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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

hatte, erließ Papst Johann XXII. 7. März 1319 eine Bulle, in welcher allen denjenigen B., welche die Regel der Franziskaner-Tertiarier annehmen wollten, Gnade zugesichert ward. Die Bulle Papst Nikolaus’ V. vom 12. Febr. 1453 nahm alle damals noch bestehenden Konvente in den Schoß der Kirche auf und verlieh ihnen die Rechte der Tertiarier. Die Zeit der größten Ausbreitung des Beghinenwesens fällt in das 13. und 14. Jahrh. Damals gab es Konvente in fast ganz Westeuropa, besonders in Oberitalien, Südfrankreich, Deutschland, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz etc. Innerhalb des Reichsgebiets verschwanden sie mit dem 16. Jahrh.; in Norddeutschland nahmen sie meist die Reformation an. In Belgien, wo sie kirchlich organisiert wurden, existieren sie noch heute (20 Beghinenhäuser mit etwa 1500 Insassen). Vgl. Mosheim, De Beghardis et Beguinabus (Leipz. 1790); Hallmann, Geschichte des Ursprungs der belgischen Beghinen (Berl. 1843); L. Keller, Die Reformation und die ältern Reformparteien (Leipz. 1885).

Begierde (lat. Cupido), Richtung des Strebens auf einen als begehrenswert vorgestellten Gegenstand. Durch diese Art ihrer Entstehung aus einer Vorstellung unterscheidet sich die B. von dem Trieb, einem Begehren, welches zu äußern Handlungen drängt, dem aber keine Kenntnis des Gegenstandes, welcher ihm zur Befriedigung dient, vorausgeht, welches vielmehr als ein in den Einrichtungen des leiblichen Organismus unmittelbar begründetes (sinnlicher Trieb) oder unter bildenden Umständen und geistigen Einflüssen gewordenes (geistiger Trieb) Streben zu betrachten ist. Von dem Wollen (s. d.), das aus der Vorstellung der Erreichbarkeit des Begehrten entspringt, wie von dem Wunsch, welcher trotz der Gewißheit der Unerreichbarkeit desselben fortbesteht, unterscheidet sich die B. dadurch, daß sie über Erreichbarkeit oder Unerreichbarkeit ihres Begehrten gar nicht reflektiert. Unter den verschiedenen Einteilungen der Begierden ist die wichtigste die in sinnliche und geistige Begierden, von denen die letztern wieder in unmittelbare und mittelbare zerfallen. Die sinnliche B. hat zum Gegenteil den Abscheu (Antipathie, Widerwille); beiden geht eine Vorstellung des Objekts voraus, das im erstern Fall als angenehm, im letztern als unangenehm gedacht wird. Äußere Wahrnehmungen sowohl als reproduzierte Vorstellungen eines sinnlich angenehmen Gegenstandes erregen die B. nach seinem Genuß. Mit der äußern oder innern Wahrnehmung des Gegenstandes ist seine Bedeutung, ist die Vorstellung von dem Genuß, den er gewährt, und somit ein vorläufiges Gefühl seiner Annehmlichkeit verbunden, welches erregend auf das entsprechende Organ wirkt. Der ganze Vorgang des sinnlichen Begehrens und Verabscheuens ist leiblicher und geistiger Natur zugleich. Die leiblichen Organe spielen einerseits dabei eine wesentliche Rolle, anderseits geht nicht bloß der ganze Prozeß von der Vorstellung des Begehrten oder einer solchen Wahrnehmung aus, die den sinnlichen Genuß von fern zeigt, sondern wir sind uns auch dieses Vorganges bewußt, woraus zu schließen ist, daß auch dem, was daran leibliches Geschehen ist, ein geistiges Geschehen innerhalb des Bewußtseins entspricht.

