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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

Aquilēge (lat. Aquilex, „Wassersammler“), Quellengräber, Wasserspürer.

Aquilegĭa L. (Aquileja, Akelei, Aglei), Gattung aus der Familie der Ranunkulaceen, ausdauernde Kräuter in Europa, Nordasien und Nordamerika, mit großen, doppelt dreiteiligen Blättern, einzeln stehenden, langgestielten Blüten, deren fünf blumenblattartige Kelchblätter abfallen, und deren fünf Blumenblätter ein zweilippiges, hohles, gesporntes, mit der Öffnung nach unten und mit dem am Ende umgerollten Sporne nach oben gerichtetes Organ bilden; jede Blüte erzeugt fünf aufrechte, vielsamige Kapseln mit glänzenden, feinen Samen. Die in Deutschland heimische A. vulgaris L. (gemeine Akelei) wird 60–90 cm hoch und hat große, blaue, glockenartig herabhängende Blumen. Sie wächst in Wäldern, auf Wiesen und in Hecken, besonders auf Kalkboden, und wird mit mehreren andern, namentlich asiatischen, Arten in vielen Varietäten als Zierpflanze in Gärten gezogen. Die jungen Sprößlinge können im Frühjahr wie Spargelkeime zubereitet und genossen werden. Sonst wurden Wurzel und Kraut wie auch die Samen medizinisch benutzt.

Aquilēja (mittelalterl. Aglar), zur Zeit der röm. Kaiser große Handelsstadt am Nordende des Adriatischen Meers in Oberitalien, jetzt unbedeutender Ort von 1400 Einw. in der österreichischen Grafschaft Gradisca. A. wurde 182 v. Chr. 60 Stadien vom Meer, mit welchem es durch die einst schiffbare, jetzt versandete Lagune in Verbindung stand, als römisches Castrum angelegt und ward bald ebenso wichtig in politischer und strategischer Beziehung wie reich und blühend durch Handel. Dazu trug vor allem seine Lage nahe dem Eingang des niedrigsten Alpenpasses nach NO. (Ocra, später Alpis Julia) bei; von hier aus gingen die Straßen nach Rätien, Noricum, Pannonien, Istrien und Dalmatien. Daher galt A. für den Schlüssel Italiens von der Nordostseite. Seit Mark Aurel war es auch eine der ersten Festungen des Reichs, an deren Mauern die Kaiser Maximinus (238 n. Chr.) und Constantius (340) ihren Tod fanden. Als Hauptstadt der Provinz Venetia und Histria war A. im 4. Jahrh. die viertgrößte Stadt Italiens. Bis ins 5. Jahrh. hatte A. seine Größe behauptet, als Attila sich nach dreimonatlicher Belagerung 452 der Stadt bemeisterte und sie dem Erdboden gleich machte. Die Einwohner flohen auf die Laguneninseln nach dem Hafen Gradus (Grado). An der Stelle des alten A. entstand nach einiger Zeit ein neuer Ort, der sich noch einmal erhob und zwar in kirchlicher Größe. Im 6. Jahrh. entstand das aquilejische Patriarchat, welches in den Wirren der Zeit eine Macht erlangte, die der des römischen Bischofs gleichkam und ganz Friaul nebst Istrien umfaßte. Nach dem Eindringen der Langobarden residierten die Patriarchen in Gradus und seit dem 7. Jahrh. zu Udine in Friaul. Im 16. Jahrh. bemächtigte sich Venedig der Patriarchatsländer, wovon es später einen Teil an Österreich abtrat. Das Patriarchat ward 1451 nach Venedig verlegt, kam aber dadurch in eine immer schwierigere Stellung, da einerseits Österreich, anderseits Venedig die Ernennung des Patriarchen in Anspruch nahm. Die fortdauernden Zwistigkeiten wurden erst 1750 durch Papst Benedikt beendet, welcher das Patriarchat von A. ganz aufhob und an dessen Stelle die zwei neuen Erzbistümer Udine und Görz errichtete, die noch gegenwärtig bestehen. Der heutige arme Ort enthält die große, 1042 im Rundbogenstil vollendete Domkirche und zahlreiche ausgegrabene Altertümer, welche die ehemalige Größe der Stadt ahnen lassen. Vgl. v. Czoernig, Das Land Görz und Gradisca, mit Einschluß von A. (Wien 1873).

