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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

Gewässer der Nord- und Ostabdachung des letztgenannten Landes dem Nil zu. Größer ist das Gebiet des Weißen Flusses, der als Bahr el Dschebel aus dem Lande der Bari heraustritt. Langsam schleichend, zahlreiche große und kleine Strominseln einschließend, fließt er nach N., nur hier und da von höhern Ufern begrenzt, zur Regenzeit weit und breit die Niederungen überschwemmend. Etwa unter 9° nördl. Br., wo er sich östlich wendet, empfängt er links den weit aus dem westlichen Innern kommenden, durch zahlreiche große Zuflüsse gespeisten Gazellenfluß (Bahr el Gazal) und bald darauf rechts aus Abessinien und den Gallaländern den Sobat. Unter 3° nördl. Br. etwa tritt er aus dem nördlichen Ende des Mwutan hervor, des großen, 1864 von Baker entdeckten Sees. Doch ist dies keineswegs der Quellsee. Er empfängt vielmehr im Victoria-Nil den Abfluß eines zweiten, südöstlich gelegenen Sees, des 1858 von Speke entdeckten Ukerewe, und diesem strömt wieder der aus dem Akanyaru (Alexandrasee) kommende, von Stanley entdeckte Kagera zu. Das Gefälle des riesigen Stroms ist im ganzen sehr gering, aber ungleich; von Chartum bis Wadi Halfa beträgt es 320 m, von da bis Assuân 37 m, von da bis Kairo 103 m und von Kairo zum Meer endlich im Durchschnitt 9 m. Sein im Altertum schon bewundertes Anschwellen tritt in Assuân Ende Juni, in Kairo Anfang Juli ein und ist eine Folge des Anschwellens der abessinischen Ströme, zumal des Blauen Nils und des Atbara samt Zuflüssen (Setit, Salâm, Angrab, Rahad, Dinder). Der plötzliche Wassersturz dieser durch dreimonatlichen Regen angeschwollenen Ströme, die eine ungeheure Menge fruchtbaren Schlammes aus den Hochlanden mit sich führen, veranlaßt die jährliche Überschwemmung Unterägyptens und das Absetzen des fruchtbaren Nilschlammes, der ein „Geschenk Abessiniens“ ist. Andre abessinische Flüsse sind ohne Ausfluß, verlaufen sich in Seen oder Sümpfe; so der größte Fluß Schoas, der Hawasch. Größere und kleinere wenig bekannte Flüsse finden sich an der Somal- und Suaheliküste. Die Ströme der Ostküste kommen zum Teil tief aus dem Innern, zeichnen sich durch gefährliche Barren vor der Mündung aus und besitzen fast alle Stromschnellen und Katarakte, welche eine ergiebige Entwickelung der Schiffahrt verhindern. Die wichtigsten derselben (von N. nach S.) sind: der Dschubb, Tana, Pangani, Lufidschi, Rufuma. Ihre Quellen sind noch nicht erforscht. Denselben Charakter zeigt der größte, unter 18° südl. Br. durch ein Delta in den Indischen Ozean mündende südafrikanische Fluß, der Sambesi (s. d.), dessen Quellgebiet bis zum Westrand Hochafrikas, wo er als Liba aus dem Dilolosumpf abfließt, und bis zum N. des Innern reicht, wo sein andrer Quellfluß, der Liambaye (Kobompo), im Lande der Balunda entspringt. Unterhalb der Mündung des Tschobe betritt der Strom das Bergland der Batoka, wo er die großartigen Moasiwatunja- oder Victoriafälle bildet, empfängt später den von N. kommenden Schire, den Ausfluß des Nyassasees, und tritt dann aus der Felsspalte des Lupatagebirges in ein weites Thal ein, um endlich, in viele Arme geteilt, das Meer zu erreichen. Wie der Nil, schwellen auch der Liambaye und seine Nebenflüsse durch die tropischen Regen an und überschwemmen weithin das Land. Südlich vom Sambesi führt der Limpopo (Krokodilfluß) die Gewässer aus Transvaal und vom Ostgehänge des Matoppogebirges zur Sofalaküste