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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 3

sich jetzt die Seite hantieren lassen, als ob sie nur aus einem Stück bestände. Die vollendeten Seiten werden entweder bis zur Fertigstellung der für einen Druckbogen erforderlichen Anzahl auf Papierlagen (Porte-pages) aufbewahrt, oder gleich auf Bretter (Setzbretter) oder Schließplatten und Schließsteine in einer bestimmten, der Aufeinanderfolge der Seiten entsprechenden Reihenfolge gestellt (ausgeschossen), wo alsdann Holz- oder Metallstege von der Breite der auf dem Papier weiß bleibenden, für das Einbinden nötigen Räume (Bund-, Kreuz- und Mittelsteg) um die Seiten gelegt, die Kolumnenschnuren entfernt (die Seiten „aufgelöst“) und die Formen vermittelst eiserner Rahmen entweder mit Eisenschrauben, Holzkeilen und Schrägstegen oder auch mit eigens konstruierten gezahnten Stegen und Keilen etc. geschlossen, d. h. so befestigt werden, daß die ganze, aus vielen Tausenden von Lettern bestehende Form emporgehoben und in der Presse niedergelegt werden kann, ohne daß ein einziger Buchstabe aus deren Seiten falle. Das Seitenbilden (Umbrechen) und Schließen und die damit zusammenhängende Unterleitung der Herstellung eines Werkes besorgen indes meist (bei Zeitungen ist es ausnahmslos der Fall) damit speziell betraute geschickte Setzer, die Metteurs en pages; diese Arbeitsweise, bei welcher der Setzer nur Stücke (Pakete, davon Paketsetzer) glatten Satzes unter Weglassung aller Überschriften aus andrer als für den Textsatz verwandter Schrift zu liefern hat, wird Mise en pages genannt. Die leichtere Bestimmung der Reihenfolge der fertigen Bogen erreicht man durch Beifügung einer Ziffer rechts am Fuß der ersten und Wiederholung der gleichen Ziffer nebst Sternchen am Fuß der dritten Seite, der Signatur; die erste erhält häufig auch noch links in kleiner Schrift eine Norm, die in wenigen Worten Titel und Bandzahl eines Werkes anzugeben hat. Die Signaturangabe mit Buchstaben ist in Deutschland außer Brauch, ebenso ist der Kustos, d. h. das früher an den Schluß einer jeden Seite gestellte erste Wort der nächstfolgenden, in Wegfall gekommen. Die Formate werden nach der Zahl der Blätter, welche ein Bogen nach dem Zusammenfalzen enthält, benannt: Folio, Quart, Oktav, Duodez, Sedez, Oktodez etc. (s. d.).

