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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 3

der bis dahin nur empirisch und daher unter Ausschluß erheblicher Fortschritte betrieben wurde. Das Buch kann somit als der Anfang der Verbesserungen im Schiffbau, die das letzte Jahrhundert gebracht hat, betrachtet werden. C. war auch geschickter Organisator. Die in Verfall geratene schwedische Flotte brachte er, von Gustav III. damit beauftragt, wieder in Flor und wurde dafür Vizeadmiral und in den Adelstand erhoben. Er starb 19. Aug. 1808 in Karlskrona.

Chappe (franz., spr. schapp), Gespinst aus Seidenabfällen, s. Seide.

Chappe (spr. schapp), 1) Ignace Urbain Jean, Neffe des Astronomen Chappe d’Auteroche, geb. 1760 zu Rouen, erhielt, nachdem er sein Studium der Rechte beendigt, eine Stelle beim Finanzwesen, verlor zwar dieselbe durch die Revolution, ward aber dafür Deputierter des Sarthedepartements in der Gesetzgebenden Versammlung. Hierauf nahm er teil an den telegraphischen Unternehmungen seines Bruders und ward nach dessen Tode Direktor der Pariser Telegraphen, verlor aber unter Villèles Ministerium seinen Posten und starb 1828 in Paris. Er schrieb eine „Histoire de la télégraphie“ (Par. 1824, 2 Bde.; neue Ausg. 1840).

2) Claude, Bruder des vorigen, geb. 1763 zu Brûlon Le Maine (Sarthe), trat in den geistlichen Stand und erhielt zwei Pfründen, wodurch es ihm möglich wurde, seiner längst vorwaltenden Neigung zur Experimentalphysik ungestört nachzuhängen. Im J. 1792 als Mitglied in die Philomathische Gesellschaft zu Paris aufgenommen, kam er auf den Gedanken, mit entfernt lebenden Freunden durch Zeichen zu sprechen, und konstruierte eine optische Vorrichtung, welche dem Zweck entsprach. Noch in demselben Jahr übergab er dem Konvent die Beschreibung, und 1793 wurde eine telegraphische Linie von Paris nach Lille hergestellt. Die Regierung errichtete eine besondere telegraphische Administration, welche aus C. und zweien seiner Brüder bestand. Auf Grund dieses Erfolgs wird C. gewöhnlich als Erfinder des optischen Telegraphen bezeichnet; indes ist ein solcher schon 1684 von Robert Hooke angegeben worden, und C. selbst mußte erleben, daß ihm die Priorität seiner Erfindung streitig gemacht wurde. Darüber in tiefe Schwermut versunken, ertränkte er sich zu Paris 23. Jan. 1805 in einem Brunnen.

Chappe d’Auteroche (spr. schapp dotrósch), Jean, Astronom, geb. 2. März 1722 zu Mauriac in der Auvergne, war erst Geistlicher, widmete sich dann der Astronomie, beobachtete 1761 zu Tobolsk den Durchgang der Venus vor der Sonne und referierte darüber in seiner „Voyage en Sibérie fait en 1761“ (Par. 1768, 2 Bde.). Katharina II. ließ seine Behauptung, daß Rußland mehr Moräste und Wüsten als bevölkerte Städte und fruchtbare Gefilde habe, durch Schuwalow im „Antidote, ou Examen du mauvais livre intitulé Voyage en Sibérie, etc.“ (Amsterd. 1771, 2 Bde.) widerlegen. 1769 unternahm C. zu astronomischen Zwecken eine Reise nach Kalifornien, starb aber 1. Aug. d. J. zu San Lucar in Spanien. Seine „Voyage en Californie“ (Par. 1772) ward von C. F. Cassini herausgegeben.

