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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 3

deutsche Reichsstrafgesetzbuch (§ 324) bestraft die vorsätzliche B. mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und, wenn dadurch der Tod eines Menschen verursacht wurde, mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus.

Brunnenzoll (Wasserzoll, Pouce d’eau), eine ehemals von französischen Brunnenmeistern bei der Verteilung des Wassers in den öffentlichen Wasserwerken eingeführte Einheit, um den Wasserabfluß aus dem Brunnen zu messen. Über die neuere Art, einen Wasserabfluß zu messen, vgl. Wasserleitungen.

Brunner, Sebastian, kathol. Theolog und Schriftsteller, geb. 10. Dez. 1814 zu Wien, studierte daselbst Theologie, fungierte, 1838 zum Priester geweiht, an verschiedenen Orten der Wiener Diözese als Kaplan und wurde 1843–48 von Metternich verwendet, um die Gesandtschaftsberichte über die religiöse und politische Bewegung zusammenzustellen und zu beurteilen. 1846 vom Staatskanzler nach Deutschland und Frankreich gesandt, machte er über seine Beobachtungen ein Referat, worin er das Losbrechen der Revolution in längstens zwei Jahren voraussagte. Im J. 1848 begründete er die „Wiener katholische Kirchenzeitung“, die er bis 1865 herausgab, und wurde Doktor der Theologie, bekleidete darauf 1853–65 die Stelle eines Universitätspredigers zu Wien und wurde dann zum apostolischen Protonotar und päpstlichen Hausprälaten, 1875 zum fürsterzbischöflichen Konsistorialrat in Wien ernannt. Als Schriftsteller erinnert B. durch kapuzinerhaften Humor und Witz an Abraham a Santa Clara, während er in Bezug auf edle Gesinnung das Gegenteil von ihm bildet. Wir nennen von seinen zahlreichen, fast alle Erscheinungen des modernen Lebens vom ultramontanen Standpunkt aus bekämpfenden Schriften: das didaktische Gedicht „Die Welt ein Epos“, eine fanatisch-geistlose Verketzerung der Philosophie (Wien 1844; 4. Aufl., Regensb. 1857); die gegen die politischen, litterarischen und religiösen Zustände gerichteten Dichtungen: „Der Nebeljungen Lied“ (das. 1845, 3. Aufl. 1852) und „Der deutsche Hiob“ (2. Aufl., das. 1846; daraus besonders abgedruckt: „Johannes Ronge, der Luther des 19. Jahrh.“); ferner „Blöde Ritter. Poetische Galerie deutscher Staatspfiffe“ (das. 1848); die Romane: „Des Genies Malheur und Glück“ (Leipz. 1843, 2 Bde.), „Fremde und Heimat“ (Wien 1845), „Die Prinzenschule zu Möpselglück“ (Regensb. 1847) und „Diogenes von Azzelbrunn“ (Wien 1853); die Schrift „Das deutsche Reichsvieh“ (2. Aufl., das. 1849); die skandalösen „Keilschriften“ (das. 1856); „Woher? Wohin?“, eine Art Selbstbiographie (das. 1855, 2 Bde.). Später folgten Reisebeschreibungen, wie: „Kennst du das Land? Heitere Fahrten durch Italien“ (Wien 1857), „Aus dem Venediger- und Longobardenland“ (das. 1860), „Unter Lebendigen und Toten“ (das. 1862), sowie historische Werke, wie: „Klemens Maria Hoffbauer und seine Zeit“ (das. 1858), „Die theologische Dienerschaft am Hof Josephs II.“ (das. 1868), „Die Mysterien der Aufklärung in Österreich 1770–1800“ (Mainz 1869), „Der Humor in der Diplomatie und Regierungskunde des 18. Jahrhunderts“ (das. 1872, 2 Bde.), die Biographie Josephs II. (Freiburg 1874), „Ein Benediktinerbuch“, Geschichte etc. der Benediktinerstifter (Würzb. 1880), „Ein Chorherrenbuch“ (das. 1883) und „Hau- und Bausteine zu einer Litteraturgeschichte der Deutschen“ (Wien 1884 ff.). Nicht ohne Interesse für die Kunstgeschichte sind: „Die Kunstgenossen der Klosterzelle“ (Wien 1863) und „Heitere Studien und Kritiken in und über Italien“ (das. 1866, 2 Bde.). Auch gab B. die „Correspondances intimes de l’empereur Joseph II avec son ami le comte de Cobenzl et son premier ministre le prince de Kaunitz“ (Mainz 1871) heraus. Seine „Gesammelten Erzählungen und poetischen Schriften“ erschienen in 18 Bänden (Regensb. 1863–77).

