Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/140

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

So steigt der Wert des Tabaks ins Fabelhafte. Bei einer Versteigerung von einer Schachtel Pursitschan, die im Werk I zugunsten des Fonds für Witwen und Waisen abgehalten wurde, erzielte man einen Preis von 260 K, für eine Schachtel Tabak, die sonst 2 K 60 h kostet! Im täglichen Tauschverkehr werden zwei Päckchen mittelfeiner türkischer Tabak, von denen normalerweise das Päckchen 32 h kostet, mit 10 K oder 1 kg Zucker berechnet.

Das Rindfleisch, nur äußerst schwer und selten erhältlich, ist auf 10 K das kg gestiegen. Das Pferdefleisch hingegen kostet nur 1 K 20 h — 1 K 40 h und die Leute beginnen sich daran zu gewöhnen. Das Verpflegsmagazin gibt nebst allen anderen Lebensmitteln auch Pferdefleisch an die Zivilbevölkerung ab, wie es heißt, 5 kg monatlich für die Person.

Immer schwieriger gestaltet sich auch die Unterbringung der Kranken, Rekonvaleszenten und Superarbitrierten, die auf den Abtransport warten. Man war sogar gezwungen, das polnische Theater als Spital für Rekonvaleszenten einzurichten und die Mannschaften liegen auf der Bühne, im Zuschauerraume, zu zwei und zwei in den Logen und auf den Galerien. Schwer fühlbar macht sich der große Mangel an Betten, Decken und Stroh, so daß man einem großen Teil der Kranken nur Strohsäcke mit Hobelspänen gefüllt, als Lager geben kann.

So warten wir von Tag zu Tag schwerer!

Przemysl, den 4. März 1915,
     am 117. Tag der 2. Belagerung.

Gestern wieder großer Alarm! Die Russen stürmen die Südfront!

Empfohlene Zitierweise:
Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/140&oldid=- (Version vom 1.8.2018)