Seite:Meyers b4 s0999.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4

nur in reiferm Alter, in stattlicher Gestalt und mit Bart und langem Haar, dessen Locken auf Brust und Nacken herabwallen. Diesen Typus hält auch die spätere Kunst noch fest; ihn repräsentiert am besten die unter dem Namen des Sardanapal bekannte Statue im Vatikan, vielleicht auch die schöne Bronzebüste des Museums zu Neapel, welche man früher fälschlich Platon benannte. Erst in Perikleischer Zeit trat eine jugendliche Auffassung des D. in den Vordergrund, die im Zeitalter des Praxiteles die herrschende wurde, eine Gestaltung, bei der die weich ineinander fließenden Körperformen die halb weibische Natur des Gottes ankündigen und die Züge des Gesichts ein eigentümliches Gemisch seliger Berauschung und unbestimmter, dunkler Sehnsucht zeigen. Der Körper ist hier in der Regel ganz nackt; in den Händen hält

Fig. 2. Jugendlicher Dionysos (Rom, Vatikan).

der Gott gewöhnlich den Thyrsos und den Becher, oft auch eine Traube. Seine Stellung ist meist bequem angelehnt oder gelagert, selten thronend; auf Gemmen und Vasenbildern, seltener auf Reliefs sieht man ihn wandelnd mit wankenden Schritten, oder auf seinen Lieblingstieren reitend oder auf dem Wagen von ihnen gezogen dargestellt, mit einem Satyr als Stütze (so in der vatikanischen Gruppe, Fig. 2), oder umgeben von dem lustigen Schwarm der Satyrn und Mänaden. Seine sonstigen Attribute sind die Rebe, der üppige, kühlende Epheu, der Lorbeer, die Fichte oder Pinie und der Asphodelos; von Tieren der Löwe, Tiger, Panther, Esel, zuweilen auch Delphin und Schlange. Besondere Hervorhebung unter diesen Attributen verdient der begeisternde Lorbeer, welcher (wie auch manches Obige) zeigt, wie dieser Gott, ursprünglich nur Halbgott (bei Homer Felddämon, der nie im Olymp erscheint), mit großem Erfolg sich neben ältern Göttern geltend machte, so daß schließlich Apollon sein Heiligtum (in Delphi) und sein Orakel mit ihm teilt. Zu den schönsten Darstellungen des jugendlichen D. zählen die beiden Marmorköpfe des kapitolinischen und des Leidener Museums. Zahlreiche Kunstwerke verherrlichen seine Thaten und Schicksale; auf dem Lysikrates-Denkmal wird sein Triumph über frevlerische Seeräuber, auf Vasen und Reliefs die Bestrafung des Pentheus und Lykurgos, die Einkehr bei Ikarios (Fig. 3), besonders häufig aber sein Zusammentreffen mit Ariadne, die Hochzeitsfeier auf Naxos und der festliche Zug beider in der Umgebung des enthusiastisch schwärmenden Thiasos dargestellt, letzteres ein Lieblingsgegenstand römischer Sarkophage und Wandbilder. Vgl. Ribbeck, Anfänge und Entwickelung des Dionysoskultus in Attika (Kiel 1869); Aug. Mommsen, Heortologie (Leipz. 1864); Gilbert, Die Festzeit der attischen Dionysien (Götting. 1872); Lüders, Die dionysischen Künstler (Berl. 1873); Brown,

Fig. 3. Bärtiger Dionysos (aus dem Relief: Einkehr des Dionysos bei Ikarios. Paris, Louvre).

The great Dionysiak myth (Lond. 1877–78, 2 Bde.); Rapp, Beziehungen des Dionysoskultus zu Thrakien (Stuttg. 1882); Roscher, Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, S. 1029 ff. (Leipz. 1885).

Diophantos aus Alexandria, Mathematiker, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 4. Jahrh. n. Chr. lebend, ist Verfasser eines arithmetischen Werkes in 13 Büchern, wovon jedoch nur die ersten 6 und eine Abhandlung über die Polygonalzahlen (wahrscheinlich aus dem 7. Buch) erhalten sind. Er gilt auch für den Erfinder der unbestimmten Analysis (daher Diophantische Analysis) und ist wenigstens der erste, bei dem sich unbestimmte Aufgaben behandelt finden. Zu den beiden ersten Büchern der „Arithmetica“ des D. gibt es alte Scholien, die dem Maximus Planudes beigelegt werden. Ausgaben des Werkes existieren in lateinischer Übersetzung von Xylander (Basel 1575), griechisch und mit verbesserter lateinischer Übersetzung nebst Kommentar von Bachet de Méziriac (Par. 1621; vermehrter Abdruck von Fermat, Toulouse 1670); eine deutsche Übersetzung von

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 4. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 999. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b4_s0999.jpg&oldid=- (Version vom 18.4.2022)