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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8

In der Botanik bezeichnet man mit H. eine auf reichlicherer Ernährung beruhende Vergrößerung von Pflanzenteilen über ihr gewöhnliches Maß; sie wird bewirkt entweder durch übergroße Nahrungszufuhr aus dem Boden bei starker Düngung oder durch Wegnahme gewisser Teile der Pflanze, wenn z. B. alle Triebe bis auf einen oder einige weggeschnitten werden, infolgedessen diese dann ihre Stengel und ihre Blätter riesenhaft vergrößern. Dasselbe tritt ein nach Abtrieb von Sträuchern und Bäumen an den ersten Wurzelschößlingen, die sich an den Stümpfen entwickeln. Ebenso erzielen die Gärtner durch Abkneipen junger Früchte, Blüten und Laubtriebe abnorm große Früchte, Trauben, Blüten etc. Auch an der unverletzten Pflanze können gewisse Teile hypertrophisch und dadurch wirkliche Mißbildungen erzeugt werden. Die Ursache davon liegt bald in einer Hemmung der Vegetation in irgend einem Pflanzenteil, infolgedessen an andern Teilen eine erhöhte Vegetationsthätigkeit eintritt, oder sehr häufig auch in einer Hemmung des absteigenden Saftstroms, dessen Ansammlung an einer Stelle zur H. Veranlassung gibt, wie dies bei der Maserbildung, der Entstehung von Wasserreisern etc. der Fall ist. Sehr häufig wird auch durch Parasiten eine übermäßige Nahrungszufuhr nach den infizierten Organen verursacht, welche eigentümliche Hypertrophien derselben zur Folge hat; dahin gehören die durch manche Schmarotzerpilze bewirkten Anschwellungen, Krümmungen, Drehungen und Verkrüppelungen und die von parasitischen Tieren hervorgebrachten Gallen.

Hyphaene Gärtn., Gattung aus der Familie der Palmen, Bäume mit geringeltem, fast immer dichotom verzweigtem Stamm, endständigen, fächerförmigen Blättern, diözistischen Blüten und in großen Büscheln stehenden Früchten mit faseriger Umhüllung und holzigem Steinkern. Die Gattung ist über ganz Afrika mit Ausnahme des Kaplandes und über manche Teile Arabiens verbreitet. Die bekannteste Art, H. thebaica Mart. (H. cucifera Pers., Cucifera thebaica Desf., Doompalme, Pfefferkuchenbaum), über 9 m hoch, hat blaßgelbliche oder rötliche Blüten und apfelgroße, gelbbraune Früchte mit dicker, mehliger Rinde, die wie Pfefferkuchen aussieht und auch diesem ähnlich schmeckt. Diese Art findet sich besonders am Nil; ihr Holz wird vielfach verwertet, das Fleisch der Frucht wird gegessen, die Kerne dienen zu Rosenkränzen und werden in Kuka zu Spielsachen verarbeitet. Die Kultur der Doompalme ist schwierig und prekär. S. Tafel „Palmen II“.

Hypha floccōsa (Wetterzotte), s. Schimmel.

Hyphantórnis, Edelweber, s. Webervögel.

Hyphăsis, im Altertum linker Nebenfluß des Indus, an welchem Alexanders d. Gr. indischer Feldzug endigte; heute Vjâsa.

Hyphe (griech. Hypha), Faden, Fadenzelle, Pilzfaden, eine Form der Pflanzenzelle, welche bei den eigentlichen Schwämmen und den Flechten allgemein als Elementarorgan vorkommt.

Hyphen (griech., „in eins [zusammen]“; auch ins Englische übergegangen, spr. heif’n), die Zusammenziehung zweier Wörter zu einem Kompositum und das dabei gebräuchliche Bindezeichen (-).

Hypnobāt (griech.), Schlaf-, Nachtwandler; Hypnobatie, das Schlafwandeln.

Hypnoideen, Familie der Laubmoose, s. Moose.

