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Wie soll das Häuflein Honved sich allein durchschlagen?

Przemysl, den 20. März 1915,
     am 133. Tag der 2. Belagerung.

Die Honved sind zurückgeworfen worden — furcht bar dezimiert. Eine Unzahl Tote und Verwundete, ein Teil vermißt, ein anderer gefangen genommen. Uns brachten sie einen Honved-Fähnrich ins Spital, einer der schneidigsten jungen Offiziere des Regimentes. Er war allein von 7 Russen umringt. Sechs schoß er mit dem Revolver nieder, der siebente rannte ihm sein Bajonett in die Lunge.

So kämpfen wir hier — einer gegen sieben.

In den Straßen schleppen sich die zurückgekommenen Mannschaften herum. Sie sehen wie Gespenster aus und man meint, daß sie bei jedem Schritt zusammenbrechen. Sie bitten um Brot und man hat keines, um es ihnen geben zu können.

Es ist des Grauens kein Ende.

Vor den Spitälern, in denen seit Tagen kein einziges Bett mehr frei ist, obwohl man in der letzten Zeit eine große Zahl Privathäuser in Spitäler umgewandelt hat, liegen die ankommenden Verwundeten, die halbgeheilten, die Rekonvaleszenten, für die kein Platz mehr ist, stundenlang auf der Straße, bevor irgendein Winkel für sie frei wird. Die ganze Festung ist ein einziges Spital.

Am San arbeitet man fieberhaft, schüttet Benzin und Petroleum hinein, versenkt Waffen und Munition und bereitet alles zur Sprengung der Brücken vor.

Auch in den Werken sind die Minen überall bereit.

Heute früh schlugen noch einige Granaten und Schrapnells in die Stadt. Seither ist es wieder still.

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/149&oldid=- (Version vom 1.8.2018)