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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4

D. de la cour jede D. genannt wird, welche Zutritt bei Hofe hat. Unter Dames du palais (Palastdamen) verstand man am französischen Hofe früher alle Damen, welche zum Hofstaat der Prinzessinnen gehörten und ihnen je nach der Art ihres Dienstes und gemäß ihrer Rangordnung aufwarten mußten. Den ersten Platz unter ihnen nahm die Oberhofmeisterin (D. d’honneur) ein; diejenige, welche speziell mit der Toilette beauftragt war, hieß D. d’atours. Ironisch, aber allgemein nennt man schon seit langer Zeit die Fisch- und Hökerweiber der großen Pariser Markthalle, überhaupt sämtliche Marktweiber Damen (les dames de la halle), weil sie dem König bei gewissen Gelegenheiten gratulieren und einen Blumenstrauß überreichen durften. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. kam der Titel D. auch nach Deutschland, wurde anfangs nur in anrüchiger Bedeutung gebraucht und gelangte erst allmählich zu Ehren. Jetzt gebraucht man das Wort D., besonders in Frankreich, für Frauen der bessern Stände, während man bei uns wieder mehr zu dem deutschen Wort Frau zurückgekehrt ist (vgl. Dietrich, Frau und D., Marb. 1864). – In den französischen Spielkarten heißt D. die im Rang zwischen dem König und dem Buben stehende Figur, im Schachspiel die Königin; vgl. auch Damespiel.

Damen der christlichen Liebe, s. Damen Unsrer Lieben Frau von der christlichen Liebe.

Damen des heiligen Herzens oder des Glaubens Jesu (franz. Dames du sacré coeur), Frauenorden, s. Paccanaristen.

Damenfriede, der Friede von Cambrai (s. d.).

Damenisation, s. Solmisation.

Damentuch, s. Halbtuch.

Damen Unsrer Lieben Frau von der christlichen Liebe (Damen von St. Michael), Frauenorden, gestiftet 1640 von Eudes Mézeray zu Caen, 1651 nach Augustinerregel bestätigt, erloschen 1790, wieder aufgeblüht 1807, bezweckt die besondere Verehrung der Herzen Jesu und Marias und Bekehrung unordentlich lebender Frauenzimmer. Die Tracht ist weiß mit schwarzem Schleier, auf dem Skapulier ein silbernes Herz mit dem Bilde der heiligen Jungfrau mit dem Jesuskind, von einem Kranz aus Lilien und Rosen umgeben.

Damen von der christlichen Liebe und der armen Kranken (franz. Filles de la charité), von der Jungfrau de Grâce 1633 zu Paris gestifteter, 1657 vom König von Frankreich, 1660 vom Papst sanktionierter Orden mit dem Zweck der Verpflegung armer Kranken, des Jugendunterrichts und der Verbreitung christlichen Lebens. Noch jetzt ist der Orden, der im Volksmund Sœurs grises („graue Schwestern“, von der Kleidung) heißt, in Frankreich und Belgien verbreitet.

Damenwinde, s. v. w. Passatwinde.

Damerghu, eine 1851 von Barth besuchte Landschaft an der Südgrenze der Sahara gegen Bornu, ein langgestrecktes (110 km), welliges und fruchtbares Oasenland, bewohnt teils von Negern, welche das Kanuri sprechen, teils von Haussa, die sich mit Berbern mehr oder weniger vermischt haben. Der wichtigste Ort ist der kleine Handelsplatz Taghelel an der Karawanenstraße von Air nach Kano.

