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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9

stattfinden und die Krankheit unter dem Boden weiter verbreitet werden. Aber auch das Mycelium kann aus einer kranken Knolle in die sich entwickelnden Triebe derselben, sowohl in die unterirdischen als auch in die grünen Sprossen, hineinwachsen und auf diese Weise schon frühzeitig ins Laub und in die jungen Knollen gelangen. Ob der Pilz, wie andre Peronosporeen, auch durch Oosporen überwintert, ist bis jetzt nicht sicher festgestellt. Die Peronospora infestans Casp. kommt auch auf den Blättern der in Gärten kultivierten Tomaten (Solanum lycopersicum) und andrer aus der Heimat der Kartoffel stammenden Arten, wie S. etuberosum Lindl., S. stoloniferum Schl., S. utile Kl., S. Maglia Molin., S. verrucosum Schl., die ebenfalls in unsern Gärten gezogen werden, aber auf keiner unsrer einheimischen Solanum-Arten vor; nur auf Solanum Dulcamara läßt er sich kümmerlich kultivieren. In der südamerikanischen Heimat der Kartoffelpflanze ist die Krankheit durchaus heimisch. Die unter den Laien verbreitete Meinung, daß der auf den faulen Knollen auftretende Schimmel der Pilz der K. und die Ursache der Weiterverbreitung der Krankheit sei, ist irrig; denn Versuche haben erwiesen, daß aus den Sporen dieser Schimmelarten (gewöhnlich Fusisporium solani Mart. und Spicaria solani Harting) immer nur dieselben Pilze, nie die Peronospora sich erziehen lassen, daß es Fäulnisbewohner sind, die mit den Parasiten nichts zu thun haben.

Die Verhütungsmaßregeln gegen die K. haben sich fast ausschließlich zu erstrecken auf die Fernhaltung der Peronospora im Saatgut und auf Herstellung solcher Bedingungen, welche die Vegetation des Schmarotzers vereiteln oder am meisten erschweren. Sorgfältige Auswahl guter, gesunder Knollen zur Aussaat ist Haupterfordernis. Ein Hauptbeförderungsmittel der Vegetation und der Vermehrung der Peronospora ist die Feuchtigkeit. In der That tritt die K. in nassen Jahren und feuchten Lagen am heftigsten auf, der Landwirt aber kann ihr durch Wahl eines trocknen und leicht trocknenden Bodens und freier Lage des Ackers wenigstens einigermaßen vorbeugen. S. Tafel „Pflanzenkrankheiten“, Fig. 7–10. Vgl. de Bary, Die gegenwärtig herrschende K., ihre Ursache und ihre Verhütung (Leipz. 1861); Kühn, K. („Zeitschrift des Landwirtschaftl. Zentralvereins der Provinz Sachsen“ 1871 und „Berichte aus dem physiologischen Laboratorium des landwirtschaftlichen Instituts der Universität Halle“ 1872); Sorauer, Handbuch der Pflanzenkrankheiten (2. Aufl., Berl. 1886). Über neuere Untersuchungen de Barys vgl. „Journal of botany“ 1876; Frank, Die Krankheiten der Pflanzen (Bresl. 1880); Jensen, Die K. kann besiegt werden (a. d. Dän., Leipz. 1882). Über andre Krankheiten der Kartoffelpflanze vgl. die Artikel: „Kräuselkrankheit“, „Grind der Kartoffeln“, „Naßfäule“ und Rhizoctonia“.

Kartoffelkrieg wurde der bayrische Erbfolgekrieg (s. d.) von den Soldaten genannt, weil sich dieselben, statt Schlachten zu schlagen, in den böhmischen Standlagern und Quartieren hauptsächlich bloß um die Kartoffeln stritten.

