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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

Albatāni (latinisiert Albategnius), eigentlich Mohammed ben Geber ben Senan Abu Abdallah al Batani, der größte Astronom der Araber, geboren zu Harran, nach andern Angaben um 850 zu Batan in Mesopotamien, war Statthalter der Kalifen in Syrien und starb 929 auf der Reise von Bagdad nach Rakka im Schloß Dschaß. Seine astronomischen Beobachtungen hat er teils zu Damaskus, teils zu Aracta in Mesopotamien angestellt, weshalb er auch Mohammedes Aractensis heißt. Er berechnete die Länge des Sonnenjahrs auf 365 Tage 5 Stunden 46 Minuten 24 Sekunden, unterwarf die Exzentrizität der Sonnenbahn einer neuen genauen Untersuchung, bemerkte dabei zuerst die Bewegung des Apogäums, und obgleich er über das ptolemäische System sich nicht erheben konnte, berechnete er doch die Bewegung der Planeten aufs schärfste und führte neue Tafeln und viele Modifikationen der herkömmlichen Theorie ein. Größer aber als alles dies ist Albatanis Verdienst um die Trigonometrie, in welcher er zuerst statt der Sehnen die Sinus gebrauchte. Er bekannte sich zum harranischen Sabäismus. Vgl. Chwolson, Die Ssabier (Petersb. 1856).

Albāti (lat., „weiß Gekleidete“, von Alba), in der alten Kirche von der Kleidung hergenommene Bezeichnung sowohl der Geistlichen als der Neugetauften. Aus gleichem Grund heißen auch die Bußbrüderschaften des 14. Jahrh. in Italien, Frankreich und Spanien A., ital. Bianchi.

Albătros (Diomedēa L.), Vogelgattung aus der Ordnung der Schwimmvögel und der Familie der Sturmvögel (Procellariidae), große, kräftige Vögel mit kurzem Hals, großem Kopf, langem, starkem, seitlich zusammengedrücktem, auf der Firste etwas eingebogenem, scharfschneidigem, vorn gekrümmtem Schnabel mit in kurzen, seitlich liegenden Röhren endigenden Nasenlöchern, von denen aus ziemlich tiefe Furchen nach der Spitze zu verlaufen, außerordentlich langen, aber schmalen Flügeln, starken, kurzen, dreizehigen Schwimmfüßen und kurzem Schwanz. Die größte und bekannteste Art, Kapschaf (D. exulans L., s. Tafel „Schwimmvögel II“), 1,1 m lang und 3–4,25 m breit, ist, mit Ausnahme der schwarzen Schwingen, ganz weiß, in der Jugend dunkelbraun gesprenkelt und bogig gebändert; das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel rotweiß, an der Spitze gelb, der Fuß rötlich gelbweiß. Er bewohnt die Weltmeere der südlichen Halbkugel, ist am häufigsten zwischen dem 30. und 40.° südl. Br., streift aber von dort bis zum Beringsmeer. Er wird an Ausdauer im Flug von keinem Vogel übertroffen, umkreist mit kaum bemerkbarem Flügelschlag, aber in reißender Schnelligkeit die Schiffe und folgt ihnen Hunderte von Meilen weit. Unfähig, lebende Fische zu fangen, frißt er alles, was auf den Wellen ruhig dahintreibt, Kopffüßler und Weichtiere und namentlich auch Aas. Bis jetzt bekannte Brutplätze des A. sind die einsamsten Inseln des Großen und Atlantischen Ozeans, Tristan d’Acunha, Auckland, Campbell u. a. Das Nest enthält gewöhnlich nur ein einziges weißes, 12 cm langes Ei, von welchem sich der brütende Vogel nicht leicht verscheuchen läßt. Man fängt den A. sehr leicht mit einer geköderten Angel. Er ist auf dem Schiffe vollkommen wehrlos. Sein Fleisch ist kaum genießbar.

