Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/162

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Przemysl, den 24. März 1915.

Heute erfährt man, daß am 26. März der Abtransport der Gefangenen beginnt, und zwar macht man mit den Feldtruppen, der Besatzung der Werke und den Bedeckungstruppen der Forts den Anfang.

In den Spitälern bleibt einstweilen noch alles unverändert, so daß ich hoffen kann, Emil noch eine Woche bei mir zu haben. So klammere ich mich an den Augenblick, der uns noch beisammen sein läßt.

Vorderhand sind die Russen gut zu unseren Mannschaften und sehr taktvoll den Offizieren der Festungsbesatzung gegenüber. Man gestattet uns, unsere Angehörigen in der Heimat zu benachrichtigen, und das russische Platzkommando verspricht uns, diese Post zu befördern.

In den Straßen ist alles tadellos ruhig. Um 7 Uhr müssen alle Haustore gesperrt werden. Die Zivilbevölkerung und die österr.-ungar. Offiziere können bis 10 Uhr abends ausgehen. Nach 10 Uhr darf niemand mehr in den Straßen sein.

Heute wurde der Rubelkurs bekannt gemacht. Man hebt einen Kriegskurs von 3 K 30 h für den Rubel ein und jeder wird bestraft, der den Rubel billiger gibt!

Täglich sieht man in der Umgebung der Stadt noch Brände und riesige Rauchwolken, einzelne der von uns gesprengten Objekte sollen noch immer nicht ganz ausgebrannt sein!

Heute kam viel russischer Train und täglich kommen große Transporte zur Verproviantierung von Przemysl.


Przemysl, den 25. März 1915.

Mit dem heutigen Tag wurde in Przemysl die russische, das heißt die osteuropäische Zeit eingeführt, die gegen unsere um 1 Stunde vorgeht.

Empfohlene Zitierweise:
Ilka von Michaelsburg: Im belagerten Przemysl. C. F. Amelang, Leipzig 1915, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:MichaelsburgImBelagertenPrzemysl.pdf/162&oldid=- (Version vom 1.8.2018)