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wir doch, getreu unserem Eide und in grenzenloser Liebe und Ergebenheit für unseren Kaiser und König, ausharren bis zum Ende.

Kusmanek.     

Przemysl, den 21. März 1915,
     7 Uhr abends.

Ein Flieger aus Krakau ist eben eingetroffen. Er bringt sehr gute Nachrichten von der Armee.

Es geht wie ein Fieber durch die Festung. Wenn wir uns noch zehn — vierzehn Tage halten können — vielleicht, vielleicht —?

Wird der Befehl zur Sprengung zurückgezogen werden?

Es trifft jeden wie ein Blitzstrahl, geht ihm durch und durch, greift ihm ins Innere des Herzens.

Die Menschen klammern sich aneinander, die Augen des einen saugen sich an den Augen des anderen fest, verlangen von ihm das erlösende Wort.

Przemysl, den 22. März 1915,

Die Tragödie ist zu Ende. Oder beginnt sie erst jetzt?

O Grauen dieser Schicksalsnacht!

Abends um 9 Uhr beginnen unsere Werke mit dem Ausschießen der Munition. Ein Rollen um die ganze Festung, wie wir es nie zuvor gehört. Lage folgt auf Lage, alle Forts erheben gleichzeitig ihre furchtbare Stimme, alle Werke, alle Zwischenwerke. Es ist ein unausgesetztes, wellenförmiges Rollen in der Luft. Die Fenster klirren, die eisernen Balkengitter schütteln sich knirschend und schwingen unausgesetzt. Dazwischen Donnerschlag auf Donnerschlag, das Brüllen der schweren Mörser, die knatternden Salven der Schnellfeuerkanonen.

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Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/152&oldid=- (Version vom 1.8.2018)