Kartoffellegemaschine, mechan. Apparat zum regelmäßigen Einlegen der Saatkartoffeln in die Furchen des bestellten Ackers. Trotz zahlloser Versuche ist es bisher noch nicht gelungen, eine allen Anforderungen der praktischen Landwirtschaft entsprechende K. zu konstruieren. Die Schwierigkeiten haben ihre Ursache vornehmlich in der ungleichen Größe des Saatguts, welches selbst bei vollkommenstem Sortieren immer noch derartige Verschiedenheiten in Form und Größe zeigt, daß leicht Verstopfungen in den arbeitenden Teilen der Maschine entstehen. Bei den bisherigen Konstruktionen sind stets folgende Teile vorhanden: 1) ein geräumiger Saatkasten zur Aufnahme der auszulegenden Kartoffeln; 2) eine Vorrichtung zum Auswerfen und Bemessen derselben, bestehend entweder in Schöpfrädern mit Zellen am Umfang, deren Fassungsraum der Größe der Kartoffeln entspricht, oder in endlosen Ketten mit Schöpfbechern nach Art der Paternosterwerke; 3) Häufelschare zum Öffnen der Furchen mit der Vorrichtung zum Herabführen der Kartoffeln sowie zum Bedecken derselben nach der Aussaat. Im Äußern ist die Maschine wie eine Reihensäemaschine (s. Säemaschine) angeordnet; das Einlenken erfolgt durch ein Vordersteuer, wie bei dieser. Die bisherigen Kartoffellegemaschinen wurden für 1–3 Reihen ausgeführt. Eine Schwierigkeit im Betrieb der K. besteht darin, daß das Gewicht der Saat pro Flächeneinheit weit erheblicher ist als bei Getreide; das bezügliche Verhältnis ist 8:1. Die Maschine erhält hierdurch ein zu beträchtliches Gewicht, wodurch die Zugkraft erhöht und die Leistung verringert wird, da ein häufiges Auffüllen des Saatkastens notwendig ist. Die tägliche Leistung beträgt bei den relativ besten Maschinen 2,5 Hektar pro Tag, während ein Arbeiter bei Handarbeit in gleicher Zeit 0,25 Hektar Kartoffeln legt. Da zur Bedienung der Maschine drei Arbeiter erforderlich sind, würde dieselbe, sobald sie in brauchbarer Konstruktion hergestellt ist, sieben Arbeiter ersparen. Hierin ist der Vorteil der K. gegenüber der Handarbeit zu suchen, während die Kosten des Maschinenbetriebs teurer ausfallen als diese. In neuester Zeit benutzt man zur Kartoffelaussaat Maschinen, die ausschließlich die Pflanzgruben in dem vorher geebneten Boden herstellen. In diese werden die Kartoffeln hierauf mit der Hand gelegt. Diese Maschinen, besonders in der Konstruktion von Untertilp in Düsseldorf, werden gelobt und haben vielfache Verbreitung gefunden.

Kartoffelmehl, s. Stärkemehl.

Kartoffelreibmaschine, s. Reibeisen.

Kartoffelsago, s. Sago.

Kartoffelsirup, s. v. w. Stärkesirup, s. Traubenzucker.

Kartoffelstärke, s. Stärkemehl.

Kartoffelzucker, s. v. w. Traubenzucker.

Kartogramm (griech.), die graphische Darstellung statistischer Verhältnisse auf Landkarten; vgl. Statistische Darstellungsmethoden.

Kartograph (griech.), Landkartenzeichner; Kartographie, die Kunst des Landkartenzeichnens (s. Landkarten).

Kartomantīe (Kartenlegekunst, Kartenschlagen), s. Spielkarten.

Kartometer, s. Meßrad.

Karton (franz. Carton), feinere, gewöhnlich geleimte Pappe; auch eine Sorte starkes (steifes) Papier; in der Buchbinderei Einband von leichter Pappe für ein geheftetes Buch (kartonieren); dann auch eine Pappschachtel zur Aufbewahrung leichterer Gegenstände. In der Malerei versteht man unter K. eine Zeichnung auf starkem Papier, deren man sich als Hilfsmittel und Vorarbeit zur Ausführung eines größern Gemäldes in Fresko, Öl, Teppich- und Gobelinweberei oder auch in Glas und Mosaik von denselben Dimensionen bedient. Bei der Anwendung werden die Kartons gewöhnlich durchgezeichnet oder die Umrisse der Gegenstände mit einer Nadel durchstochen,

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 576. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b9_s0576.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2022)