Der erste Abdruck, welcher von den geschlossenen Formen oder auch von Seiten und Paketen in Schnuren genommen wird, ist der Korrekturabzug; in diesem zeichnet der Korrektor die vom Setzer veranlaßten Fehler, nach deren Berichtigung durch letztern (Auslassungen nennt derselbe „Leichen“, doppelt Gesetztes „Hochzeiten“) weitere Korrekturabzüge für Verfasser und Verleger hergestellt werden; erst wenn deren Berichtigungen und Änderungen vom Setzer gemacht und die Genehmigung zum Druck erteilt ist, kann derselbe nach vorhergegangener Prüfung der richtigen Stellung der Seiten und den nötigen Revisionen erfolgen. Diejenige Form, welche die erste und letzte Seite enthält, heißt die äußere, Prima oder Schöndruckform, sie wird in der Regel zuerst gedruckt (eingehoben); die andre wird als innere, Sekunda oder Widerdruckform bezeichnet. Der Druck erfolgt entweder in der Handpresse, kurzweg Presse (s. d.) genannt, in der Accidenzmaschine (s. d.[WS 1]) oder Tretpresse, oder in der Schnellpresse (s. d.; Maschine, ihr Leiter: Maschinenmeister); das Papier, mit Ausnahme von Schreibpapier, wird hierfür teils vorgängig gefeuchtet, d. h. in stärkern oder dünnern Lagen durch Wasser gezogen oder angespritzt, wodurch es geschmeidiger und zur Aufnahme der Druckfarbe geeigneter wird, teils trocken gedruckt und, ist der Druck ein feiner, auch satiniert (s. Satinieren), was ihm die durch das Feuchten verlorne Glätte wiedergibt. Vor dem Druck muß jede Form „zugerichtet“ werden, d. h. es müssen alle Ungleichheiten, welche sowohl infolge Unebenheit des druckenden Teils der Presse oder Maschine, resp. Ungleichheit des Druckes als auch durch leichte Unebenheiten in den die Form bildenden Typen, Klischees etc. entstehen können, durch Hinzufügung oder Hinwegnahme feiner Papiereinlagen ausgeglichen werden, eine Operation, die meist zeitraubend ist, bei feinem Illustrationsdruck aber auch hohe Anforderungen an die Kunstfertigkeit des Druckers oder Maschinenmeisters stellt und ein geschultes Auge verlangt, da selbst der feinste Holzschnitt ohne gute Zurichtung nicht voll zur Geltung kommt. Zur Erzielung eines guten Druckes gehören namentlich auch gute Walzen zur Verreibung und Auftragung der Farbe (s. Buchdruckfarbe); erstere werden meist in den Buchdruckereien selbst entweder aus einer Mischung von Leim und Sirup oder aus Glycerin, Zucker und Gelatine gegossen; sie haben bald nach der Erfindung der Schnellpresse die früher zum Auftragen der Farbe gebräuchlichen Ballen aus Roßhaar mit einem Überzug aus Kalb- oder Hundsleder verdrängt. Der Druck in der Presse, die in der Regel durch zwei Personen bedient wird, erfolgt durch bogenweises Einlegen des Papiers, Zuklappen und Niederlegen von Rähmchen und Deckel, Einfahren des Karrens vermittelst Drehung einer Kurbel, Herüberziehen des Bengels, Wiederausfahren und Auslegen des gedruckten Bogens, welche Operationen einer der beiden Drucker ausführt, während der andre die Farbe verreibt und die Form in der Zeit des Papier-Ein- und Auslegens einschwärzt („aufwalzt“). Die Schnellpresse besorgt alle diese Operationen, mit Ausnahme des Einlegens, selbstthätig, das Auslegen geschieht jetzt bei den meisten derselben durch einen mechanischen Auslegeapparat; der Maschinenmeister hat nach erfolgter Zurichtung nur den Gang der Maschine, die Gleichmäßigkeit der Färbung und die Güte des Druckes zu überwachen. Die gedruckten Bogen werden, wenn es nicht Zeitungen oder andre sofort abzuliefernde Arbeiten sind, zum Trocknen aufgehängt und sodann in Glättpressen gebracht zur Beseitigung der beim Druck entstandenen Unebenheiten des Papiers und zur Wiederherstellung seines guten Aussehens. Die Satzformen aber wäscht man, wenn „ausgedruckt“, behufs Entfernung der Druckfarbe mit einer in scharfe Lauge getauchten Bürste und spült sie mit reinem Wasser ab, und der Setzer erhält dieselben sodann, wenn sie nicht für weitere Drucke aufzubewahren sind, „stehen bleiben“, zum Auseinandernehmen, Ablegen oder Aufräumen, zurück; in ersterm Fall verteilt er die Lettern wieder in die ihnen entsprechenden Kastenfächer, in letzterm werden nur Titel, Überschriften, kurze Zeilen etc. abgelegt, der kompresse Satz aber „aufgebunden“, d. h. in handlichen Stücken mit Kolumnenschnuren umwunden und, wenn gut abgetrocknet, in Papier geschlagen und, deutlich etikettiert, für spätern Bedarf im Magazin aufbewahrt. Abgenutzte Typen werden als „Zeug“ wieder an die Schriftgießereien zum Umguß verkauft. – Über die verschiedenen Arten des Druckes s. die betreffenden Artikel.

Litteratur. Die Bibliographie der B. ist eine außerordentlich umfassende; das vollständigste Werk ist: Bigmore und Wyman, Bibliography of printing (Lond. 1880–84, 2 Bde.). Von wichtigen Erscheinungen der Neuzeit sind zu nennen: Weigel und

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Das Stichwort Accidenzmaschine ist in der Vorlage nicht vorhanden, siehe stattdessen Schnellpresse
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 3. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 559. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b3_s0559.jpg&oldid=- (Version vom 20.3.2021)