Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/110

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

das gewaltige, dessen Herd Europa ist, macht alle Weltteile miterzittern.

Europa gärt. Wie werden wir aus diesem Gären hervorgehen, wie noch niemals eines gewesen in der Geschichte? Das ist die dunkle Rätselfrage, mit der dieses Jahr beginnt. Was werden wir sehen, wenn wir den Schleier lüften?

Nein, wir bleiben nicht stehen und grübeln nicht über diese Frage. Wir haben nicht Zeit dazu. Denn jetzt sind die Tage der großen Arbeit. Des Schaffens am Werke. Was wir heute tun, was wir heute versäumen, bedeutet Österreichs Sein oder Nichtsein.

Wir wissen nur eines: Daß wir uns durchringen müssen!

Eine gewaltige Schicksalswelle hat uns erfaßt und trägt uns aus dem Alltag empor. Gestern noch waren wir unbedeutende Alltagsschicksale, untergetaucht in der Masse.

Heute sind wir die, die Kindern und Kindeskindern die Zukunft schaffen.

Nehmen wir diese schwere Pflicht mit Stolz und Demut als Weihe auf uns und beten wir zu Gott um Kraft, sie groß zu erfüllen!

Przemysl, den 5. Jänner 1915,
     am 59. Tag der 2. Belagerung.

Seit gestern verlautet wieder ab und zu etwas über die Lage.

Leider hatte der letzte große Ausfall, von dem man sich schon für den Neujahrstag den Entsatz versprochen hatte, nicht den gewünschten Erfolg.

Ein schwerer Schlag für die Festung! Aber wir

Empfohlene Zitierweise:
Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/110&oldid=- (Version vom 1.8.2018)