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Aber es ist doch kein festes Verhältniss, das zwischen den deutschen Philologen und den Ph. Beroaldo, Ermolao Barbaro, Politiano, Valla, den Longolius, Bulaeus, H. Stephanus besteht.

Es sind vorübergehende, aphoristische Zusammenhänge, die wir hier gewahren. Oder wären nicht in den meisten Fällen nur Nachahmung, Entlehnung, Paraphrase, ja sogar öfter auch Plagiat nachzuweisen! Die grossen Italiener waren eben um Vieles voraus, das ihre deutschen Schüler nicht in wenigen Jahren nachholen konnten.

Von einer systematischen Schulung, von einem Einfluss auf das gesammte Leben und Wirken der Jüngeren, an das wir sofort denken, wenn z. B. die Namen Gottfried Hermann oder Karl Lachmann genannt werden, finden wir aber auch nur schwache Ansätze.

So kam es denn, dass der Einzelne entweder ganz buchstäblich in das „iurare in verba magistri“ verurtheilt ward, oder aber eklektisch vorging, sich seine eigene Methode bildete, die oft nichts anderes als subjective Willkür war.

Trotz dieser Erkenntniss und trotz der gewiss erfreulichen Superiorität unserer gegenwärtigen philologischen Wissenschaft zieht es uns doch stets mit einem unwiderstehlichen Zauber und mit voller inniger Sympathie zu jenen unverdrossenen, tapferen und kühnen Bahnbrechern, die sich in wackerer Arbeit mühten, ungeschreckt durch viele fruchtlose Versuche dem tauben Gestein das lautere Gold abzugewinnen. Wir haben allen Grund, diese Männer zu achten, ihre Geduld zu bewundern, ihren Fleiss zu loben. Und nicht bloss diese Tugenden ziehen uns an, mehr noch der unbeirrbare Enthusiasmus, mit dem sie der neuen Lehre ihr Leben weihen, mit dem sie sich der wiedergefundenen Bildung der Alten erfreuen und rühmen.

Denn den innersten Kern der classischen Studien soll jenes edle Feuer der Begeisterung für die unvergleichlichen Werke der Alten, für jene seither unerreichte Cultur bilden, welche das Volk der Athener errang. Diese Seele, dieses Lebenselement der philologischen Disciplin aber

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Adalbert Horawitz: Michael Hummelberger. Eine biographische Skizze. S. Calvary & Co., Berlin 1875, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Michael_Hummelberger._Eine_biographische_Skizze.djvu/7&oldid=- (Version vom 1.8.2018)