Chaptal (spr. schaptall), Jean Antoine Claude, Graf von Chanteloup, Staatsmann und Chemiker, geb. 4. Juni 1756 zu Nogaret (Lozère), bildete sich in Paris und lebte dann als Arzt und Professor der Chemie in Montpellier. Seine hier gehaltenen Vorträge erschienen 1790 („Éléments de chimie“, 3 Bde.; 4. Aufl. 1803) und wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Er gründete Fabriken, in welchen die ersten Versuche in der Bereitung von Schwefelsäure, künstlichem Alaun und Soda gemacht wurden, die in der Industrie eine förmliche Revolution bewirkten; auch führte er die Türkischrotfärberei in Frankreich ein und gab ein nach ihm benanntes Weinverbesserungsverfahren an. Im J. 1798 ward er Mitglied des Instituts und 1799 von Napoleon in den Staatsrat berufen. Im J. 1800 zum Minister des Innern ernannt, richtete er sein Augenmerk vorzüglich auf die Hebung der Industrie; er begründete die Handelsgesetzgebung und vermehrte die Börsen, sorgte für die arbeitenden Klassen und beutete die Fortschritte Englands im Maschinenwesen aus. Ihm verdankt Frankreich auch die erste Kunst- und Gewerbeschule, die in Compiègne errichtet, später nach Châlons verlegt wurde. Die großen Sammlungen des Konservatoriums für Künste und Gewerbe ordnete er und öffnete sie für den Unterricht industrieller Bürger. Er begünstigte auch den Bau neuer Straßen (z. B. über den Simplon, den Mont Cenis und den Mont Genèvre), Brücken und Kanäle und begründete die freie Flußschiffahrt. Er rief die ägyptische Kommission ins Dasein, die das für alle Zeiten ruhmvolle Nationalwerk schuf. Ebenso war er thätig für die Errichtung und Ausbildung wissenschaftlicher Lehranstalten. Weil C. sich aber weigerte, den Runkelrübenzucker für besser zu erklären als Rohrzucker, erhielt er 1804 seine Entlassung, ward indes schon 1805 vom Kaiser zum Mitglied des Erhaltungssenats berufen und 1811 zum Grafen erhoben. Während der Hundert Tage war er Staatsminister und Direktor des Handels und der Manufakturen. Nach der Restauration trat er ins Privatleben zurück, ward aber von Ludwig XVIII. 1819 in die Pairskammer berufen. Er starb 30. Juli 1832 in Paris. Seine Hauptwerke sind: „Essai sur le perfectionnement des arts chimiques en France“ (Par. 1800); „Chimie appliquée aux arts“ (das. 1807, 4 Bde.; deutsch von Hermbstädt, Berl. 1808) und „Chimie appliquée à l’agriculture“ (Par. 1823, 2 Bde.; 2. Aufl. 1829; deutsch von Eisenbach, mit einem Anhang von Schübler, Stuttg. 1824). Seine letzte litterarische Leistung war das Werk „De l’industrie française“ (Par. 1829, 2 Bde.).

Chaptalisieren (spr. schap-), das von Chaptal (s. d.) angegebene Verfahren der Weinverbesserung, s. Wein.

Chapter-house (engl., spr. tschäpptr-haus’), Kapitelhaus, ein vier- oder mehreckiger Anbau an englische Kathedralen, in welchem sich das Domkapitel zu seinen Sitzungen zu versammeln pflegte.

Chapu (spr. schapǘ), Henri Michel Antoine, franz. Bildhauer, geb. 29. Sept. 1833 zu Lemée (Seine-et-Marne), bildete sich in Paris als Schüler der Bildhauer Pradier und Duret sowie des Malers Cogniet aus und trug 1855 den großen Preis für Rom davon. Seine Bildwerke, meistens allegorischen oder mythologischen Inhalts, zeigen poetische Auffassung, lebensvollen Ausdruck und eine überaus feine Durchführung. Zu den besten derselben gehören: Merkur, der den Heroldsstab erfindet (1863), die knieende Jeanne d’Arc in Domremy (beide im Museum des Luxembourg), der Säemann (1865), die Verwandlung der Klytia in eine Sonnenblume (1867), die reizende Statue der Jugend für das Denkmal des Malers Regnault und die Personifikation des Gedankens für das Grabmal der Gräfin d’Agoult (Daniel Stern). Für das Treppenhaus des Tribunal de commerce schuf er die Statue der Mechanik, für die Hauptfassade der Großen Oper die der Kantate, für den Justizpalast

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 3. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 941. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b3_s0941.jpg&oldid=- (Version vom 23.6.2021)