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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9

eine um so größere, je schmäler der Rücken des Keils im Vergleich zu seiner Länge ist. Wirkt die Kraft, welche den K. treibt, rechtwinkelig gegen den Rücken, und die Last rechtwinkelig auf die Seitenfläche, so halten sich beide das Gleichgewicht, wenn sich die Kraft zur Last verhält wie die Breite des Keilrückens zur Länge des Keils. In der Praxis werden alle theoretischen Berechnungen über die Wirkung des Keils illusorisch, weil derselbe niemals anders benutzt werden kann, als wenn eine große Reibung vorhanden ist. Ohne diese würde der K. zurückfliegen, wie es ein nasser Kirschkern zwischen den drückenden Fingern thut. Die große Reibung, durch welche der K. allein in dem Spalt festgehalten wird, würde seine Anwendung sogar in sehr vielen Fällen unvorteilhaft erscheinen lassen, wäre er nicht die einzige aller einfachen Maschinen, welche durch Stoß oder Schlag getrieben wird. Da nun die Wirkung eines stoßenden oder schlagenden Körpers wie das Quadrat der Geschwindigkeit wächst und durch diese ein großer Effekt zu erreichen ist, so ist natürlich eine Maschine in allen Fällen willkommen, wo man eine Kraft auf jene Weise wirksam werden lassen kann. Man benutzt den K. zum Auseinandertreiben von Holz- und Steinmassen, zum Heben großer Lasten und um eine sehr große Pressung hervorzubringen. Äxte, Beile, Messer, Meißel, Stemmeisen, selbst Nägel und Nadeln sind Keile. Ein Messer schneidet mit um so geringerm Druck, je schmäler sein Rücken gegen die Seiten ist. Die Gewölbsteine kann man als Keile mit abgestumpfter Schneide betrachten. In einem Gewölbe dringt jeder Stein vermöge seiner Schwere zwischen die benachbarten ein, und indem er sie zu trennen sucht, äußert er einen Druck auf sie, der, von ihnen vermehrt, auf die zur Seite anstoßenden übertragen wird, bis er endlich senkrecht auf den Erdboden wirkt und hier in dem Widerstand desselben seinen Rückhalt findet. K. wird auch ein schlank verjüngtes Holz- oder Metallstück genannt, welches man in eine Öffnung treibt, um zwei Körper so miteinander zu verbinden, daß sie schnell wieder getrennt werden können.

Keil, 1) Karl Friedrich, luther. Theolog, geb. 1807 zu Lauterbach bei Ölsnitz, studierte in Dorpat und Berlin, wurde 1833 Dozent, 1838 außerordentlicher, 1839 ordentlicher Professor in Dorpat und lebt, 1858 emeritiert, in Leipzig. In einer großen Reihe von alt- und neutestamentlichen Kommentaren (teilweise in dem mit F. Delitzsch herausgegebenen bändereichen „Biblischen Kommentar über das Alte Testament“) setzte er seit 1833 bis in die jüngste Zeit die Richtung Hengstenbergs fort. Von seinen übrigen Schriften nennen wir: „Der Tempel Salomos“ (Dorpat 1839); „Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die Schriften des Alten Testaments“ (3. Aufl., Frankf. 1873); „Handbuch der biblischen Archäologie“ (2. Aufl., das. 1875).

