mm Stärke mit 14, 11 und 10 Mk. pro Kilogramm, imprägnierte Eisendrahtpackung von derselben Stärke mit 11, 8 und 7 Mk. pro Kilogramm. Eine Abart hiervon ist die kombinierte Metall-Asbestpackung von G. Pickhardt. Diese soll nach den Angaben des Lieferanten vor der reinen Metallpackung folgende Vorzüge haben: Größere Kapillarität zur Aufnahme und Konservierung von Fettstoffen behufs Schmierung der abzudichtenden Stangen und hierdurch bedingtes leichteres Einschleifen und besseres Eindichten, größere Elastizität und Biegsamkeit, die ein leichteres Einlegen, auch in einem Stück mit zugeschärften Enden, gestattet. Die Packung hat ferner scharfe Kanten und vollständig ebene Flächen, wodurch ein lückenloses Anliegen an den abzudichtenden Teilen herbeigeführt werden soll, sie soll weniger Reibung verursachen und nacheinander mit allen vier Seiten gebraucht werden können. Diese Packung kostet bei 6–20 mm, 22–40 mm und über 40 mm 11,50, 10 und 9 Mk. pro Kilogramm. Bei allen diesen Drahtpackungen wird das Einlegen eines Hanfringes vor und hinter den Drahtringen empfohlen.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 892. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0906.jpg&oldid=- (Version vom 27.9.2022)