Hypnos (lat. Somnus), in der griech. Mythologie der Gott des Schlafs, Sohn der Nacht (Nyx) und Zwillingsbruder des Todes (Thanatos), wohnt mit beiden im unterirdischen Dunkel, von wo die Mutter ihre Söhne allnächtlich mit sich heraufführt. H. schweift sanft und menschenfreundlich über Land und Meer, ein milder Beruhiger aller Kreatur und ihrer Sorgen und Mühen, ein Spender lieblicher Traumbilder und darum ein Freund des Apollon und der Musen, während sein Bruder (wenigstens ursprünglich) grausam und erbarmungslos erscheint (s. Thanatos). Die Traumgötter heißen seine Söhne. In diesem Sinn war die Nacht mit ihren beiden Söhnen auf dem Kasten des Kypselos abgebildet. Im übrigen wird er gewöhnlich als kräftiger, lebhaft ausschreitender Jüngling dargestellt, mit Flügeln an der Stirn und den gewöhnlichen Attributen des Mohnzweigs und des Schlummerhorns, aus dem er den Schlaf auf die Ruhenden niederträufelt. Doch kommen auch andre Auffassungen vor, so die Darstellung als geflügelter, bärtiger Greis, der über den in seinem Schoß liegenden Endymion den Schlaf ausgießt (in Sarkophagreliefs). Bekannt ist die Episode der Ilias (XIV), wo Hera den H., den Herrn über alle Götter und Menschen, durch große Versprechungen für ihren Plan wider Zeus gewinnt. Vgl. Winnefeld, H., ein archäologischer Versuch (Stuttg. 1887).

Hypnōse (griech.), der durch narkotische Mittel hervorgebrachte Schlaf.

Hypnoskōp (griech.), ein von Ochorowicz angegebenes Instrument, bestehend aus einem kleinen, der Länge nach aufgeschlitzten, magnetischen Stahlcylinder, der durch eigentümliche Empfindungen in dem hineingesteckten Zeigefinger anzeigen soll, ob eine Person leicht hypnotisierbar ist oder nicht. Geßmann hat durch Vereinigung von vier Hufeisenmagneten in einen Ring, so daß die acht Pole in regelmäßiger Abwechselung gegen einen engen Raum (für den hineinzusteckenden Finger) konvergieren, ein angeblich noch empfindlicheres Instrument hergestellt. Abbildungen in Geßmann, Magnetismus und Hypnotismus (Wien 1887).

Hypnotĭca (sc. remedia), schlafmachende Mittel; vgl. Betäubende Mittel.

Hypnotismus (griech.), ein schlafähnlicher Zustand, welcher bei den meisten Menschen durch anhaltendes, gespanntes Richten der Aufmerksamkeit, besonders des Blickes, auf einen Gegenstand von nicht aufregender Beschaffenheit erzeugt werden kann. Ähnliche Zustände wußten bereits die alten indischen Fakire oder religiösen Ekstatiker durch Konzentration ihres Blickes (auf den Nabel) oder ihrer Gedanken zu erzeugen; der durch gewisse Striche erzeugte magnetische Schlaf (s. Magnetische Kuren) stellt eine analoge Erscheinung dar, aber erst der englische Wundarzt James Braid (gest. 1860 in Manchester) machte denselben seit dem Jahr 1841 zum Gegenstand eines genauern, wissenschaftlichen Studiums, schrieb eine ganze Reihe von Werken über denselben und legte ihm obigen Namen bei. Gleichwohl gerieten seine erschöpfenden Beobachtungen fast in völlige Vergessenheit, bis in neuerer Zeit die sehr auffallenden öffentlichen Schaustellungen eines dänischen Kaufmanns, Hansen, das Interesse für diesen Zustand von neuem wachriefen und eine Anzahl von Untersuchungen durch Weinhold, Heidenhain, Berger, Preyer und andre Physiologen veranlaßten, welche die Braidschen Erfahrungen vollkommen bestätigten. Nach der Vorschrift Braids wird der H. am leichtesten hervorgerufen, indem man die zu dem Experiment dienende Person längere Zeit auf einen in einiger Entfernung angebrachten glänzenden Gegenstand, ein Stückchen poliertes Metall, einen kleinen, funkelnden Spiegel od. dgl., unverwandt hinblicken läßt. Sie wird dadurch

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 852. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b8_s0852.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2022)