Begießen der Gewächse hat nicht nur den Zweck, die von den Blättern verdunstete Feuchtigkeit (Saft) der Pflanze zu ersetzen, sondern auch die im Erdboden befindlichen Nahrungsstoffe aufzulösen und für die Wurzeln aufnahmefähig zu machen; es sollte aber nicht zu früh, d. h. unnötig, geschehen, weil sonst die Erde leicht „versauert“, wodurch die Pflanze leidet. Topfpflanzen gieße man nicht eher, als bis die Oberfläche des Bodens trocken geworden, was im Sommer und beim Treiben der Pflanze öfters, im Winter und bei der ruhenden, d. h. nicht treibenden, Pflanze seltener der Fall sein wird; dann aber gieße man durchdringend, daß auch nicht eine Stelle des Wurzelballens ohne Feuchtigkeit bleibe, und stets mit erwärmtem Regenwasser oder Wasser aus dem Fluß, Teich und Behälter, in dem es schon längere Zeit gestanden, niemals mit frischem Brunnen- oder durch chemische Abfälle (aus Fabriken) verdorbenem Wasser. Bei Topfpflanzen empfiehlt sich, namentlich im Winter, die Erhöhung des Erdballens um den Stamm, damit die Saugwurzeln, die sich am Topfrand am meisten ausbreiten, die meiste Feuchtigkeit, die im Innern des Ballens aber weniger erhalten. Im kühlen, dunkeln Raum überwinterte Topfpflanzen werden nur selten begossen. Wasserpflanzen stehen mit ihren Töpfen auf Untersetzern und dürfen mit ihrem Wurzelballen niemals austrocknen. – Im Gemüsegarten gieße man stets durchdringend, wenn auch nicht täglich, zuweilen mit Dungwasser bei Pflanzen, welche viel Nahrung erfordern, dann aber stets reines Wasser nach. Obst- und „wilde“ Bäume vertrocknen leicht in durchlässigem Boden und müssen daher öfters begossen werden, aber nicht nur oberflächlich, sondern in der Tiefe, weshalb man unter dem Umkreis der Krone mit dem Locheisen oder Erdbohrer zahlreiche 0,5–1,5 m tiefe Löcher öffnet und in diese Drainröhren versenkt, die wiederholt mit Wasser zu füllen sind, dem man zu weiterer Ernährung der Bäume verschiedene Dungstoffe zusetzt, die bei Obstbäumen, wenn diese Art der Düngung kurz vor Abschluß des Jahreswachstums (Anfang August bis Anfang September in drei Gaben) gereicht wird, den Frucht- oder Blütenansatz außerordentlich begünstigt. In leichtem Boden hat sich die Düngung mit Kalisalzen und Phosphorsäure ganz besonders bewährt. Gießen mit Superphosphatlösung (3 g in 10 Lit. Wasser) begünstigt das Blühen und Ansetzen der Früchte, Ammoniaksalze in gleich starker Lösung befördern das Wachstum, auch der Blätter. In neuerer Zeit hat man praktische Apparate zum B. eingerichtet, tragbare und fahrbare in verschiedenen Formen, mit Pumpwerk, Schlauch, auch mit Vorrichtungen, durch welche der Wasserstrahl in feinen Regen zerteilt wird.

Beginen, s. Beghinen.

Beglaubigung (neulat. Fidemation, Vidimation), der Akt, durch welchen eine hierzu befugte Behörde oder öffentliche Person (Gericht, Gesandter, Konsul, Notar) die Richtigkeit einer Thatsache in amtlicher Form und von Amts wegen bezeugt. Die Hauptfälle der B. sind die B. von Abschriften und die B. von Unterschriften. Im ersten Fall wird die wortgetreue Übereinstimmung einer Abschrift mit der Originalurkunde, im zweiten Fall die Echtheit einer Unterschrift (z. B. bei einer Vollmachtserteilung, Ausstellung einer Quittung) bezeugt. In Deutschland ist die B. von Urkunden Gegenstand der Reichsgesetzgebung. Für inländische öffentliche Urkunden ist innerhalb des Reichsgebiets durch Reichsgesetz vom 1. Mai 1878 jeder Zwang zu besonderer B. (Legalisierung) beseitigt. Für ausländische Urkunden genügt die Legalisation durch einen Gesandten oder Konsul des Reichs. Beglaubigungsschreiben (Kreditiv, Lettre de créance), das Schriftstück, wodurch die Eigenschaft eines Gesandten als solchen durch die absendende Regierung bei der empfangenden beurkundet wird.

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 614. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0614.jpg&oldid=- (Version vom 30.4.2022)