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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5

Einfluß auf die Entwickelung jenes nationalen Instituts. Die Shakespeareschen Dramen verpflanzte er durch Übersetzungen auf die ungarische Bühne. In den Revolutionsstürmen von 1848 und 1849 wurde er als Regierungskommissar in die untere Theißgegend geschickt, wegen zu großer Härte jedoch wieder abberufen. Er kehrte hierauf zur Bühne zurück, floh nach Unterdrückung der Revolution nach der Türkei, erhielt aber 1854 die Erlaubnis zur straffreien Rückkehr. Er starb 30. Juli 1866 in Pest. – Sein Bruder Benjamin, geb. 1813, betrat 1834 ebenfalls die Bühne und wurde 1837 Mitglied des Nationaltheaters zu Pest. Während der Revolution trat er unter die Honveds, wurde aber amnestiert und der Bühne zurückgegeben. Er starb 19. Juli 1851. Bedeutender denn als Schauspieler war er als Komponist. Seine musikalischen Werke zeichnen sich durch Reichtum lieblicher Melodien aus und erlangten in Ungarn große Beliebtheit.

Egripo, neugriech. Name von Chalkis, aus Euripos (s. d.) entstanden.

Eguilaz (spr. eghilads), Don Luis, span. Bühnendichter, geb. 1830 zu Jeres de la Frontera, kam 1852 nach Madrid, wo er mit den Dramen: „Verdades amargas“ und „La vida de Juan Soldado“ seinen Dichterruf begründete und nun eine große Fruchtbarkeit entwickelte. Er starb 1878. Von seinen übrigen Stücken verdienen besonders „La querellas del Rey Sabio“ und das 1860 mit großem Erfolg aufgeführte Schauspiel „La cruz del matrimonio“ (abgedruckt in Bd. 24 der „Coleccion de autores españoles“, Leipz. 1868) Erwähnung. Aus seinem Nachlaß erschien noch „El salto del Pasiego“ (Madr. 1878). Treffliche Charakteristik und fesselnde Situationen zeichnen die Mehrzahl von E.’ Stücken aus.

Egyptienne (franz., spr. ēschipsjenn, Blockschrift), in der Buchdruckerei eine lateinische Schriftgattung, deren Eigentümlichkeit das Fehlen aller feinen Striche und Ausläufer ist. S. Schriftarten.

Eh., bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für Chr. Gottfr. Ehrenberg (s. d.).

Eh bien! (franz., spr. bjäng), wohlan! auch s. v. w. nun?

Ehe (v. altdeutschen Ewa, Euua, Eoa, Ea, d. h. Bündnis, Vertrag, Einigung, auch Gesetz), die nach gesetzlichen Vorschriften eingegangene Vereinigung eines Mannes und Weibes zur lebenslänglichen und ungeteilten Gemeinschaft aller Lebensverhältnisse. Die E. ist in erster Linie ein religiös-sittliches Institut; sie erhebt Mann und Weib über das bloß Sinnliche, da ihre Grundlagen Liebe, Achtung und gegenseitige Hingebung, ihre Bedingungen gegenseitiges Sich-freuen, Dulden und Beistehen sind. In diesem Wesen der E. als der vollkommensten sittlichen Lebensvereinigung der Geschlechter liegt es daher auch, daß dieselbe ihre Bestimmung vollkommen nur erfüllen kann als Monogamie (E. Eines Mannes mit Einer Frau), indem nur so eine durch gegenseitige Ergänzung hervorgebrachte Einheit der Person denkbar ist. In den Ländern, wo Polygamie (Vielweiberei) eingeführt ist, hat die E. einen ganz andern Charakter und gleicht mehr einem Dienstverhältnis zwischen den Frauen und dem Mann.

Bedeutung der Ehe bei den verschiedenen Völkern.

