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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

gegen den englischen Friedensunterhändler privatim und öffentlich als unabänderlich verteidigte. Zur Beschaffung der Hilfsmittel für Aufrechthaltung des Beschlusses schlug er die Ausgabe von Papiergeld vor, wozu er aus seinem eignen Vermögen 4000 Pfd. Sterl. gab. Ende 1776 begab er sich nach Frankreich, wo er mit höchster Achtung begrüßt wurde und nach Abschluß des Allianzvertrags vom 6. Febr. 1778 als bevollmächtigter Minister der 13 vereinigten Staaten Nordamerikas auftrat. Er suchte namentlich durch die Presse die öffentliche Meinung für die amerikanische Sache zu gewinnen, die er als Sache der Freiheit und Zivilisation der Menschheit darstellte. Nach langen Mühen errang denn auch endlich seine diplomatische Kunst, die seine Korrespondenz und sein Tagebuch veranschaulichen, den Frieden vom 3. Sept. 1783. Die Rückfahrt benutzte er zu physikalischen Beobachtungen und zur Abfassung einer trefflichen Abhandlung über die Verbesserung der Schiffahrt. In Amerika begrüßte ihn unter Kanonendonner und Glockengeläute der Jubel des Volkes. Dreimal noch wurde er durch die einstimmige Wahl seiner Mitbürger Gouverneur des Staats Pennsylvanien, als dessen erster Abgeordneter beim Kongreß er zur Befestigung der jungen nordamerikanischen Freiheit mitwirkte. Alter, besonders aber Steinschmerzen nötigten ihn endlich, sich 1788 vom öffentlichen Leben zurückzuziehen. Er starb 17. April 1790, nachdem er noch kurz zuvor als Vorsitzender des Vereins zur Aufhebung der Sklaverei eine Denkschrift an das Repräsentantenhaus unterzeichnet hatte. Der Kongreß verordnete zu Ehren seines größten Bürgers eine Nationaltrauer auf einen Monat. Auch die französische Nationalversammlung legte auf Mirabeaus Vorschlag drei Tage Trauer an. Grafschaften, Städte, gemeinnützige Anstalten seines Vaterlandes ehrten Franklins Gedächtnis, indem sie seinen Namen annahmen. Für seinen Grabstein aber hatte F. selbst folgende Inschrift bestimmt: „Hier liegt der Leib Benjamin Franklins, eines Buchdruckers (gleich dem Deckel eines alten Buches, aus welchem der Inhalt herausgenommen, und der seiner Inschrift und Vergoldung beraubt ist), eine Speise für die Würmer; doch wird das Werk selbst nicht verloren sein, sondern (wie er glaubt) dermaleinst erscheinen in einer neuen schönern Ausgabe, durchgesehen und verbessert von dem Verfasser“. F. erwarb sich nicht bloß um sein Vaterland, sondern auch um die Menschheit große Verdienste durch eine Reihe wichtiger Erfindungen, unter denen die des Blitzableiters, die Verbesserung der Harmonika, der Kupferdruckpresse etc. obenan stehen. Durch eifrige Förderung von Erziehungsanstalten wirkte er für die Bildung der Jugend und für die Belehrung der Handwerker, während er die moralische, geistige und politische Bildung des Volkes durch die Presse, durch Volksschriften und vorzüglich durch seine „Pennsylvanische Zeitung“ und seinen vortrefflichen „Volkskalender“ zu heben suchte. Selbst ein schönes Musterbild eines durch eigne Kraft emporgekommenen, zur höchsten geistigen Bildung und angesehenen Stellung gelangten Mannes, schuf er in seinen Volksschriften, unter denen besonders die „Sprichwörter des alten Heinrich oder die Weisheit des guten Richard“ (Philad. 1757) in der Kunst, die Lehren der Moral auf das Leben anzuwenden, unübertrefflich sind, seinen Mitbürgern ein Handbuch praktischer Moral, sozialer, bürgerlicher und wirtschaftlicher Lebensweisheit, die ohne idealistischen Schwung, aber durchaus human und philanthropisch war. Vor allem aber ist F. als Verteidiger des Rechts, der Freiheit und der Staatseinrichtungen seines Vaterlandes ausgezeichnet. Berühmt ist der in Frankreich auf ihn gedichtete Vers:

Eripuit coelo fulmen, sceptrumque tyrannis.
(Er entriß dem Himmel den Blitz, den Tyrannen das Zepter.)