Damerow, Heinrich Philipp August, Mediziner, geb. 28. Dez. 1798 zu Stettin, studierte seit 1817 in Berlin, habilitierte sich daselbst 1822 als Privatdozent, wurde 1830 außerordentlicher Professor und 1832 beim Kuratorium für Krankenhausangelegenheiten beschäftigt. 1836 ging er als Arzt und Direktor des provisorischen Irrenheilinstituts nach Halle, arbeitete dann mehrere Jahre in der Medizinalabteilung des Kultusministeriums und kehrte erst 1842 nach Halle zurück, um die Direktion der nach seinen Plänen erbauten Irren-, Heil- und Pfleganstalt für die Provinz Sachsen bei Halle zu übernehmen. Er starb 22. Sept. 1866 in Halle. Damerows Hauptverdienst beruht in einer wesentlichen Verbesserung der Anlagen der Irrenanstalten in Deutschland. Er schrieb: „Über die relative Verbindung der Irren-, Heil- und Pfleganstalten“ (Leipz. 1840); „Sefeloge, eine Wahnsinnsstudie“ (Halle 1853); „Zur Kretinen- und Idiotenfrage“ (Berl. 1858); „Über die Grundlage der Mimik und Physiognomik, als freier Beitrag zur Anthropologie und Psychiatrie“ (das. 1860). Mit Fleming und Roller gründete D. 1844 die „Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie“ (Berl.).

Damersamen, s. Daphne.

Damespiel, Brettspiel sehr hohen Alters, wird zwischen zwei Personen, in Deutschland meist auf einem gewöhnlichen Schachbrett (Damenbrett) von 64 schwarzen und weißen Feldern mit 12 schwarzen und 12 weißen Steinen (Damensteinen) gespielt. In anderen Ländern, z. B. in Frankreich, benutzt man dagegen ein Brett von 100 Feldern, und jeder Spieler nimmt 20 Steine. Das Brett wird so gestellt, daß man ein weißes Eckfeld zur Rechten hat. Der eine Spieler erhält die (12 oder 20) weißen Steine, die er auf die untern (12 oder 20) schwarzen Felder setzt, der andere die (12 oder 20) schwarzen Steine, womit er die obern (12 oder 20) schwarzen Felder belegt. Auf den leer gebliebenen zwei Reihen beginnt nun das Spiel durch schräges Gegeneinanderziehen der Steine auf den schwarzen Feldern, so daß die weißen Felder ganz unberührt bleiben: es gilt, mit seinen Steinen in die letzte feindliche Reihe, in die Dame, zu kommen, wodurch der Stein, mit dem dieses gelungen, zur Dame wird, d. h. freiere Bewegung erhält; dazu müssen einzelne Steine vom Brett weggenommen, „geschlagen“ werden. Durch die Weise, wie geschlagen wird, unterscheiden sich die Arten des Damespiels, von denen die bekanntesten die deutsche, polnische und Schlagdame sind. Bei den zwei ersten Arten siegt, wer dem Gegner alle Steine geschlagen hat, während bei der Schlagdame der gewinnt, dessen Steine alle geschlagen sind. Vergißt man zu schlagen, wenn man konnte, so darf der Stein, mit welchem man hätte schlagen können, vom Gegner „geblasen“, d. h. genommen, werden, Ist ein Stein in die Dame gekommen, so wird dies dadurch bezeichnet, daß man auf einen solchen Stein einen anderen gleichartigen setzt. Die Dame darf sowohl rückwärts als vorwärts (doch immer nur einen Schritt) ziehen und schlagen. Das Spiel heißt remis, wenn beide Spieler so geschwächt sind, daß keiner es gewinnen kann. Bei der polnischen Dame, welche zuerst 1723 in Paris und zwar auf einem Brett von 100 Feldern gespielt wurde, dürfen die einfachen Steine zwar nur vorwärts ziehen, aber sowohl rückwärts als vorwärts schlagen. Die Dame aber kann in jeder schrägen Richtung vorwärts oder rückwärts gehen, soweit sie will, wenn nur nicht auf dem Weg zwei Steine (eigene oder fremde) hintereinander stehen, in welchem Fall sie nur bis an diese ziehen kann. Bei der englischen Dame schlägt jeder Stein nicht nur vor- oder rückwärts in schräger, sondern auch in gerader Richtung. Eine besondere Art des Damespiels ist Schaf und Wolf, wobei mit vier Steinen gegen einen (vier Schafe gegen den Wolf) gespielt wird. Der Wolf hat die Aufgabe, den Schafen in den Rücken zu kommen, d. h. zwischen ihnen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 437. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0437.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2021)