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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

schwarz oder rot gefärbte Stelle blaß oder farblos wird. Diese Farbenänderungen sind am auffälligsten während der Laichzeit und beim Kampf (Stichlinge), aber auch die Umgebung, in welcher sich die F. befinden, übt einen derartigen Einfluß aus, so daß sich manche F. in Färbung dem Grund, auf dem sie verweilen, anzupassen vermögen (sogen. chromatische Anpassung). Der sehr verbreitete metallische Glanz verdankt seine Entstehung kleinen kristallinischen Plättchen, welche die hintere Seite der durchsichtigen Schuppen, den Kiemendeckelapparat und die Regenbogenhaut besetzen. In der Haut finden sich allgemein eigentümliche, durch seitliche Porenreihen (Seitenlinien) nach außen mündende Gänge, welche man früher für schleimabsondernde Drüsen, jetzt hingegen für Träger eines eigentümlichen Gefühlssinns hält.

Das Skelett bietet ein besonderes Interesse, weil es noch mit Formen beginnt, welche bei den höhern Wirbeltieren vielfach nur während der Entwickelung auftreten. So ist bei Stören und andern Fischen die Wirbelsäule noch nicht in einzelne Wirbel geteilt und hier sowie bei den übrigen Knorpelfischen noch nicht verknöchert. Aneinander bewegliche Wirbel finden sich erst bei den Haifischen. Auch die Rippen fehlen noch bei einem Teil der F. oder sind vielfach nur unvollkommen ausgebildet; ein echtes Brustbein zur Verbindung derselben auf der Bauchseite existiert nirgends, wird aber zuweilen durch Hautknochen ersetzt. Sehr oft kommen bei den Knochenfischen Y-förmige Knochenstäbe (Fleischgräten) vor, welche durch teilweise Verknöcherung der die Muskeln trennenden Bänder entstehen. Die Wirbelsäule selbst zerfällt in den Rumpf- und den Schwanzteil; nur an ersterm können sich Rippen befinden, letzterer schließt mit der Schwanzflosse (s. unten) ab. Ein besonderer Hals zur Verbindung von Kopf und Rumpf fehlt. Der Schädel ist in einigen Ordnungen der F. noch knorpelig, wird bei den Stören von besondern Hautknochen schützend bedeckt und verknöchert bei den Knochenfischen zum größten Teil, so daß also stets Reste des ursprünglichen Knorpelschädels (des sogen. Primordialkraniums) zurückbleiben. Er zerfällt bei diesen Fischen in viele einzelne Knochenstücke und vereinigt sich innig mit den gleichfalls zahlreichen Gesichtsknochen. Diese zeigen sich in ihrer Grundform (bei den Haien etc.) als ein den Mund umspannender Knorpelbogen, der aus Unter- und Oberkiefer besteht und durch einen besondern knorpeligen Fortsatz des letztern (Kieferstiel) am Schädel befestigt ist. Ähnliche knorpelige Bildungen verbinden sich weiter nach hinten, an der Grenze zwischen Kopf und Rumpf, mit Schädel und Wirbelsäule und stellen die Kiemenbogen dar (sogen. Visceralskelett); sie umgeben die Kiemenspalten, d. h. die Öffnungen in der Haut, welche für die Zirkulation des Atemwassers nötig sind. Auch diese Bogen sind bei Knochenfischen ungemein kompliziert gebaut und mit allerlei Hautknochen zum Schutz der Kiemen in Verbindung gebracht. Die beiden Paare Extremitäten sind ursprünglich knorpelig; die vordern oder die Brustflossen stehen dann mittels eines bogenförmigen Stückes, des Schultergürtels, mit der Wirbelsäule in Verbindung, während bei den Bauchflossen der entsprechende Beckengürtel frei liegt. Mit der Verknöcherung wird der Schultergürtel zugleich komplizierter und befestigt sich am Schädel selbst, während der Beckengürtel seine Lage je nach den einzelnen Fischgruppen ändert. Man unterscheidet so die Bauch-, Brust- und Kehlflossen, je nachdem die hintere Extremität in der Nähe des Afters oder dicht bei der vordern oder sogar noch vor ihr steht; auch können (bei den Aalen) die Bauchflossen gänzlich fehlen. Die Flossen selbst bestehen aus einer Anzahl gegliederter Strahlen und lassen sich nur schwer mit den Gliedmaßen der höhern Wirbeltiere vergleichen. Außer diesen paaren Flossen gibt es auch unpaare: am Rücken und Bauch befinden sich die Rücken-, resp. Afterflossen, die beide wieder in einzelne Abteilungen zerfallen können, und am Hinterende die Schwanzflosse, von sehr wechselnder Gestalt (Genaueres s. bei Flossen). Der Schwanz ist das Hauptbewegungsorgan der F. Die Flossen dienen meist nur dazu, den Körper im Gleichgewicht zu halten und beim Schwimmen die Stetigkeit und Richtung der Bewegung zu sichern. Ein toter Fisch liegt im Wasser auf dem Rücken. Entfernt man Brust- und Bauchflosse der einen Seite oder auch nur die erstere, so fällt der Fisch auf diese Seite; bei Wegnahme beider Brustflossen sinkt er mit dem Kopf nach unten. Werden Rücken- und Afterflossen abgeschnitten, so erfolgt die Vorwärtsbewegung im Zickzack. Das Lenken nach links wird durch einen Schlag des Schwanzes nach rechts und umgekehrt, eine Rückwärtsbewegung durch einen Schlag der Brustflossen nach vorn bewirkt. Die zu allen diesen Bewegungen nötigen Muskeln sind der Hauptsache nach die sogen. Seitenmuskeln, welche sich in vier Zügen zu beiden Seiten der Wirbelsäule vom Kopf bis zur Schwanzspitze erstrecken. Durch quer von der Haut bis an die Wirbelabteilungen des Skeletts tretende, geschwungen verlaufende faserige Bänder werden sie in einzelne hintereinander liegende Muskelscheiben zerteilt. Indem die Muskeln die hintere Partie des Rumpfes und den Schwanz in raschem Wechsel nach rechts und links biegen, erzeugen sie die fortschnellenden Kräfte. Das Spiel der Brust- und Bauchflossen bewirken Muskeln, welche aus der Seitenmuskelmasse an sie herantreten, und solche, welche die einzelnen Skelettstücke der Flossen gegeneinander bewegen. Ebenso dienen besondere Muskeln zur Bewegung der unpaaren Flossen.