Brunnow, Philipp, Graf von, russ. Diplomat, geb. 31. Aug. 1797 zu Dresden, studierte von 1815 bis 1818 in Leipzig Jurisprudenz und Staatswissenschaften und trat dann in den russischen Staatsdienst. Nachdem er bei mehreren Gesandtschaften und in der nächsten Umgebung Nesselrodes verwendet worden, auch dem Feldzug gegen die Türken 1828 und 1829 als Zivilkommissar beigewohnt hatte, wurde er 1839 Gesandter in Stuttgart und 1840 Botschafter in London. Hier kam unter seiner besondern Mitwirkung der Vertrag vom 15. Juli 1840 zu stande, in welchem sich Rußland, Österreich, Preußen und England mit Ausschließung Frankreichs zur Friedensstiftung im Orient einigten. Sein Werk vornehmlich war auch das Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852, durch welches die Interessen Rußlands und Englands im Norden Europas solidarisch verbunden werden sollten. Infolge der orientalischen Verwickelungen 1854 abberufen, ward er im Oktober 1855 zum russischen Gesandten am Bundestag zu Frankfurt ernannt. Der Thronwechsel in Rußland führte B. auf den Schauplatz der großen diplomatischen Thätigkeit zurück. Im Verein mit dem Grafen Orlow vertrat er Rußland auf dem Friedenskongreß zu Paris von 1856, ging dann 1857 als Gesandter nach Berlin, kehrte aber im März 1858 in gleicher Eigenschaft nach London zurück und ward 19. Dez. 1860 zum Rang eines Botschafters erhoben. Es gelang ihm indessen nicht, das alte gute Einvernehmen zwischen Rußland und England herzustellen; namentlich 1863 während der Verhandlungen über Polen hatte er einen harten Stand. Mehr Sympathien bei dem englischen Volk fand er als Vertreter Rußlands bei den Konferenzen, welche 1864 wegen Schleswig-Holsteins stattfanden, und wo er mit großem Eifer, obwohl vergeblich, das dänische Interesse verfocht. Auch wohnte er wegen der luxemburgischen Angelegenheiten dem Londoner Kongreß von 1867 bei. Im Juni 1870 ging er als Botschafter nach Paris, wurde aber im Februar 1871 in gleicher Eigenschaft abermals in London akkreditiert und wohnte hier der Pontuskonferenz bei. Er wurde 1871 in den Grafenstand erhoben. Im Juli 1874 zog er sich wegen hohen Alters von seinem Botschafterposten zurück und starb 12. April 1875 in Darmstadt.

Brünnow, Franz Friedrich Ernst, Astronom, geb. 18. Nov. 1821 zu Berlin, studierte daselbst unter Encke und wurde Gehilfe an der dortigen Sternwarte, nachher Astronom in Bilk bei Düsseldorf, 1854 Professor der Astronomie an der Universität von Michigan und Direktor der Sternwarte von Ann Arbor in den Vereinigten Staaten, nach Hamiltons Tod 1866 Professor der Astronomie in Dublin und königlicher Astronom von Irland. Zahlreiche Berechnungen von Kometenbahnen von ihm enthalten die „Astronomischen Nachrichten“; besonders bekannt aber ist er durch sein „Lehrbuch der sphärischen Astronomie“ (Berl. 1851; 4. Aufl., das. 1881).

Brunnthal, Dorf in Oberbayern, 2 km nördlich von München, zu Bogenhausen gehörig, mit 330 Einw., bekannt durch die von Steinbacher (gest. 1868) gegründete Naturheilanstalt (Diät- und Wasserkuren). Vgl. Schilling, B., seine Lage, Quellen und Geschichte (Münch. 1864).

Bruno, 1) B. I. (Brun), Erzbischof von Köln und Herzog von Lothringen, dritter Sohn König Heinrichs I.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 3. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 521. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b3_s0521.jpg&oldid=- (Version vom 15.2.2023)