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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

Reichtum des Gebirges an Wald und Sümpfen steigen häufige Nebel auf; umhüllen sie die Berggipfel, dann verkünden sie Regen.

Die leicht verwitternden Schiefer und besonders der zu Gneis zerfallende grobkörnige Granit liefern guten Waldboden, wenn auch der thonige Untergrund anderseits Ursache weitverbreiteter Moorbildung ist. Ausgedehnt, allerdings oft versumpft sind die Wiesen, während das Klima den Feldbau fast nur auf Sommerfrüchte, Kartoffeln, Flachs, Futterkräuter etc. beschränkt; in den höchsten Lagen gedeihen nur Hafer und Kartoffeln. Im Innern ist das Röslauthal der am meisten begünstigte Teil, dort gedeihen selbst Weizen und Obst. Reich ist der Wald an Heidel-, Preißel- und Wacholderbeeren, welche Gegenstände des Exports sind, wie das isländische Moos auf den Höhen des moos- und flechtenreichen Gebirges. Von Interesse ist die Verbreitung der deutschen Perlenmuschel im Quellgebiet des Weißen Mains, besonders in der Ölsnitz und in mehreren Seitenbächen der Saale, so in der Schwesnitz östlich von Rehau, Lamitz etc.

Gegenwärtig ist die ganze Bevölkerung des Fichtelgebirges germanisiert; zahlreiche Orts-, Fluß-, Flur- und Bergnamen beweisen aber die frühere weite Verbreitung wendischer Stämme und Sprache im F. (Redwitz, Ölsnitz, Lamitz, Selbitz u. a.). Der größere Teil der Bevölkerung, die Bewohner des alten obergebirgischen Fürstentums Baireuth und die des österreichischen Asch, ist protestantisch; was dagegen zu Bamberg im SW., zur Oberpfalz im S. und SO., zu Eger im O. gehört, ist katholisch. Der gegenwärtigen politischen Einteilung nach gehört der größte Teil zum bayrischen Regierungsbezirk Oberfranken, ein kleinerer zum Regierungsbezirk Oberpfalz, der äußerste Osten zu Böhmen. Die Bevölkerung ist dicht; man rechnet über 80 Menschen auf 1 qkm. Wenn auch vielfach eine rege industrielle Thätigkeit herrscht, Spinnerei und Weberei, Verarbeitung des Eisens, auch Glasfabrikation, Glasbläserei[WS 1], Spiegelglasschleiferei und Knopffabrikation, so ist das F. doch nicht in dem Maß Fabrikland wie das benachbarte Erzgebirge. Viele Menschen ernährt die Arbeit im Wald (Holzhauen, Kohlenbrennen), die Ausbeutung der Marmor- und Kalklager, im Granitgebiet der Kaolingruben und die Bearbeitung des Serpentins (Markt Leugast). Am meisten tritt Berg- und Hüttenbau gegen früher zurück und beschränkt sich fast nur auf Eisen. Rings um das Gebirge herum führen Eisenbahnen; doch führt auch eine Linie (Nürnberg-Eger) durch dasselbe, die sich bei Redwitz nach Hof verzweigt. Dieser Umstand trägt wesentlich dazu bei, daß das F. seit neuerer Zeit einem regen Touristenverkehr geöffnet worden ist. Vgl. Goldfuß und Bischof, Physikalisch-statistische Beschreibung des Fichtelgebirges (Nürnb. 1817, 2 Tle.); Münnich, Das F. (Dresd. 1859); „Bavaria“, Bd. 3, 1. Abt. (Münch. 1865); Zapf, Der Sagenkreis des Fichtelgebirges (Hof 1874); Gümbel, Geognostische Beschreibung des Fichtelgebirges und Frankenwaldes (mit Atlas, Gotha 1879); „Reiseführer“ von Ruchdeschel, Körber, Pertsch (Wunsiedel 1881), Horn (Berl. 1882) u. a.

Fichtelnab, Fluß, s. Nab.

Fichtelsee, Sumpf im Fichtelgebirge (s. d.).

Fichtenabsprünge, s. Abbisse.

Fichtenbär, s. v. w. Nonne.

Fichtenborkenkäfer, s. Borkenkäfer.

Fichteneule, s. v. w. Kiefern- oder Forleule, s. Eulen.

