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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4

Größe des Verbrennungsrostes; man rechnet auf 1 qm Heizfläche 0,03–0,05 qm Rostfläche (totale Rostfläche), wobei die Summe sämtlicher Spalten des Rostes (freie Rostfläche) ca. 0,01 qm betragen soll. Von außerordentlicher Wichtigkeit für die gute Wirkung der Heizfläche ist außer ihrer Größe noch die gegenseitige Anordnung des Wasser- und Feuergasstroms. In dieser Hinsicht unterscheidet man nach Redtenbacher Nichtstromkessel, Parallelstromkessel und Gegenstromkessel, je nachdem das Wasser im Kessel keine Strömung in der Längsrichtung der Heizkanäle besitzt oder die Strömung des Wassers mit derjenigen der Verbrennungsgase gleiche oder entgegengesetzte Richtung hat. Die letztere Anordnung ist die wirksamste, weil dabei wegen der an den einzelnen Stellen der Heizfläche herrschenden verhältnismäßig großen Temperaturdifferenzen zwischen dem Kesselwasser und den Feuergasen eine beschleunigte Wärmeaufnahme stattfindet. Endlich ist bei der Heizfläche noch auf ihre innere (Wasserseite) und äußere (Feuerseite) Reinheit zu sehen, weil durch außen anhaftenden Ruß und innen angesetzten Kesselstein nicht nur die Wärmeleitungsfähigkeit verringert, sondern auch leicht eine allmähliche Zerstörung des Eisens herbeigeführt wird.

Die Leistung eines Kessels drückt man durch seine Verdampfungsfähigkeit (Verdampfung) aus, indem man angibt, wieviel Kilogramme Dampf durch Verbrennung von 1 kg mittelguter Steinkohle in ihm erhalten werden (man spricht z. B. bei einem D. von einer sechsfachen Verdampfung, wenn in ihm 1 kg Kohle 6 kg Dampf erzeugt). Bei gut angelegten Kesseln erhält man als Mittel eine sechs- bis siebenfache Verdampfung, während der Theorie nach mit 1 kg Kohle etwa 10–12 kg Wasser verdampft werden könnten.

Man unterscheidet der Lage nach horizontale (liegende) und vertikale (stehende) D. Eine andre Unterscheidungsart ist die in stationäre (feste) und lokomobile (bewegliche) Kessel; die stationären Kessel sind meist mit gemauerten Feuerungsanlagen umgeben und haben eine Heizfläche von normaler Größe, während die lokomobilen Kessel nicht eingemauert sind und vielfach eine anormal geringe Heizfläche bekommen müssen (die Kessel der Lokomotiven haben pro Pferdekraft nur ca. 0,34 qm Heizfläche), weil sie sonst für die Beweglichkeit zu schwer würden.

Horizontale Dampfkessel.

Die wichtigsten Formen der horizontalen D. sind folgende:

1) Der Wattsche Wagen- oder Kofferkessel

Fig. 1.
Wattscher Kofferkessel.

(Fig. 1), bei welchem das Feuer an der Unterfläche A hin und dann noch einmal an den Seiten BCD um den ganzen Kessel herumgeht, nutzt das Brennmaterial ganz gut aus, ist jedoch den modernen großen Dampfspannungen gegenüber nicht widerstandsfähig genug, weshalb er nicht mehr ausgeführt wird und nur noch historisches Interesse hat. Da cylindrische und kugelförmige Gefäße einem innern Druck am besten Widerstand leisten, so gibt man jetzt allen Dampfkesseln Formen, welche möglichst aus Cylinder- und Kugelflächen zusammengesetzt sind.

2) Der Cylinderkessel (Walzenkessel), in Fig. 2 dargestellt, wird meist liegend, aber auch stehend ausgeführt

Fig. 2.
Cylinderkessel.

(z. B. in Puddelwerken) und bekommt im Maximum 1,33 m Durchmesser bei einer Länge von 5–7 m, wobei er etwa für eine achtpferdige Dampfmaschine genügenden Dampf liefert.

3) Die Rauch- oder Flammrohrkessel. Das Bestreben, die Heizfläche des Kessels zu vergrößern, führte zur Anwendung von Rauch- oder Flammrohren im Kessel, einem oder zwei weiten cylindrischen, den Kessel der Länge nach durchziehenden Rohren, durch welche die Feuergase streichen. Verschiedene Arten derselben sind: a) Der D. mit einem oder zwei Flammrohren und Unterfeuerung, daran kenntlich, daß die Feuerung vorn unter dem Kessel liegt und die Heizgase zunächst unter dem Kessel entlang, dann erst durch die Flammrohre ziehen. Fig. 3 und 4 auf Tafel „Dampfkessel I“ zeigen einen Zweiflammrohrkessel mit Unterfeuerung. A Kessel, B Flammrohre, C Mauerwerk, D Rost, E Feuerthür, F Aschenfall, K Luftzuführungskanal, dessen heiße Wände die Luft vor dem Eintritt ins Feuer zum Zweck besserer Verbrennung erwärmen, H der von der Feuerluft zuerst durchzogene Kanal unter dem Kessel, BB die nach diesem durchstrichenen Rauchrohre, JJ die letztgetroffenen Kanäle zu beiden Seiten des Kessels. b) D. mit einem oder zwei Flammrohren und Innenfeuerung. Häufig bringt man bei den Flammrohrkesseln die Feuerung im Innern der Flammrohre an (Innenfeuerung) und nennt sie dann Cornwallkessel, wenn sie nur ein Flammrohr, Lancashirekessel (Fairbairnkessel),

Fig. 5.
Cornwallkessel.

wenn sie deren zwei besitzen. Fig. 5 ein Cornwall-Kessel. Das Flammrohr eines solchen darf nicht unter 0,8 m Durchmesser haben. Die Heizgase durchziehen zunächst das Rohr A von vorn nach hinten, gehen danach auf den beiden Seiten des Kessels in den Kanälen BB wieder nach vorn und endlich, in C wieder vereinigt, zum zweitenmal nach hinten in den Schornstein. c) Flammrohrkessel mit Vorfeuerung, von denen mit Innenfeuerung nur dadurch unterschieden, daß sich das Feuer nicht in dem Flammrohr

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 449. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0449.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2022)