Das Nervensystem zeigt sehr einfache Verhältnisse. Das Gehirn bleibt stets klein und füllt die Schädelhöhle bei weitem nicht aus; vom Rückenmark wird es an Masse bedeutend übertroffen. In dieser sowie in manchen andern Beziehungen stellt es einen Zustand dar, welcher von den höhern Wirbeltieren schon im Embryonalleben durchlaufen wird. Die Augen sind meist verhältnismäßig groß und mit einer fast kugelrunden, mächtigen Linse versehen. Augenlider fehlen noch ganz oder bilden doch nur eine unbewegliche kreisförmige Hautfalte; nur die Selachier haben untere und obere Augenlider, oft sogar noch eine Nickhaut. Bei einigen Fischen (Chauliodus, Stomias) sind außer den Augen am Kopf noch eine Reihe ähnlich gebauter Organe am Bauch angebracht, die aber wahrscheinlich als Leuchtorgane dienen. Das Gehörorgan ist noch wenig entwickelt; ein äußeres Ohr fehlt ganz, im innern ist von der Schnecke höchstens eine Andeutung vorhanden. Bei vielen Knochenfischen steht es durch eine Reihe kleiner Knochen mit der Schwimmblase in Verbindung. Das Geruchsorgan besteht aus paaren, blind geschlossenen Nasenhöhlungen; nur bei den Lurchfischen durchbohrt das Nasenrohr den Gaumen und dient hier auch als Respirationsweg zur Regulierung des in die Kiemen eintretenden Wassers. Der nervenreiche Teil des fleischigen Gaumens scheint der Sitz eines wenig entwickelten Geschmackssinns zu sein. Zum Tasten mögen fleischige Lippen und deren Anhänge (Barteln), vielleicht auch die einzelnen aus den Flossen sich lösenden Strahlen dienen, während das

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0295.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)