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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8

Tafel III, Fig. 7, 8, 16 u. 19. Vgl. Faulmann, Die Initiale (Wien 1886).

Initiālzelle (lat.), in der Pflanzenanatomie eine Zelle, welche an der Spitze eines bestimmten Gewebes steht und dasselbe durch fortgesetzte Neuteilungen ergänzt.

Initiativantrag, s. Initiative.

Initiatīve (neulat.), die Eröffnung oder Inangriffnahme einer Handlung, auch das Recht oder Vorrecht dazu. Unter I. der Gesetzgebung (Initiativrecht) versteht man das Recht, Gesetzentwürfe einzubringen. Dies Recht war auch in der konstitutionellen Monarchie nach den ältern Verfassungsurkunden dem Monarchen vorbehalten; dem Landtag war es nur gestattet, im Weg der Petition an das Staatsoberhaupt sich mit Gesetzvorschlägen zu befassen. Die neuern deutschen Verfassungsurkunden dagegen enthalten regelmäßig das Recht der Volksvertretung zu Gesetzvorschlägen (parlamentarische I.). In manchen Staaten ist dasselbe nachträglich in besondern Verfassungsgesetzen anerkannt worden. So bildet das Initiativrecht des Landtags und zwar in den Staaten mit Zweikammersystem einer jeden von beiden Kammern nunmehr die Regel. Nur ausnahmsweise (Hessen, Altenburg, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt, Reuß ältere Linie) ist die I. ein Vorrecht des Monarchen; doch sind in einzelnen Staaten gewisse Angelegenheiten, so in Bayern bestimmte Titel der Verfassung, in Württemberg Steuern, Aufnahme von Anleihen, Feststellung des Staatshaushaltsetats und außerordentliche, im Etat nicht vorgesehene Ausgaben, der landständischen I. entzogen. Selbstverständlich muß zu einem in der Kammer oder auch von beiden Kammern angenommenen Gesetzvorschlag, welcher aus dem Schoß derselben hervorgegangen, die landesherrliche Zustimmung hinzutreten, wenn anders derselbe wirklich zum Gesetz erhoben werden soll. Im Deutschen Reich entstehen die Reichsgesetze durch übereinstimmenden Mehrheitsbeschluß des Reichstags einer- und des Bundesrats anderseits. Jede von beiden Körperschaften hat das Recht der I. Dagegen steht dem Kaiser als solchem ein Initiativrecht nicht zu. Anträge von Reichstagsmitgliedern, welche Gesetzentwürfe enthalten (Initiativanträge), müssen von mindestens 15 Mitgliedern unterzeichnet sein und bedürfen nach der Geschäftsordnung einer dreimaligen Beratung (Lesung). Auch in den außerdeutschen Staaten bildet das Initiativrecht der Kammern die Regel. In England, woselbst die Minister zugleich Mitglieder des Parlaments sind, besteht der Brauch, daß die Gesetzentwürfe von ihnen in dieser letztern Eigenschaft im Parlament eingebracht werden.

Initĭen (lat.), die Anfänge, Anfangsgründe.

Injektion
Injektionsspritze
s. Einspritzung.

Injektor (lat., Einspritzer, Dampfstrahlpumpe), eine in neuerer Zeit vielfach verwendete Speisevorrichtung für Dampfkessel, ist von Giffard erfunden. Seine Einrichtung und Wirkungsweise ist folgende. Das Rohr A (Fig. 1) steht mit dem Dampfraum, L mit dem Wasserraum eines Kessels in Verbindung. Nach Öffnung des Hahns H strömt Dampf durch A, durch zahlreiche Löcher des Rohrs BC in letzteres, durch dessen konisches Mundstück, weiter das konische Stück E durchstreichend, in den Raum R und von da durch Rohr S ins Freie. Hierbei wird durch das die Kammer D mit dem Speisewasserbassin verbindende Rohr F Wasser angesaugt wie bei jedem Strahlapparat, wobei ihm unter Kondensation des Dampfes dessen ganze lebendige Kraft übertragen wird. Die Geschwindigkeit des angesaugten Wassers nimmt zu, bis es mit Hilfe dieser im stande ist, auf geradem Weg durch G und K strömend, den Druck auf das Speiseventil V zu überwinden und durch letzteres und Rohr L in den Kessel zu treten. MN und O sind Regulierschrauben für die Dampfzuströmung bei C und den Speisewasserzutritt bei D, Vorrichtungen, von denen bei den neuern Konstruktionen die letztere gewöhnlich fortgelassen wird. Der I., der in sehr verschiedenen Konstruktionen (von Schäffer u. Budenberg, Sellers, Fink, Kraus, Körting etc.) auftritt, empfiehlt sich durch Einfachheit und insofern vorteilhafte Wirkung, als er die Dampfwärme auf das Speisewasser überträgt, ist aber nur bei kaltem Speisewasser

Fig. 1.
Vertikalschnitt.
Giffards Injektor.

(unter 30° C.) anzuwenden, weil sonst der Dampf nicht mehr gehörig kondensiert wird. In neuerer Zeit hat Körting in Hannover einen Universalinjektor (Fig. 2) konstruiert, der Wasser von 70° C. noch mit Sicherheit ansaugen und in den Kessel fördern soll. Derselbe besteht im wesentlichen aus zwei einfachen Injektoren, deren einer dem andern das Wasser zubläst, und wirkt in folgender Weise. Der Dampf tritt bei H ein. Wird das Dampfventil V geöffnet, so erhält der erste I. F durch die Düse D Dampf, saugt Wasser an und führt es zunächst durch E ins Freie. Darauf wird nach Öffnung des Dampfventils V1 Dampf durch die Düse D1 zum zweiten I. F1 hinzugelassen und dieser mit der Umgebung in Verbindung gebracht, während zugleich die ins Freie führende Öffnung des ersten Injektors geschlossen wird. Das dabei von dem ersten I. dem zweiten durch NN zugeführte Wasser, dessen Temperatur sich auf etwa 90° C. erhöht hat, ist, weil es unter einem bedeutenden, den Siedepunkt erhöhenden Druck steht, fähig, bei dem zweiten I. noch eine weitere Kondensation von Dampf vorzunehmen, und wird,

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 957. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b8_s0957.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2022)