Albēdo (lat., „die Weiße“), in der Photometrie das Vermögen eines Körpers, einen größern oder geringern Teil des auf ihn fallenden Lichts wieder zurückzustrahlen. Nach Zöllner ist z. B. die A. des weißen Papiers 0,7, d. h. weißes Papier wirft 7/10 der auffallenden Lichtstrahlen zurück; bei frisch gefallenem Schnee ist die A. 0,783, bei weißem Sandstein 0,237, bei feuchter Ackererde 0,079. Derselbe Autor gibt für den Mond 0,1736, Mars 0,2672, Jupiter 0,6238, Saturn 0,4981, Uranus 0,6406, Neptun 0,4648 als Wert der A. an. Vgl. Zöllner, Photometrische Untersuchungen (Leipz. 1865).

Albemarle, Herzog von, s. Monk.

Albemarle (spr. älbimarl), engl. Grafentitel, zuerst verliehen von Wilhelm III. 1696 an Arnold Joost van Keppel aus Geldern. Dieser trat später in holländische Dienste, führte das niederländische Heer im spanischen Erbfolgekrieg und starb 1718. – Sein Sohn William Anne Keppel, zweiter Graf von A., geb. 5. Juni 1702, war englischer General und Diplomat und starb 22. Dez. 1754. – Der sechste Graf von A., George Thomas Keppel, geb. 13. Juni 1799, unternahm, zum Teil im Interesse der Regierung, größere Reisen, die er in „A journey across the Balkan“ (Lond. 1830) und „Narrative of a journey from India to England“ (das. 1834, 2 Bde.) beschrieb. Auch gab er die für die englische Geschichte des 18. Jahrh. wichtigen „Memoirs of the marquis of Rockingham and his contemporaries“ (Lond. 1852, 2 Bde.) heraus und veröffentlichte seine für die neueste englische Geschichte sehr interessante Selbstbiographie unter dem Titel: „Fifty years of my life“ (das. 1876). Er hat den Charakter eines Generalleutnants der Armee.

Albemarlesund, ein 9–22 km breites, 90 km langes Haff an der Küste des nordamerikan. Staats Nordcarolina, in welchen die Flüsse Roanoke und Chowan münden. Er wird durch eine sandige Nehrung vom Ozean getrennt und steht mit diesem nur durch das Pamlicosund genannte Haff, mit der Chesapeakebai künstlich durch den Dismal Swamp- und den Albemarlekanal in Verbindung.

Albendorf, berühmter Wallfahrtsort im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Neurode, bei Wünschelburg, mit (1880) 1809 Einw., hat eine schöne Kirche (1730 erbaut) mit einem „wunderthätigen“ Marienbild und einen Kalvarienberg mit vielen Kapellen. Die Zahl der jährlichen Wallfahrer beträgt 80–100,000.

Albenga, Kreishauptstadt in der ital. Provinz Genua, am Ausgang eines reichbebauten, von der Centa durchflossenen Thals und an der Eisenbahn von Genua nach Nizza, ein düsterer, im Sommer von Malaria heimgesuchter Ort mit mittelalterlichen Mauern und Türmen, Bischofsitz, hat ein Gymnasium, Seminar, 10 Kirchen, darunter eine Kathedrale aus dem 13. Jahrh., und (1881) 3087 Einw. An das Altertum erinnern der Ponte Lungo, eine römische Brücke mit zehn Bogen, und ein in ein Baptisterium umgewandelter Tempel. A. ist das antike Albium Ingaunum, Geburtsort des Kaisers Proculus.

Alber, alter deutscher Name für Pappel.

Alberdingk Thijm (spr. teim), Josephus Albertus, niederländ. Schriftsteller und Dichter, geb. 13. Aug. 1820 zu Amsterdam, widmete sich, obwohl von Beruf Kaufmann, fast ganz der Kunst und Litteratur. Er neigte sich als überzeugter Katholik zur romantischen Schule und ist dieser Auffassung in allen seinen Schriften treu geblieben. Im J. 1844 erschienen seine ersten Gedichte, denen verschiedene andre Sammlungen folgten. Seit 1855 gibt er eine Zeitschrift für Litteratur und Kunst („De Dietsche Warande“) heraus und hat sich in derselben als scharfer, obschon einseitiger Kritiker bekannt gemacht. Mit Vorliebe widmete er sich dem Studium des Dichters Vondel („Portretten van Joost van den Vondel“, 1876, u. a.); auch lieferte er viele andre schätzbare Beiträge zur niederländischen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0286.jpg&oldid=- (Version vom 22.5.2022)