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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5

Kurz nach der Pariser Ausstellung trat in Deutschland Müller aus Hamburg mit verschiedenen Formen von Glühlampen auf, die rasch bekannt geworden sind; in denselben besteht der Kohlenbügel, wie bei Swan, aus karbonisierten Baumwollfäden, die jedoch keine einfache Schlinge, sondern eine in sich zurückkehrende Schraubenlinie bilden (Fig. 14).

Fig. 13. Fig. 14.
Lampe von Lane-Fox. Müllers Lampe.

Die Verbindung der eingeschmolzenen Platindrähte mit dem Kohlenbügel erfolgt durch Kupferhülsen, in welchen der Kohlenfaden galvanoplastisch befestigt wird. Einer ähnlichen Befestigungsweise bedienen sich die Gebrüder Siemens in Charlottenburg in ihren Glühlampen (Fig. 15). Auch in diesen besteht der Kohlenfaden aus einer verkohlten Baumwollfaser, deren Enden in die Blechhülsen ab eingeschoben und festgeklemmt werden.

Fig. 15. Fig. 16.
Fig. 15. Lampe von Gebrüder Siemens. Fig. 16. Lampe von Siemens u. Halske.

Fig. 16 stellt eine Glühlampe von Siemens u. Halske in Berlin dar. ab sind kupferne Hülsen, in welchen die gleichfalls verkupferten Enden des Kohlenbügels festgeklemmt werden. Der Raum fg ist mit einem schlechten Wärmeleiter, Glimmerpulver, gefüllt; darunter befindet sich Gips. Diese Einrichtung hat den Zweck, die in der Lampe erzeugte Hitze von den außerhalb befindlichen Lötstellen der Zuleitungsdrähte abzuhalten.

Einen wesentlichen Unterschied gegenüber den bis jetzt erwähnten Glühlampen zeigt die sogen. Bostonlampe (Fig. 17), eine aus Amerika zu uns herübergekommene Erfindung eines Deutschen, Alexander Bernstein. Um der Kohle eine große leuchtende Oberfläche zu geben, ohne ihre Leitungsfähigkeit allzusehr zu erhöhen, verwendet Bernstein dünnwandige, hohle Kohlencylinder, welche er durch Verkohlen von gewebten seidenen Röhrchen erhält. Entsprechend lange Stücke dieser hohlen Schnüre werden auf Dorne aufgeschoben und mit einem verkohlbaren Klebmittel, wie Gummi oder Kleister, bestrichen. Nachdem der Klebstoff etwas eingetrocknet ist, zieht man die Röhrchen von den Dornen ab und bringt sie in die gewünschte Bogenform, um sie dann vollständig erhärten zu lassen. Hierauf wird die Verkohlung in eisernen, mit Graphit oder Kohlenpulver gefüllten Kästchen vorgenommen. Die Verbindung des Kohlenbügels mit den in den Glasballon einzuschmelzenden Zuleitungsdrähten geschieht durch einen kohlehaltigen Kitt. Die große Oberfläche des Kohlenbügels verleiht der Bostonlampe eine Leuchtkraft, welche diejenige der bisher erwähnten Glühlampen bedeutend übertrifft; doch bedarf anderseits die Bostonlampe zur Erzielung solcher Resultate eines verhältnismäßig starken Stroms, wodurch ihre allgemeine Verwendbarkeit beeinträchtigt wird.

Das elektrische Licht bietet gegenüber allen andern Beleuchtungsarten große Vorteile dar. Seine Lichtstärke ist sehr viel größer, und seine Farbe ist eine ungleich schönere als z. B. die des Gaslichts, welches neben elektrischem Licht rötlich trüb erscheint. Die größte Ähnlichkeit hat der Beleuchtungseffekt, welchen e. L. hervorbringt, mit dem eines recht hellen Mondlichts. Da das elektrische Licht sehr weiß ist, so erscheinen auch alle Farben unverändert wie bei Tageslicht; selbst das zarteste Blau erleidet keine Nüancierung.

Fig. 17.
Bostonlampe.

In geschlossenen Räumen zeichnet sich das elektrische Licht vor jeder andern Beleuchtung dadurch vorteilhaft aus, daß es die Luft nicht erhitzt und verdirbt. Es ist also für größere Arbeitsräume äußerst wertvoll. In der letzten Zeit hat sich das elektrische Licht denn auch in der Praxis sehr schnell verbreitet; namentlich ist es auf Leuchttürmen, zu Straßenbeleuchtung, auf Bahnhöfen, in Fabriken, Theatern, Verkaufslokalen, in der Photographie als Ersatz des Sonnenlichts, bei der Schiffahrt, im Eisenbahnbetrieb und in der Landwirtschaft angewendet worden, und ohne Zweifel wird es sich bei weitern Fortschritten in der Herstellung noch ein großes Terrain erobern. So hat man in der Gärtnerei versucht, das Wachstum der Pflanzen dadurch zu beschleunigen, daß man sie nachts elektrisch beleuchtet, und für die Medizin verspricht das elektrische Licht große Erfolge durch die Konstruktion von Beleuchtungsapparaten, welche in Körperhöhlen bequem eingeführt werden können und sie so hell beleuchten, daß der Arzt von krankhaften Veränderungen ein deutliches Bild erhält. Eine ganz neue Situation ist aber für die elektrische Beleuchtung durch die Glühlampen geschaffen worden, welche ein milderes rötliches Licht als dasjenige, an welches wir gewöhnt sind, liefern, und nun erscheint dieselbe auch für kleinere Räume und in Privatverhältnissen verwendbar. Unter gewissen Bedingungen konkurriert e. L. schon jetzt siegreich mit Gaslicht, und es ist z. B. nicht unvorteilhaft, im Privathaus einen kleinen Motor aufzustellen, welcher eine dynamoelektrische Maschine zur Erzeugung des elektrischen Lichts betreibt.

Vgl. Fontaine, Die elektrische Beleuchtung (deutsch, 2. Aufl., Wien 1878); Ferrini, Technologie der Elektrizität und des Magnetismus (deutsch, Braunschweig 1879); Jablochkow, Note sur les procédés d’éclairage électrique (Par. 1878); Bernstein,

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 5. Bibliographisches Institut, Leipzig 1886, Seite 525. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b5_s0525.jpg&oldid=- (Version vom 22.3.2021)