Fichtenharz (gemeines Harz), aus Nadelhölzern freiwillig oder nach dem Anbohren oder Anschneiden ausgeflossenes Harz. Europäische Harzbäume sind: die Fichte (Abies excelsa Lam.) in einigen Gegenden Deutschlands und im Norden, die Tanne (A. pectinata Dec.) im Elsaß, die Strandkiefer (Pinus maritima Lamb.) in Frankreich und Portugal, die Schwarzföhre (P. laricio Poir.) in Niederösterreich und einigen Gegenden Frankreichs, die Weißföhre oder Kiefer (P. sylvestris L.) in Deutschland und Galizien, die Lärche (Larix europaea Dec.) in Südtirol, den französischen und italienischen Alpen. In Nordamerika gewinnt man Harz aus Abies balsamea Mill., Pinus Strobus L., P. resinosa Ait. besonders in Kanada, P. Taeda L. von Virginia bis Florida und besonders aus P. australis Mill. von Carolina bis Florida. Alle diese Bäume liefern Terpentin, welcher teils in der Rinde, teils im jungen Holz entsteht und, wenn er sich zu größern Massen ansammelt, über die Rinde sich ergießt (Kiefer, Fichte, Schwarzföhre) oder in Harzbeulen der Rinde (Weißtanne, kanadische Balsamtanne) oder in Hohlräumen des Holzkörpers (Lärchen Südtirols) sich sammelt. Die Gewinnung des Terpentins, resp. des Harzes ist nach der Baumart und nach Ortsgebrauch verschieden, aber meist sehr unvollkommen. Von der Fichte wird meist nur gesammelt, was freiwillig ausfließt; in Baden werden die Fichten gewöhnlich an vier Stellen angerissen, die Ritzungen laufen der Stammrichtung parallel, sind etwa zollbreit und gehen ca. 8–16 Jahresringe ins Holz hinein. Der ausfließende Terpentin wird in Körben gesammelt. Die Strandkiefer wird nach der französischen Methode im Alter von 20–40 Jahren 20–40 Jahre hindurch, auch wohl noch länger, geharzt. Man macht an einer Seite des Baums, einige Zentimeter über dem Boden, einen der Lange nach gehenden, einige Zentimeter breiten Ausschnitt (Carre), welcher bis ins junge Holz hineinragt. Nach einigen Tagen wird diese Carre nach obenhin verlängert und dies so lange wiederholt, bis die Wunde 0,5–0,8 m lang ist. Im nächsten Jahr harzt man ebenso auf der gegenüberliegenden Seite des Stammes, dann zwischen beiden u. s. f., wobei durch die Vernarbung der ersten Wunden wieder Raum geschafft wird für neue Risse. Zum Auffangen des Terpentins bringt man an der Stelle des jedesmaligen Ausflusses innerhalb der Wunde Thongeschirre an und bedeckt diese mit Brettchen. In Niederösterreich beginnt man die „Schälung“ der Schwarzföhre 10–20 Jahre vor dem beabsichtigten Abtrieb, wenn die Bäume 50–100 Jahre alt sind. Man stemmt etwa 30 cm über dem Boden eine Höhlung (Grandel) aus, welche 0,5–0,66 der Stammbreite einnimmt und zur Ansammlung des Terpentins dient. Über der Höhlung nimmt man Rinde und Splint nach und nach, im ersten Jahr bis zu einer Höhe von 45–47 cm, ab und verlängert die Wunde im nächsten Jahr wieder um 45 cm nach oben. Die Lärche wird in Tirol im Frühjahr etwa 30 cm über dem Boden bis ins Zentrum des Holzkörpers angebohrt und das 3 cm weite Bohrloch verschlossen; im Herbst wird dann der Terpentin herausgenommen. Bei der Weißtanne öffnet man die Harzbeulen und läßt den Terpentin in Gefäße ablaufen. Aus dem Terpentin entsteht das Harz durch Verdunsten und Verharzen des Terpentinöls. Das natürliche F. oder Föhrenharz bildet halbweiche oder harte, gelbliche oder bräunliche, selten rötliche Massen, riecht eigentümlich terpentinartig, schmeckt bitter. In Galizien sammelt man das aus freiwillig ausfließendem Terpentin entstandene Harz (Weißföhrenharz), in Böhmen die schwefelgelben Harzplatten, welche sich

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Glasbäserei
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0240.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2023)