Bei den orientalischen Völkern finden wir zwar fast überall Polygamie, doch kann dieselbe glücklicherweise nie allgemein stattfinden, denn nur in seltenen Fällen vermag der Mann mehr als eine Frau zu ernähren; auch kommen sich die Zahlenverhältnisse der Männer und Weiber meist einander so nahe, daß allgemeine Vielweiberei eine reine Unmöglichkeit ist. Bei den Chinesen wurden und werden noch heute die Frauen verkauft. Polygamie ist dort erlaubt. Die Frauen leben äußerst eingezogen und dürfen sich fast nie öffentlich sehen lassen; nach dem Tode des Mannes steht seinen Erben das Recht zu, die Witwen als Sklavinnen zu verkaufen. Bei den Babyloniern herrschte Polygamie. Die Mädchen wurden auf dem Markt öffentlich versteigert. Von den Medern wird uns berichtet, daß bei ihnen Polyandrie (Vielmännerei) bestanden habe. Unter den Persern dagegen führte schon Zoroaster Monogamie ein, und bei ihnen scheinen überhaupt die Frauen eine würdigere Stellung eingenommen zu haben als bei den übrigen asiatischen Völkern, was schon daraus hervorgeht, daß der Perser bloß in dem Fall der Unfruchtbarkeit einer Frau sich eine andre nehmen durfte, und überdies nur mit Einwilligung der erstern. Die Zustände der Inder haben viele Ähnlichkeit mit denen der Chinesen; Polygamie ist erlaubt, kommt aber selten vor. Es besteht kein Verbot, aus einer Kaste in die andre zu heiraten, woraus viele Zwischen- oder Mischkasten entsprangen. In Ägypten war die Polygamie beschränkt, und man begegnete dort den Frauen mit mehr Achtung. Sicher ist es, daß der Priesterkaste nur Monogamie gestattet war. Bei den Juden wurde die Vielweiberei auch von Moses nicht abgeschafft; meist hatte der Mann vier Frauen, zwei wirkliche und zwei Sklavinnen. Er konnte sich ohne alles Weitere von dem Weib scheiden und war nicht einmal verpflichtet, der Verstoßenen Unterhalt zu gewähren. Die Mädchen wurden verkauft, bisweilen um sehr sonderbare Kaufpreise (vgl. 1. Sam. 18, 21–27). Erst nach der babylonischen Gefangenschaft schwand die Polygamie. Durch die höhere Bildungsstufe, auf welcher Griechen und Römer standen, wurde bei ihnen auch eine humanere Behandlung des weiblichen Geschlechts und eine würdigere Regelung der ehelichen Verhältnisse herbeigeführt. Von einem eigentlichen Familienleben war aber auch bei ihnen noch nicht die Rede. Das öffentliche Leben, der Staat, absorbierte fast alle übrigen Verhältnisse; so kam es denn, daß auch die E. vielfach als eine Art Staatsanstalt betrachtet wurde. Durch den ihnen angebornen politischen Sinn wurden die Griechen zur Monogamie hingeleitet, womit auch in den übrigen sozialen Verhältnissen eine Hauptwurzel des asiatischen Despotismus vernichtet wurde. Am tiefsten unter allen griechischen Völkern standen in der Behandlung ihrer Frauen die Spartaner, welche die E. bloß als Mittel betrachteten, um dem Vaterland gesunde, kräftige Krieger zu verschaffen, aus welchem Grunde die Mädchen zu körperlichen Übungen angehalten, aber auch Ehelosigkeit (Agamia) sowie Mißheirat (Kakogamia) und zu späte Heirat (Opsigamia) bestraft wurden. Zu demselben Zweck war es den spartanischen Frauen zu Zeiten, wo ihre Männer im Krieg abwesend waren, erlaubt, sich mit andern, besonders schönen und kräftigen jungen Leuten, einzulassen. Die auf diese Weise erzielten Kinder (Parthenier) wurden von Staats wegen erzogen. Die E. zwischen Verwandten in gerader Linie war verboten. In Athen finden wir die Frauen mehr zurückgehalten als bei den Doriern, doch wurden dieselben im allgemeinen weit besser behandelt; nicht bloß der Mann, sondern auch die Frau wurde als berechtigter Teil in der E. betrachtet. Keine athenische Bürgerin durfte eine E. ohne Einwilligung ihrer Eltern schließen, auch war in gewissen Fällen die Verheiratung naher Verwandten verboten. Dagegen war die E. unter Verwandten

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b5_s0335.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2021)