hinaus. Geringer ist der Wasserreichtum südlich vom Wendekreis, doch kommen zahlreiche Küstenflüsse von dem Kranz des kapischen Hochlands zur Küste, darunter der Tugela in Natal, der Große Fischfluß im Kapland, während sich die auf dem innern Gehänge der Umwallung entspringenden Flüsse zum Oranjefluß (Gariep) sammeln. Letzterer entsteht aus zwei von den Drakenbergen kommenden Quellflüssen, dem Nu Gariep und dem Kai Gariep oder Baal, und ist der bedeutendste Fluß des Kaplands, das er (auf der Nordgrenze) beinahe seiner ganzen Breite nach von O. nach W. in tiefem Felsenthal durchzieht, ohne dem Lande die Segnungen eines großen Stroms zu bringen. Das Hochland der Dama schickt seine Gewässer teils zum Oranjefluß, teils nach kurzem Lauf ins Meer (Swakop); andre versiegen in den Steppen des Innern (Omuramba, Omatuko). Vom 18.° südl. Br. bis zum Senegal ist die Zahl der Ströme groß. Der noch wenig gekannte Cunene in Benguela, der Coanza in Angola entspringen aus dem sumpfigen Wasserscheiderücken und durchziehen dann weite, wellenförmige Hochebenen, ehe sie die tiefern Stufen durchbrechen; ihre untere Strecke ist felsig und voller Katarakte und verwehrt die Schiffahrt ins Innere. Unter 6° südl. Br. mündet in den Atlantischen Ozean der gewaltige Congo (Lualaba im Oberlauf), einer der Riesenströme der Erde. Er bringt eine ungeheure Wassermasse mit und zeigt an manchen Stellen der Mündung 400 m Tiefe; noch 100 km oberhalb der Mündung hat er eine Breite von 3000 m, eine Tiefe von 20 m. Er wurde zuerst von H. Stanley in dem mächtigen Bogen, den er bis über den Äquator hinaus bildet, befahren, nachdem bereits Livingstone seinen Oberlauf, den Lualaba, entdeckt hatte. Seine nur im obern Lauf erforschten Nebenflüsse von S. her sind der Quango, der Kassai, Sankuru, Lomâni u. a. m. Der Ogowe (Ogowai), im untern Lauf in viele Arme sich teilend und ein wahres Labyrinth von Inseln bildend, und der Gabon (eigentlich ein Ästuarium) sind uns erst in jüngster Zeit bekannter geworden; es wiederholen sich bei ihnen die Verhältnisse der südlichen Flüsse. Kürzer ist der Lauf des Calabarstroms, welcher in die Biafrabai mündet. Aus dem Hochland von Oberguinea stammen eine Anzahl größerer Ströme (Casamanza, Rio Nuñez, der Große und Kleine Scarcies, der Rokelle, der Kamaranka, der St. Paul-Fluß u. a. m.) und zahlreiche kleinere Küstenflüsse. Unter allen bleibt aber der Niger (richtiger Nigir) der größte, wichtigste und berühmteste. Er entspringt am Lomaberg im Kong aus den Quellflüssen Tembi und Falico und tritt als Dscholiba in die Ebene, in der er sich ganz wie der Weiße Nil in seinem obern Lauf oftmals teilt, um seine Arme, oft erst nach sehr langem Lauf, wieder zu verbinden; endlich löst er sich in ein Netz von Armen und Ästen auf, die, besonders zur Regenzeit weit ins Land reichend (so bis Bambarra), sein Wasser weithin verteilen. Bis Timbuktu, wo er sich ostwärts wendet und an der Grenze der Wüste hinläuft, reicht diese Bildung. Schon oberhalb Timbuktu ändert er den Namen; Mayo balleo, Eghireu, Issa sind seine neuen Namen. Wo er sich von W. nach S. wendet und Say genannt wird, da beginnen die zahlreichen Stromschnellen, die von Bussa aufwärts die Bergfahrt selbst in Barken bis jetzt unmöglich machten; bis Rabba (9° nördl. Br.) wird er mit Dampfern befahren. Aus der malerischen Thalenge von Egga tritt er,

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0152.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)