2) Ernst, Buchhändler, Begründer der Zeitschrift „Gartenlaube“, geb. 6. Dez. 1816 zu Langensalza, erlernte in Weimar den Buchhandel, trat 1837 als Gehilfe in die Weygandsche Buchhandlung zu Leipzig ein und wandte sich hier bald auch dem Journalismus zu. 1838 übernahm er die Redaktion des Journals „Unser Planet“ (später „Wandelstern“), das unter seiner Leitung eins der gelesensten Blätter damaliger Zeit wurde. Nachdem er 1845 ein eignes buchhändlerisches Geschäft in Leipzig gegründet hatte, rief er ein Jahr später das Monatsblatt „Der Leuchtturm“ ins Leben, das er auch selbst redigierte. Dieses Organ bezeichnete in der Geschichte des vormärzlichen Journalismus eine bedeutsame Wendung, indem es, unterstützt von den angesehensten Vertretern der liberalen Bewegung (R. Blum, J. Jacoby, Wislicenus, Uhlich etc.), der erste volkstümliche Ausdruck des erwachten Befreiungsdranges auf politischem und religiösem Gebiet wurde. Unaufhörliche Verfolgungen von seiten der Polizei zwangen zu häufigem Wechsel des Verlagsorts, bis endlich die Märztage von 1848 Preßfreiheit brachten und das Blatt selbst in Leipzig erscheinen durfte. Mit dem Sieg der Reaktion begannen die Verfolgungen von neuem; die Zeitschrift wurde 1851 unterdrückt und K. selbst zu einer neunmonatlichen Gefängnisstrafe verurteilt, die er in Hubertusburg verbüßte. Hier, in der Stille der Gefängniszelle, reifte in ihm der Plan zu seinem Hauptunternehmen, einem neuen illustrierten Familienblatt, das vom 1. Jan. 1853 ab unter dem Titel: „Die Gartenlaube“ erschien und infolge der umsichtigen Redaktion und der volkstümlichen, gesunden Tendenzen, die es verfolgte, in kurzer Zeit eine unerhörte Verbreitung fand. Die hervorragendsten Namen deutschen Schrifttums waren bald unter den Mitarbeitern des Blattes zu finden; die Seele aber und der wirkliche Leiter desselben war und blieb K. stets selbst bis zu seinem Tode, der am 23. März 1878 in Leipzig erfolgte. Unter seinen übrigen Verlagswerken waren Bocks „Buch vom gesunden und kranken Menschen“ und die Romane von E. Marlitt und E. Werner die erfolgreichsten. Das Geschäft, das in den Besitz der Witwe Keils überging, wurde Ende 1883 von den Gebrüdern Kröner in Stuttgart käuflich übernommen und unter der Firma „Ernst Keils Nachfolger“ weitergeführt.

3) Heinrich, Philolog, geb. 25. Mai 1822 zu Gressow bei Wismar, gebildet zu Göttingen, studierte seit 1839 hier und in Bonn, wurde 1843 Lehrer an der königlichen Realschule in Berlin, bereiste 1844–46 zur Untersuchung von Handschriften Italien, ward 1847 Lehrer am Pädagogium und der lateinischen Hauptschule zu Halle, 1848 zugleich Privatdozent daselbst, 1855 Oberlehrer am Friedrichswerderschen Gymnasium und Privatdozent in Berlin, 1859 ordentlicher Professor der klassischen Philologie in Erlangen, 1869 in Halle. Seine Hauptwerke sind die kritische Ausgabe der „Grammatici latini“ (Leipz. 1856–80, 7 Bde.) und die von „Plinii Secundi Epistolae“ (das. 1870), der eine Textausgabe (das. 1853, 2. Aufl. 1867) vorausgegangen war. Außerdem besorgte er die Scholien in Merkels Ausgabe des Apollonius Rhodius (das. 1853–54) und in Schneiders Ausgabe der „Nicandrea“ (das. 1856) sowie einen Textabdruck des Properz (das. 1863) und veröffentlichte „Analecta grammatica“ (Halle 1848), „Observationes criticae in Catonis et Varronis de re rustica libros“ (das. 1849), „Quaestiones grammaticae“ (Erlang. 1860) u. a. Von dem „Corpus scriptorum rei rusticae“ sind bis jetzt „Catonis de agricultura liber“ und „Varronis rerum rusticarum libri III“ (Leipz. 1882–84) erschienen.

4) Franz, Geoplastiker, geb. 1822 zu Graslitz in Böhmen, widmete sich der Pharmazie, wurde 1846 Assistent beim Lehrfach der Botanik in Prag und wohnte später als Pharmazeut in Graz, Gastein und Linz, nebenbei eifrig mit geognostischen Exkursionen, meteorologischen Beobachtungen etc. beschäftigt. Auf dem Großglockner kam er 1854 auf die Idee geoplastischer Darstellungen. Sein erster glücklicher Versuch war ein Relief der Kreuzkofelgruppe in den Karnischen Alpen, südlich von Lienz. Infolgedessen von der k. k. Akademie der Wissenschaften unterstützt, beschäftigte er sich nun eingehend mit Situationszeichnung

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 657. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b9_s0657.jpg&oldid=- (Version vom 21.4.2023)