1856 wurde ihm in Boston ein Standbild errichtet. Sammlungen von Franklins Werken erschienen zu London 1793 in 2 Bänden und 1806 in 3 Bänden, vollständiger von Franklins Enkel William Temple F. (das. 1818–19) und von Sparks (neue Ausg., Chicago 1882, 10 Bde., mit Biographie); die vollständigste Ausgabe besorgte neuerlich Bigelow (1886, 10 Bde.); eine deutsche Bearbeitung lieferte A. v. Binzer (Kiel 1829, 4 Bde.). Franklins kleinere Schriften und die Korrespondenz wurden mehrfach herausgegeben. Biographien von ihm verfaßten (abgesehen von seiner Autobiographie, hrsg. von Bigelow, neue Ausg., Philad. 1879, 3 Bde.; deutsch von F. Kapp, 4. Aufl., Berl. 1882) Sparks (Bost. 1856), Parton (New York 1856, 2 Bde.), Mc. Master (Bost. 1885), J. Franklin und Headington (4. Aufl. 1880).

2) Sir John, berühmter engl. Seefahrer, geb. 16. April 1786 zu Spilsby (Lincolnshire), nahm 1801 als Seekadett teil an dem Bombardement von Kopenhagen, begleitete 1803 Flinders auf seiner Entdeckungsreise nach Australien, focht 1805 auf dem Bellerophon bei Trafalgar, wurde 1815 vor New Orleans bei der Wegnahme eines amerikanischen Kanonenboots verwundet und kommandierte 1818 bei der Nordpolexpedition des Kapitäns Buchan die Brigg Trent. 1819 unternahm er im Auftrag der Regierung eine Expedition zu Lande nach den Mündungen des Kupferminenflusses, während der Kapitän Parry diese Gegenden zu Schiff besuchen sollte, kam von Fort York aus im Juli 1820 nach unendlichen Mühseligkeiten an Ort und Stelle und untersuchte die eisfreie Küste mit ihren zahlreichen Inseln nordwestlich ca. 900 km weit bis zum Kap Turnagain, wo ihn Mangel an Lebensmitteln zur Umkehr zwang. Schon 1825 aber unternahm er im Auftrag der Regierung mit Leutnant Back, Richardson u. a. eine neue Reise, um eine schiffbare Durchfahrt westlich von der Mündung des Mackenzieflusses zur Beringsstraße, wo ihm Kapitän Beechey aus dem Stillen Meer entgegenkommen sollte, zu entdecken. Er schiffte den Mackenziefluß hinab, erreichte das Arktische Meer, entdeckte die Inseln Parry, Kendall, Pelly etc. und kehrte sodann wegen der vorgerückten Jahreszeit nach dem Fort F. am Bärensee zurück. Dort überwinterte er und kam im September 1829 wieder in England an. F. hatte auf dieser Expedition die Küste auf eine Strecke von fast 36 Längengraden aufgenommen, wichtige Beobachtungen über den Magnet und die Wirkung des Nordlichts auf die Magnetnadel gemacht und reiche naturhistorische Sammlungen, namentlich an Pflanzen, mitgebracht, wofür er zum Ritter und Doktor der Rechte an der Universität Oxford ernannt ward und von der Geographischen Gesellschaft zu Paris die goldene Medaille erhielt. (Vgl. „Narrative of a journey to the shores of the Polar Sea in the years 1819–22“, Lond. 1823, 2 Bde.; deutsch, Weim. 1824, 2 Bde., und „Narrative of a second expedition to the shores of the Polar Sea 1825–27“, Lond. 1828; deutsch, Weim. 1829.) Nachdem F. 1830 ein Linienschiff im Mittelmeer kommandiert hatte, fungierte er 1835–43 als Gouverneur auf Vandiemensland, traf 1845 wieder in England ein und übernahm sogleich auf zwei Schiffen, Erebus und Terror, mit den Kapitänen Crozier und Fitzjames die Leitung einer neuen Nordpolexpedition. Die Mannschaft

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 507. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0507.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2021)