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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

Tafel III: Die Flaggen des internationalen Signalbuches.

Mittels der auf Tafel III abgebildeten 18 Flaggen, der Vereinfachung wegen nach den ersten 18 Konsonanten des Alplabets benannt, aber ohne deren Bedeutung, können Schiffe und Signalstationen eine große Zahl verschiedener Mitteilungen wechseln, gleichviel welcher Sprache sie sich bedienen. Jene Flaggen ergeben, je nachdem sie miteinander verbunden werden:

306 Signale mit 2 Flaggen (BC u. s. w. bis WV)
4896 3 (BCD u. s. w. bis WVT)
73440 4 (BCDF u. s. w. bis WVTS)

Alle 306 Signale mit 2 Flaggen, alle 4896 Signale mit 3 Flaggen und von den Signalen mit 4 Flaggen die ersten 18,960 (BCDF bis GPWV) sind zu besondern Mitteilungen verschiedener Art bestimmt, worüber das Signalbuch Auskunft gibt. Von den übrigen Signalen mit 4 Flaggen sind die 1440 Signale von GQBC bis GWVT zu Unterscheidungssignalen für die Schiffe der Kriegsmarine und die 53,040 Signale von HBCD bis WVTS zu Unterscheidungssignalen für die Schiffe der Handelsflotten bestimmt. Letztere unterscheiden sich von allen andern Signalen mit 4 Flaggen schon dadurch, daß nur die obere Flagge eine viereckige ist.

Beabsichtigt ein Schiff, sich einem andern oder einer Signalstation zu erkennen zu geben, so hat es zunächst seine Nationalflagge und darunter den Signalbuchwimpel, darauf die 4 sein Unterscheidungssignal bildenden Flaggen an einer gut sichtbaren Stelle zu heißen. Diese 4 Flaggen müssen gleichzeitig und stets in der einmal festgestellten Reihenfolge untereinander aufgezogen werden. Das vorherige Heißen der Nationalflagge ist unerläßlich, weil Schiffe verschiedener Nationalität vielfach dasselbe Unterscheidungssignal führen.

Jedes das Unterscheidungssignal des andern wahrnehmende Schiff kann dessen Heimatshafen, Tragfähigkeit, Dampfkraft aus der Schiffsliste ersehen; erblickt man als Unterscheidungssignal z. B. von oben nach unten die gelbe Flagge, den weißen Wimpel mit rotem Ball, die vertikal weiß-rot gestreifte und die horizontal blau-weiß-blau gestreifte Flagge, also QCHJ, so hat man es mit dem Dampfer Berlin zu thun, mit 6610,6 Kubikmeter = 2333,54 Brutto-Raumgehalt und 1160 indizierten Pferdestärken, dessen Heimatshafen Bremen ist. Mit Hilfe der Signalflaggen und des internationalen Signalbuches läßt sich außerdem der Hafen der Ausreise und der Bestimmungshafen sowie die bisherige Reisedauer erkennen, was durch den mittlern Teil der Tafel III („Deutsches Handelsschiff Europa von London nach New York 12 Tage in See“) illustriert wird, ein Beispiel, das dem „Internationalen Signalbuch“, amtliche Ausgabe für die deutsche Kriegs- und Handelsmarine, herausgegeben vom Reichsamt des Innern (2. Aufl. 1884), entnommen ist.

Die Fernsignale dienen zum Signalisieren auf Entfernungen, welche nicht mehr die Farbe, sondern nur noch die Form und Stellung der Signalzeichen erkennen lassen. Diese Signalzeichen sind von dreifach verschiedener Form: rund, dreieckig, viereckig. Die runden werden durch Bälle dargestellt, die dreieckigen durch Wimpel, die viereckigen durch Flaggen. Die Farben sind dabei gleichgültig, dunkle aber die zweckmäßigsten, weil sie am weitesten sichtbar sind. Mindestens ein Zeichen jeden Fernsignals ist der Ball und, weil Bälle in den Signalen mit farbigen Flaggen fehlen, das charakteristische Unterscheidungsmerkmal für Fernsignale. Kein Fernsignal besteht aus mehr als 3 Zeichen; höchstens 2 derselben sind von gleicher Form. Der einzelne Ball gilt als Vorbereitungs- und Antwortszeichen, nimmt also die Stelle des Signalbuch-Antwortwimpels ein; auch das Schlußzeichen für ein beendetes Signal bedeutet er. Zwei Bälle untereinander bilden das Annullierungssignal. Außer diesem bestehen noch 4 aus zwei Zeichen zusammengesetzte Fernsignale. Zur Darstellung der 18 Signalbuchstaben (Konsonanten B bis W) dienen aus drei Signalen zusammengesetzte Fernsignale.

Es können damit alle Flaggensignale gegeben werden und zwar so, daß die Signalbuchstaben, mit denen jedes Signal bezeichnet ist, nacheinander durch die in der Tafel III angegebenen Fernsignale dargestellt werden, worauf als Schlußzeichen der einzelne Ball gezeigt wird. Während also jedes farbige Flaggensignal auf einmal gezeigt werden kann, müssen zu dessen Darstellung mittels Fernsignalen so viele Einzelsignale gezeigt werden, wie es Signalbuchstaben hat, außerdem noch das Schlußzeichen. Es können aber diese einzelnen Fernsignale auch gleichzeitig an verschiedenen Stellen des Schiffs gezeigt werden, z. B. das erste im Vortopp, das zweite im Großtopp, das dritte im Kreuztopp, das vierte an der Gaffel, so daß solche Signale stets von vorn nach hinten zu geben und zu lesen sind.

Wird eins der abgebildeten Fernsignale einzeln gezeigt und dann das Schlußzeichen, so bedeutet es nicht seinen Signalbuchstaben, sondern es hat die in der Tafel III angegebene Bedeutung.




Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 334g. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0334g.jpg&oldid=- (Version vom 2.11.2022)