Äquilibrismus (v. lat. aequilibrium, „Gleichgewicht“), diejenige Freiheitstheorie, wonach Freiheit des menschlichen Handelns nur bei völligem Gleichgewicht der Bestimmungsgründe obwalten soll. Der Ä. wird in der bekannten Erzählung von Buridans Esel verspottet, welcher, zwischen zwei gleich großen und gleich angenehm duftenden Heubündeln in der Mitte stehend, verhungert, weil kein Bestimmungsgrund die Wahl zwischen beiden entscheidet.

Äquilibrist (lat.), gymnast. Künstler, welcher bei den gewagtesten Stellungen und Bewegungen sowohl seinen Körper als die von ihm balancierten Gegenstände im Gleichgewicht zu erhalten versteht. In solchen äquilibristischen Künsten leisten besonders die indischen und chinesischen Künstler Erstaunliches.

Aquilĭfer (lat.), Adlerträger bei der römischen Legion.

Aquilīnae (Adler), Unterfamilie der Falken aus der Familie der Raubvögel.

Aquĭlo (lat., griech. Boreas), der stürmische Nord-, genauer Nordostwind; auch personifiziert. Aquilonisch, nördlich.

Aquinas, s. Thomas von Aquino.

Aquincum, Festung der Römer in Pannonien, an der Donau, das jetzige Alt-Ofen.

Aquīno (das Aquinum der Römer), Ort in der ital. Provinz Caserta, an der Eisenbahn Rom-Neapel, unfern San Germano, hat eine auf den Substruktionen eines Herkulestempels stehende Kirche, eine antike Brücke, Reste eines Zirkus, eines Amphitheaters, eines Ceres- und eines Dianentempels etc. und (1881) 2177 Einw. A., Geburtsort des Juvenal und des Thomas von Aquino, ward im 6. Jahrh. von den Langobarden zerstört.

Äquinoktialkreis (Äquinoktiallinie), s. v. w. Äquator, weil auf ihm die Äquinoktialpunkte liegen.

Äquinoktialpunkte, s. Äquinoktium.

Äquinoktialregen, die gewaltigen, oft mit Gewittern und Stürmen verbundenen Regengüsse, welche zwischen den Wendekreisen um die Zeit der Frühlings- und Herbst-Tag- und Nachtgleiche einzutreten pflegen.

Äquinoktialstürme, die heftigen Stürme, welche, oft von Regengüssen begleitet, vorzugsweise zwischen den Wendekreisen, aber auch in den gemäßigten Zonen um die Zeit der Frühlings- und Herbst-Tag- und Nachtgleiche einzutreten pflegen.

Äquinoktialuhr, s. Sonnenuhr.

Äquinoktialzone (Äquatorialzone), die zwischen den Wendekreisen auf beiden Seiten des Äquators gelegene heiße Zone der Erde.

Äquinoktium (lat., „Nachtgleiche“), der Zeitpunkt, wo der Mittelpunkt der Sonne beim scheinbaren Umlauf derselben um die Erde in den Äquator tritt. Da die Sonne nicht ein leuchtender Punkt ist, sondern ein größerer Körper, so kann man den Äquator selbst für diesen Tag als Tagbogen der Sonne betrachten. Dieser Tagbogen beträgt, wie auch der dazu gehörige Nachtbogen, 180°; es ist daher an jenem Tag die Sonne überall zwölf Stunden sichtbar und zwölf Stunden unsichtbar, es sind mithin Tag und Nacht von gleicher Länge. Es gibt aber zwei Äquinoktien, weil der Himmelsäquator von der Ekliptik zweimal durchschnitten wird, das erste Mal 21. März (Frühlingsäquinoktium) und das andre Mal 23. Sept. (Herbstäquinoktium). Die Punkte des Himmelsäquators, in denen dies geschieht, heißen die Äquinoktialpunkte; der eine

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 714. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0714.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)